Die Hueterin der Geheimnisse
meiner Hochzeit, als ich geschunden und mit blauen Flecken aus dem Ehebett stieg. Hard-hand war an mich gebunden, aber das veränderte sein Wesen nicht, und es gehörte zu seinem Wesen, sich zu nehmen, was er wollte und wann er wollte. Und ich war gebunden, ihm treu bis in den Tod zu sein.
»Die Götter haben mir versprochen, dass es dich in nicht einmal einem Jahr nicht mehr geben wird!«, verhöhnte mich Siggi. »Er wird deiner überdrüssig werden und dich töten, und dann bekomme ich ihn wieder zurück.«
»Ist es das, was die Götter sagen?«, fragte ich und schaute ihr dabei direkt in die Augen.
Verlegen zuckte sie mit den Schultern. »Sie sagen, du wirst in weniger als einem Jahr weg sein, und ich werde die Frau des Stammesführers werden!« Dann lächelte sie böse. »Du hast geglaubt, du hättest ihn an dich gebunden, aber er wird zu mir zurückkommen, wenn er deiner überdrüssig ist.«
Ich nickte. »Bis dahin bin ich seine Frau und die Herrin dieses Gehöfts. Hol mir Wasser zum Waschen.«
Sie sah mich finster an, gehorchte jedoch. Ich wusch mich langsam und dachte dabei über die Botschaft der Götter nach. »Weg«, hatte sie gesagt, nicht »tot«. Ich wäre ihm eine ehrenhafte Frau gewesen, wenn er mich ebenso ehrenhaft behandelt hätte. Aber das tat er nicht. Ich spülte mir das Blut von den Schenkeln und beschloss in diesem Moment, Hard-hand zu töten.
Er gehörte nicht zu der Sorte Mann, die man einfach töten konnte. Er hatte einen leichten Schlaf und immer eine Hand an der Waffe. Er aß nichts, was ich nicht zuvor gegessen hatte. Obwohl er mich jede Nacht begehrte und die Macht der Götter es mit sich brachte, dass ich mich dem nicht widersetzte, vertraute er mir nicht. Und damit hatte er auch Recht. Aber als zwei Monate vorbei waren und wir merkten, dass ich ein Kind bekam, entspannte er sich ein wenig.
Das war ein schwieriger Moment für mich. Ich hatte geplant, erst Hard-hand und dann mich selbst zu töten, doch ein Kind zu bekommen veränderte alles. Ich konnte keinem Unschuldigen das Leben nehmen. Was bedeutete, dass ich
leben musste. Mit Hard-hand zusammenleben, bis das Kind geboren war und es mir wieder so gut ging, dass ich reisen konnte. An dem Tag, an dem ich das begriff, rannte ich zum Ziegenpferch und weinte in die Flanke einer Zicke, die gerade ihre Zwillinge säugte. Ich tobte vor Wut auf Hard-hands Götter, weil ich dachte, sie hätten mir dies als Strafe dafür auferlegt, weil ich ihnen nicht gehuldigt hatte. Heute glaube ich, dass ich mich täuschte, aber damals fühlte ich mich in einer Falle gefangen, aus der es nur einen Ausweg gab.
Also spielte ich die Rolle einer bereitwilligen Frau. Ich arbeitete hart. Ich scherzte mit den anderen Frauen und mit seinen Männern. Ich tat so, als hätte ich mich auf den ersten Blick in ihn verliebt. Der Einzige, der mir nicht glaubte, war jener Gris, der mir in der großen Halle meines Vaters in die Augen geschaut hatte, während alle anderen Männer auf meinen Körper schauten. Dafür gab es einen Grund. Gris lag Frauen nicht bei. Männern auch nicht, soweit ich wusste, aber Männer, die Männern beilagen, wurden bei ihnen verachtet, und es hätte ihn entehrt.
Es war so, dass sein Bruder ihn wegen seiner Weigerung zu heiraten aufzog und ihm riet, sich eine Frau aus dem hohen Norden zu nehmen, eine von den Skraelings, die so behaart waren, dass sie wie Männer aussahen und ihn daher befriedigen könnten. So redete Hard-hand nur vertraulich, und ich glaube, er begriff nicht, dass er Schande über seinen Bruder brachte. Für ihn war es ein Scherz. Aber Gris verstand es nicht als Scherz, und von Tag zu Tag verhärtete sich sein Herz gegenüber seinem Bruder. Als meine Schwangerschaft sichtbare Zeichen annahm und der Seher einen Jungen vorhersagte, verschärften sich die Spöttereien. Hard-hand prahlte, er werde ein Herrscherhaus begründen und sein Bruder werde niemals Nachfolger zeugen. Ich glaube, das verletzte Gris tief, und er tat mir leid. Ich versuchte, das Gespräch auf
andere Themen zu lenken, und in gewisser Weise wurden wir so zu Verbündeten.
Während des Winters begann ich, Essen beiseitezuschaffen für die Zeit nach der Geburt meines Kindes, wenn ich mich wieder so weit erholt hätte, dass ich reisen konnte. Ich würde Hard-hand töten und versuchen, über die Berge zu entkommen. Ich musste ein Pferd stehlen. Gut reiten konnte ich nicht, aber es würde reichen. Nur Gris merkte etwas von meinen Vorbereitungen. Eines
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