Die Hueterin der Krone
ausgelassene Feste statt …«
Matilda zuckte merklich zusammen.
Absalom zögerte, dann fuhr er fort: »Ich werde es Euch sagen, weil Ihr es ohnehin herausfinden werdet. Die Mätresse des Grafen ist schwanger und tritt bei Hof auf, als wäre sie seine Frau.«
»Seine Mätresse?« Matilda starrte ihn an.
»Ihr Name ist Aelis of Angers, Herrin. Mit einer Hand auf dem Bauch stolziert sie herum, und der Graf überhäuft sie mit Seide und Juwelen.«
»Sie hat nicht lange gebraucht, um meinen Platz einzunehmen«, versetzte Matilda verächtlich. »Nun, soll sie nur in dem Bett liegen, das sie sich gemacht hat. Die beiden passen zueinander.«
Matilda entließ Absalom, der sich verneigte und sich auf die Suche nach etwas zu essen und einer Schlafgelegenheit begab. Die Frauen zogen sich in ihre Kammern zurück, um sich für den Gottesdienst für die Seele des ertrunkenen jungen Prinzen vorzubereiten.
»Irgendetwas muss geschehen«, sagte Adeliza ärgerlich. »Dieser Zustand ist einfach entwürdigend. Dein Vater hat auch Mätressen, sein Appetit ist unstillbar, aber keiner war es je gestattet, sich bei Hof so zu benehmen, auch dann nicht, wenn sie ihm Kinder geboren hatten.« Ihre Stimme zitterte bei den letzten Worten, und sie hob einen Zeigefinger, um Matilda zum Schweigen zu bringen, als diese etwas erwidern wollte. »Sag jetzt nicht, es interessiert dich nicht, denn das ist eine Lüge. Es trifft dich, und das sollte es auch, denn es besudelt deine Ehre und deinen Rang.«
»Es ist mir wirklich egal«, gab Matilda kurz zurück. »Ich habe dir doch gesagt, ich gehe nicht zu ihm zurück. Soll er sich doch mit so vielen Huren vergnügen, wie er will.«
In der Kathedrale von Rouen besuchten die Frauen eine Messe für das Seelenheil von Matildas Bruder, der jetzt seit neun Jahren tot war und dessen Gebeine vor Barfleur auf dem Grund des Meeres ruhten. Matilda presste die Lippen auf das Filigrankreuz, das der Erzbischof ihr zum Kuss hinhielt. Mit Mühe hielt sie den Kopf über Wasser, während sie auf das Ufer zuschwamm, aber sie wusste nicht genau, wo das Ufer war. Ihr Boot war mit Heinrichs Tod untergegangen, und bevor sie in Geoffreys Boot stieg, wollte sie lieber ertrinken, denn er bot ihr keine Rettung.
Die Perlen ihres Rosenkranzes glitten wie glatte, kalte Kieselsteine zwischen ihren Fingern hindurch. Sie hörte Adeliza, die neben ihr kniete, vor sich hin murmeln, während ihr Rosenkranz ein klackendes Geräusch von sich gab. War auch Adeliza in einen Strudel geraten? Zählte sie an den Händen die Monate und Jahre ab, in denen sie kein Kind empfangen hatte? Auf den Wangen ihrer Stiefmutter schimmerten Tropfen, die im Kerzenschein an klare Perlen erinnerten. Tränen des Schmerzes. Matilda senkte den Kopf und schloss die Augen.
14
Angers, Juni 1131
Geoffrey zuckte zusammen, als seine einjährige Tochter in den Armen ihrer Kinderfrau zu brüllen begann. Ihr Haar glich seinem: unzählige leuchtende kupferne Löckchen. Wie ihre Mutter hatte sie grüne Augen, die sie jetzt wütend zusammenkniff, während sie kreischend verlangte, heruntergelassen zu werden. Sie war nach Aelis’ Mutter Emma genannt worden und ein einnehmendes kleines Ding, wenn sie nicht gerade lautstark ihren Willen durchzusetzen versuchte. Wenn es zu einem Heiratsbündnis kam, würde sie sich als sehr nützlich erweisen. Seine unzähligen illegitimen Töchter hatte König Henry von England alle politisch vorteilhaft verheiratet. Ein Stall voller Bastarde hatte etwas für sich.
Aelis, erneut guter Hoffnung, hatte sich entsetzlich ge schämt, als sie ihm eine Tochter geboren hatte, und sie bestand darauf, dass das Kind in ihrem Leib diesmal ein Junge war. Sie würde sich bald in das Wochenbett legen, wofür Geoffrey insgeheim dankbar war, weil er dann endlich von ihren ständigen quengeligen Forderungen verschont blieb. Allmählich war seine Geduld zu Ende, aber ihre Schwangerschaften bewiesen zumindest, dass sein Samen fruchtbar war.
Jetzt stand sie, eine Hand auf ihrem schweren Bauch, vor ihm. An jedem Finger glitzerten Goldringe, und die Schleppe ihres Gewandes war ein stummer Beweis ihrer Extravaganz.
»Du darfst nicht nach Compostela gehen«, schmollte sie.
Geoffrey hatte mit dem Gedanken an eine Pilgerfahrt gespielt. Der Schrein des heiligen Jakob in Compostela war einer der heiligsten Orte des Christentums, und ausgerechnet diesen Heiligen um Erleuchtung anzuflehen entsprach seinem Sinn für Ironie, denn er hatte sowohl für seine Frau als
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