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Die Hüterin des Schattenbergs

Die Hüterin des Schattenbergs

Titel: Die Hüterin des Schattenbergs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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der Lebende Deine Hand hält.
    Wenn Du gefunden hast, wonach es Dich verlangt, mache Dich unverzüglich auf den Rückweg. Denke immer daran, nicht zu säumen, denn das Band, das Dich hält, wird mit jedem Atemzug der verstreicht, dünner. Nur wenn Du schnell und entschlossen handelst, wird Dir die Rückkehr gelingen.
    Es folgte in einigem A bstand noch ein Hinweis, den Orekh offenbar erst später nachgetragen hatte.
    Suchender!
    Ich bete darum, dass Du ein Magier bist, denn alle meine Versuche haben ergeben, dass Menschen ohne Schutzzauber nicht in der Lage sind, die Totenwelt wieder zu verlassen.
    Jemina spürte einen dicken Kloß im Hals, als sie den Satz ein zweites Mal las. Da lag die Lösung aller Fragen und die Rettung Selketiens unmittelbar vor ihr, aber die einzige Passage, die Hilfe versprach, leicht zu verstehen und zu behalten war, endete mit dem Hinweis, dass der W eg zum Scheitern verurteilt war.
    Vergebens! Es war alles vergebens. Jemina spürte, wie ihr die T ränen kamen. Sie hatte das Buch des Lebens gefunden, nicht aber die ersehnte Hilfe. Einen Neunten Hüterzirkel würde es niemals geben. Bald würden sich die Schatten befreien – Selketien war verloren.
    Jemina klappte das Buch zu. Dass es vor ihren A ugen von den Rändern her wieder zu Staub zerfiel, nahm sie kaum wahr.
    Ich kehre mit leeren Händen zurück. Die bittere Erkenntnis des eigenen Scheiterns hielt ihren Geist umfangen. Langsam bewegte sie sich auf den A usgang zu, wo die Nerbuks auf sie warteten. A ls sie die Kammer verließ, erlosch das Licht hinter ihr. Der Raum lag wieder im Dunkeln.
    Jemina schritt durch die Reihen der Nerbuks. Sie glaubte die Blicke der magischen W esen auf sich zu spüren. »Schaut nicht so traurig!«, sagte sie mit verhaltener Stimme. »Ihr könnt ja nichts dafür. V ielleicht hätte Corneus selbst kommen müssen. Er hätte Orekhs A nweisungen gewiss verstanden. Ich bin nur eine Novizin, keine Magierin und schon gar keine Heldin. Das hier ist zu groß für mich. Ich habe versagt.«
    Nicht versagt .
    Jemina hatte nicht mit einer A ntwort gerechnet. Überrascht schaute sie auf und sah, dass einer der Nerbuks ihr den W eg versperrte.
    Nicht versagt, nicht ohne Hoffnung, hörte sie das W esen in ihren Gedanken wispern und sah, wie sich aus dem leuchtenden Körper ein T entakel löste, der sich ihr wie ein ausgestreckter A rm näherte.
    Nimm!
    Der T entakel formte eine menschliche Hand, zur Faust geballt. Staunend beobachtete Jemina, wie sich die Finger langsam öffneten und den Blick freigaben auf etwas, was in der Handfläche lag: eine gläserne Phiole, die an einer Goldkette befestigt war. Darin schimmerte eine ölige, schwarze Flüssigkeit. Das Elixier aus dem giftigen gefleckten Schwarzkrallenwurz!
    Nimm!
    Etwas Befehlendes schwang in der Stimme des Nerbuks mit. Jemina hatte keine W ahl. Sie streckte die Hand aus, nahm die Phiole zur Hand, legte sich die Kette um den Hals und ließ das Glasfläschchen unter ihrem Gewand verschwinden. W enn sie das Buch des Lebens schon nicht zu Corneus bringen konnte, würde sie wenigstens nicht mit leeren Händen von der Hohen Feste zurückkehren. »Danke«, sagte sie und schenkte den Nerbuks ein Lächeln. Überzeugt, dass die W ächter sie nun gehen lassen würden, nahm sie all ihren Mut zusammen und fügte hinzu: »Aber ich verlasse die Feste nicht ohne Rik, meinen Begleiter. W o ist er?«
    Schweigen.
    »Was ist?«, fragte Jemina. »Ihr wisst doch wo er ist, also führt mich zu ihm.« Sie schaute die Nerbuks herausfordernd an. »Er ist ein Elev. W ir brauchen ihn – bitte!«
    Er ist unrein! So vielEmpörung, A bscheu und W ut lagen in den wenigen W orten, dass Jemina erschrocken zusammenzuckte. »Das … das ist nicht wahr«, stammelte sie überrascht und überfordert zugleich. »Er … er ist ein Elev! Er trägt das Mal. Er ist wie ich.«
    Er ist unrein! Die Nerbuks ließen sich nicht beirren.
    Oh Schatten, sie glauben das wirklich! Jemina überlief es eiskalt, als sie daran dachte, was mit den Unreinen geschehen war, die die Hohe Feste betreten hatten.
    »Nein!«, rief sie so laut sie konnte. »Nein, das ist nicht wahr. Ihr irrt euch. Er trägt das Mal der Sichel. Ich habe es selbst gesehen und er ist ein Elev – Galdez’ einziger Elev! Ohne ihn wird es niemals wieder einen Hüterzirkel geben. W as habt ihr mit ihm gemacht?«
    Sie zerrte die Phiole unter dem Gewand hervor und streifte die Kette über den Kopf. Die Hand mit der Phiole drohend erhoben, tat sie, als ob

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