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Die Hüterin des Evangeliums

Die Hüterin des Evangeliums

Titel: Die Hüterin des Evangeliums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Galvani
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wirkendes Kleinmädchenlächeln.
    »Titus ist ein unangenehmer Mann. Ich hatte schon befürchtet, dass es zu einem Streit zwischen Euch kommen würde, nachdem Severin – Gott hab ihn selig – nun nicht mehr seine schützende Hand über Euch halten kann.«
    »Nun, ja, niemand konnte erwarten, dass es so schlimm kommen würde. Ihr habt seine Vorwürfe gehört, sie waren niederschmetternd.«
    »Erinnert mich bitte nicht daran, der Gedanke verdirbt mir den Tag«, Imhoff grinste über seine theatralischen Worte. Erführte Christiane zu einem türkischen Diwan, wo er sie mit sanfter Gewalt niederdrückte. »Nehmt Platz und ruht Euch aus. Ich werde Euch einen Kräuteraufguss zubereiten lassen, der Eure Nerven beruhigt. Und dann könnt Ihr mir erzählen, was Euch auf der Seele brennt.«
    Sie hielt ihn fest, als er sich abwenden wollte, um seinem Diener die Bestellung aufzugeben. »Bleibt, bitte. Ich möchte nichts trinken. Ich möchte einfach nur reden, wenn es Euch recht ist ...« Sie schluckte. »Ich brauche Euren Rat.« Dass sie auch seine Hilfe benötigte, verschwieg sie ihm vorläufig lieber.
    Er setzte sich neben sie, mit einem sittsamen Abstand, aber nah genug, um seine enge Verbundenheit zu dokumentieren. »Ihr wisst, dass ich stets für Euch da bin, Liebste«, säuselte er. »Sicher kann ich Euch nicht ausreichend Trost für den Verlust des armen Severin spenden, wohl aber mag es mir gelingen, Euch Ermunterung zu schenken, wenn es um den griesgrämigen alten Mann geht. Was hat er getan, um Euch aus dem Haus zu treiben?«
    Plötzlich fiel es ihr unendlich schwer, Imhoff die Wahrheit anzuvertrauen. Allein Meitingers Schulden würden sein Andenken beschädigen, von den Druckerzeugnissen aus dem Weinkeller ganz zu schweigen. Sie fühlte sich schuldig, weil sie Severin zu ihrem eigenen Vorteil diskreditieren musste, obwohl es sich um nichts anderes als die Wahrheit handelte. Während sie die Lider senkte und darüber grübelte, wie sie den Freund des Toten mit den Fakten vertraut machen sollte, seufzte dieser:
    »Ach je. Da hat Euch der alte Trottel wohl wegen ein paar Gulden aus dem Haus getrieben. Ich bin kein Magier, aber ich sehe Euch an der Nasenspitze an, dass es Streit wegen des Erbes gegeben hat.«
    »Ihr habt recht – es ging um Geld.«
    Georg seufzte noch einmal. »Das ist übel, meine Liebe.«
    »Das liegt im Sinne des Betrachters, fürchte ich, denn so einfach ist die Lage nicht.« Christiane fuhr sich mit der Zungenspitze nervös über die Lippen. Sie wünschte, das angebotene Getränk angenommen zu haben. Ihre Hände hätten etwas zu tun, wenn sie den Becher hielten, und sie könnte die Trockenheit in ihrer Kehle lindern. Zu spät. Sie zwang sich, ihre Finger ruhig zu halten, und schluckte schwer.
    Du bist nicht hier, um über den Schwäher zu debattieren, fuhr es ihr durch den Kopf, du willst ihn für dich gewinnen! Sie blickte unter ihren Wimpern zu ihm auf. »Das Leben ist für eine alleinstehende Frau recht schwierig, vor allem, wenn es darum geht, einen Betrieb fortzuführen.«
    »Das glaube ich gerne, meine Liebe, aber wie könnte ich Euch in dieser Sache raten? Ich bin kein Druckermeister. Sofern es die Werkstatt betrifft, dachte ich, würde Euch der alte Titus unter die Arme greifen. Er war gut in seinem Gewerbe, wisst Ihr. Wenn Ihr allerdings Fragen bezüglich irgendwelcher Manuskripte ...«
    »Nein«, unterbrach sie ihn rasch. »Nein, nein. Das belastet mich nicht so sehr ...«
    »Oh«, rief Imhoff triumphierend aus. »Es geht um diesen Vorwurf, den er Euch vor die Füße geworfen hat, als wäre es ein Fluch.« Er rückte ein wenig näher und ergriff ihre Hand. »Das darf Euch das Herz nicht schwer machen. Natürlich ist es Unsinn anzunehmen, Ihr hättet Euren Gatten erschlagen.«
    »Glücklicherweise sieht es der Beauftragte des Reichserbmarschalls ebenso. Nicht auszudenken, wenn Herr Ditmold dem Glauben schenken würde, dessen mich der Schwäher beschuldigte.«
    Er drückte aufmunternd ihre Finger. »Titus war verwirrt. Alte Menschen verlieren häufig ihren Verstand, und es ist kein Wunder, wenn ihm dies angesichts des Sarges seines Sohnes passierte.«
    »Dennoch hatte er nicht ganz unrecht mit dem, was er sagte«, gestand sie und benetzte noch einmal ihre Lippen, während sie den Blick hob und Imhoff fest in die Augen sah.
    Einen Moment herrschte Schweigen. Das Empfangszimmer lag nach hinten, und daher war kein Straßenlärm zu vernehmen. Anscheinend bewegten sich Imhoffs Dienstboten so

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