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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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Seite präsentierte, und es schadete ja auch nicht, sich hübsch zu machen. Besonders dieser Gedanke erwies sich als glücklich, denn einer der ersten Besucher, die Einlass begehrten, war Georg Imhoff.
    Der Dichter, der kürzlich eine Textsammlung für die Meistersinger zusammengestellt und bei Meitinger verlegt hatte, ergriff Christianes Hände, schob sie ein wenig von sich und betrachtete sie eingehend, maß ihr leuchtendes Haar unter der Kalotte und ließ seine Blicke halsabwärts über ihr besticktes, grünseidenes Mieder mit den bauschigen Ärmeln wandern.
    »Ihr seid eine Augenweide, Meitingerin«, stellte er fest und ließ sie los. »Severin ist um Euch zu beneiden.«
    Conrad von Hallensleben, der die Szene im Rücken des Dichters beobachtet hatte, klopfte Imhoff gutmütig auf die Schulter. »Ihr solltet Euch selbst nach einer Frau umsehen«, meinte der Bibliothekar von Anton Fugger, »dann macht Euch die Eifersucht auf einen anderen nicht mehr zu schaffen.«
    »Wenn’s das nur wäre«, erwiderte Imhoff scheinbar beiläufig und zwinkerte Christiane vertraulich zu. »Die Richtige zu finden, erscheint mir schwieriger, als einen Roman über die Liebe zu ersinnen.«
    »Wenn Ihr Euch zu sehr mit Eurer Phantasie beschäftigt, verliert Ihr den Blick für die Realität«, behauptete Conrad von Hallensleben, der ein erfahrener Mann mittleren Alters war. Über seinem beeindruckenden Bauch spannte sich das Tuch, und sein gutes Leben – vielleicht auch die Kochkünste seiner Gattin – drohte die Nähte des Wamses zu sprengen.
    Christiane senkte tugendhaft die Lider. Georgs Kompliment umschmeichelte sie wie eine laue Sommerbrise. Ihr kam der Gedanke, wie schön es wäre, an seiner Seite durch einen Park zu schlendern. Es gab da einen Garten mit Wasserspielen ... Unwillkürlich umspielte ein zartes Lächeln ihren Mund.
    Das Eintreffen der anderen Gäste und schließlich auch der Hausherren lenkte sie von weiteren träumerischen Ausflügen ab. Severin und Titus hatten etwa zehn Männer auf einen Trunk eingeladen, und Christiane wusste aus Erfahrung, dass Meitinger bei solchen Gesellschaften nicht am Wein sparte. Deshalb leerte sich das Tablett, auf dem sie anfangs die Gläser herumreichte, ebenso rasch wie anschließend die Karaffe mit dem süffigen Tropfen, aus der sie nachschenkte.
    Während sie an den Besuchern als aufmerksame Hausherrin vorbeischritt, hielt sie die Ohren offen, um wenigstens Fetzen von den Gesprächen aufzuschnappen und auf dieseWeise ein paar Neuigkeiten zu erfahren. Verstohlen beobachtete sie dabei Severins Umgang mit Georg Imhoff. Der gehässige Blick, den ihr Mann dem Dichter während der Teufelsaustreibung zugeworfen hatte, war ihr wie eine offene Wunde im Gedächtnis geblieben. Und tatsächlich schien der Hausherr diesem Gast auszuweichen. Seltsam, dachte Christiane. Warum hatte er ihn nicht gleich aus seiner Gesellschaft ausgeschlossen, wenn ihn irgendwelche Vorbehalte umtrieben?
    Georg Imhoff schien sich indes ausgesprochen wohl zu fühlen in dem kleinen Kreis katholischer Meistersinger, die Severin in seiner Stube verköstigte. Er hielt große Reden, die Christiane aufsog wie ein Schwamm das Wasser.
    »Der Reichstag treibt derweil so einige Personen um«, behauptete Georg Imhoff leutselig. »Mir scheint, unser Bischof hat recht, und die Verhandlungen sollten abgebrochen werden. Eines anderen Tags kann sicher mit kühlerem Kopf diskutiert werden.«
    »Unmöglich«, widersprach Conrad von Hallensleben. »Ein Abbruch des Reichstags bedeutet Krieg, selbst wenn man es harmlos als Vertagung bezeichnete. Außerdem wird der König diesem Vorschlag niemals zustimmen. Er hat genug damit zu tun, die Türken von Wien fernzuhalten. Ferdinand hat kein Interesse an einem Aufflackern neuer Kämpfe zwischen seinen deutschen Untertanen.«
    »Ihr müsst es wissen«, räumte Georg ein. Er ließ sein Glas von Christiane auffüllen und beschenkte sie mit einem ebenso heimlichen wie sehnsüchtigen Seitenblick, der ihre Hände bei der gewohnten Tätigkeit zittern ließ. »Der König wohnt in den Kaisergemächern im Fugger-Haus. War Seine Majestät denn schon einmal in Eurer Bibliothek?«
    »Der Bruder des Kaisers ist sehr freundlich ...«
    »Haltet Euch nicht mit Weibergewäsch auf, wir sind kein Handarbeitszirkel«, mischte sich der alte Titus mit seiner gewohntenÜbellaunigkeit ein. »Was spielt es für eine Rolle, ob der König nach einem Buch aus Anton Fuggers Bibliothek greift oder nicht? Tatsache ist, dass

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