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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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der Exorzist eben jener Bruder der Gesellschaft Jesu gewesen war, nach dem Sebastian nun verlangte. Hatte ihr Mann nicht neulich auch den Teufel gesehen? Wollte er etwa ...? Vor Schreck schlug Martha die Hand vor den Mund.
    »Du brauchst dich nicht zu fürchten«, behauptete Sebastianschwach, als habe er ihre Gedanken lesen können. Er hob seine Lider und sah sie beschwörend an. »Jesuiten sind gebildeter und fortschrittlicher als andere Pfaffen. Ich muss mich aussprechen, verstehst du – und da kommt mir dieser Anhänger Ignatius von Loyolas gerade recht, auch wenn er Papist ist.«
    »Ich möchte dich nicht alleine lassen«, murmelte sie ausweichend.
    Sebastian lachte leise und bitter. »Martha, Martha, du konntest noch nie gut lügen. Für einen Arzt hättest du mich verlassen, aber meinen Wunsch nach einem Priester willst du nicht erfüllen. Du bist Katholikin, was erschreckt dich daran, einen Pfaffen zu holen?«
    Weil es um dich geht, wollte sie ihm ins Gesicht schreien. Weil du du bist und stets ein überzeugter Anhänger der Reformation warst. Und weil ich deine Kompromisslosigkeit geliebt habe.
    Doch sie sagte nichts von all dem. Zärtlich strich sie ihm eine Strähne seiner dunklen Haare aus der Stirn. »Gut. Ich gehe und tue, was du verlangst. Aber sorg dafür, dass du noch da bist, wenn ich wiederkomme.« Über die andere Möglichkeit wagte sie nicht nachzudenken. Dafür würde sie noch lange genug Zeit haben.
9
    Die Dämmerung setzte langsam ein und begann die Dunkelheit und das Gesindel aus den Gassen zu vertreiben. Ein schiefergraues Himmelszelt neigte sich über die Stadt, als ein in Lumpen gekleideter Bub an das Tor pochte und die Meitingerin zu sprechen wünschte. Offenkundig bereitete es ihm Vergnügen, die vornehmen Herrschaften aus dem Schlaf zu reißen, denn als ihm die Magd öffnete, verkündete er selbstbewusst,die ihm aufgetragene Nachricht dürfe er nur persönlich übergeben, sofort. Unter dem Wutgeschrei des in seiner Nachtruhe gestörten Druckerverlegers reichte der Straßenjunge schließlich einen Brief an Christiane weiter, die in Nachtgewand und wehendem Hausmantel zur Tür geeilt war.
    »Das Schreiben ist von meiner Cousine«, berichtete Christiane ihrem Mann zerstreut, während sie die wenigen Zeilen überflog.
    Severin suchte derweil in seinen Taschen nach einem Kupferkreuzer, mit dem er sich den aufsässigen kleinen Boten vom Leib halten wollte. »Troll dich!«, forderte er das Kind auf und drückte ihm das endlich gefundene Geld in die Faust.
    Gewitzt stellte der Bub den Fuß über die Schwelle. Bevor er dem feinen Herrn erlaubte, sein Tor wieder zuzusperren, schob er sich die Münze in den Mund. Da er kaum Zähne besaß, fiel die Prüfung recht halbherzig aus. Schließlich nickte er. Wo es ein Kupferstück gab, klapperten aber noch mehrere ... Der kleine Lumpensammler fragte: »Welche Nachricht soll ich der Rehmin von Euch überbringen?«
    Christiane hob ihren Kopf. »Keine«, erwiderte sie bestimmt und faltete das Papier zu einem kleinen Quadrat zusammen. »Ich werde selbst nach dem Rechten sehen.«
    »Das ist eine gute Idee«, meinte ihr Mann, der es nunmehr der Magd überließ, den Botenjungen von seiner Schwelle zu vertreiben. Er nahm Christiane fürsorglich am Arm und führte sie zur Stiege. »Du kannst deiner Cousine am Vormittag einen Besuch abstatten.«
    »Nein, ich gehe sofort. Martha schreibt, dass Sebastian im Sterben liegt.« Ihr war klar, dass Meitinger ihren Widerspruch nicht so ohne weiteres tolerieren würde. Sie legte all ihre Verzweiflung in den Blick, mit dem sie ihm in die Augen sah. »Ich hätte mich um ihn kümmern müssen ...«
    Severin erbleichte. »Wie hättest du ...?«
    »Ich habe Sebastian getroffen, als er vorgestern von dir fortging. Hast du ihm nicht angemerkt, wie schlecht es um ihn steht?«
    Er presste die Lippen zusammen, bis sie genauso farblos waren wie seine Wangen, und blieb ihr eine Antwort schuldig. Den Mund machte er erst wieder auf, nachdem er Christiane mit einiger Verzögerung in die Schlafkammer gefolgt war, wo sie sich bereits ankleidete: »Du kannst nicht alleine gehen.«
    »Nein, natürlich nicht«, sie hob nicht einmal den Kopf von den Stiefeln, in die sie ihre Füße gerade zwängte. »Du bist ja bei mir.«
    »Das geht nicht, Christiane, ich kann nicht weg von hier. Ich habe versprochen, den Gesellen im Morgengrauen abzulösen. Nicht auszudenken, welche Fehler ihm beim Setzen der Lettern unterlaufen, wenn er müde und nicht mehr

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