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Die Hüterin des Schattenbergs

Die Hüterin des Schattenbergs

Titel: Die Hüterin des Schattenbergs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Mantel über das Nachtgewand, schlüpfte in die warmen W ollschuhe und ging zur T ür. Sie knarrte leise als er sie öffnete, aber die beiden Jungen in den Betten bemerkten es nicht. »Na dann.« Jordi nahm einen tiefen A temzug und trat auf den Flur hinaus. Leise schloss er die T ür hinter sich und murmelte, wie um sich selbst Mut zu machen: »Es dauert nicht lange. Ich bin gleich zurück.«
    Die Bediensteten, denen er auf seinem W eg durch das Gebäude begegnete, beachteten ihn kaum. Einige nickten ihm kurz zu, die meisten aber sahen einfach durch ihn hindurch. Jordi beobachtete jeden einzelnen sehr aufmerksam, konnte jedoch bei keinem eine Regung erkennen, die auf Geringschätzung oder gar V erachtung schließen ließ.
    Vielleicht habe ich mir das alles nur eingebildet, dachte er bei sich und schöpfte neuen Mut.
    Beflügelt schlug er den W eg zu dem einzigen A usgang des Gebäudes ein, der in der Nacht nicht verschlossen wurde. W ie immer wenn es dunkel wurde, waren die W achen hier verdoppelt worden – zur Sicherheit der Eleven – wie Corneus betont hatte. A ls Jordi um die letzte Ecke bog, sah er gerade noch, wie eine junge Dienerin das Gebäude verließ, ohne dass die W achen, die zu beiden Seiten der T ür auf Bänken saßen, sie beachteten. Jordi fasste einen Entschluss: W enn es ihm gelang, unbehelligt hinauszugehen, war das ein Beweis dafür, dass seine Ängste unberechtigt waren. Dann konnte er sich den Besuch bei Ulves sparen und gleich wieder in sein Quartier zurückkehren.
    Mit unbewegter Miene näherte er sich der T ür. Gern hätte er gelassen gewirkt, aber seine Bewegungen waren steif und verrieten seine A ufregung. Er spürte die Blicke der W achen auf sich ruhen, sah, wie sie sich regten und ahnte, dass sie ihn auch diesmal nicht durchlassen würden.
    »Na, Junge. W o willst du so spät noch hin?« Ehe er die T ür erreicht hatte, erhob sich einer der Posten und vertrat ihm den W eg.
    »Nach draußen.« Jordi versuchte, ruhig zu sprechen. »Ich kann nicht schlafen. Die … die Luft ist so schlecht in meinem Zimmer.«
    »Tut mir leid, aber ich darf dich nicht hinaus lassen. Zu gefährlich. W ölfe und so.« Der Posten zog die Nase hoch und spie auf den Boden.
    Jordi erschauderte vor Ekel und zwang sich, in eine andere Richtung zu blicken. »Ich gehe nicht weit«, versuchte er es noch einmal. »Nur ein paar Schritte vor die T ür.«
    »Befehl ist Befehl.« Der Posten schüttelte den Kopf.
    »Aber die Dienerin eben durfte doch auch rausgehen!« Jordi ärgerte sich, weil seine Stimme so weinerlich klang.
    »Der W achposten hob die schmutzige Hand und wuschelte Jordi durch die roten Locken. »Geh wieder ins Bett, Kleiner«, sagte er väterlich. »Hier kommst du nicht durch.«
    Unverrichteter Dinge drehte Jordi um, mehr denn je entschlossen, Ulves zur Rede zu stellen.
    Wenig später bog er in den Gang ein, in dem Ulves seine Räume bezogen hatte. Der Zeremonienmeister hatte den Eleven erklärt, an welche T ür sie klopfen mussten, wenn sie ihn aufsuchen wollten, aber da war es hell gewesen. Im Schein der wenigen T alglichter sahen die T üren irgendwie alle gleich aus. Jordi schaute sich um, konnte aber weit und breit niemanden entdecken, den er nach Ulves Quartier hätte fragen können.
    Dann bleibt mir nur eines … Jordi atmete tief durch und begann, nacheinander an den T üren zu horchen, in der Hoffnung, hinter einer Ulves’ Stimme zu hören. Hinter den ersten beiden T üren war es still. Hinter der dritten war lautes Schnarchen zu hören. Hinter der vierten und fünften regte sich wieder nichts. Er wurde immer mutloser, als er hinter der sechsten T ür die Stimmen von zwei Männern hörte, die sich gedämpft miteinander unterhielten. Sie waren nicht laut genug, um sie eindeutig einer Person zuordnen zu können.
    Plötzlich wurde es laut hinter der T ür.
    »Bei den Göttern, etwas Dümmeres ist dir wohl nicht eingefallen?« Das war eindeutig Corneus, der da sprach. Jordi horchte auf. Sich der Gefahr bewusst, dass jederzeit jemand um die Ecken kommen und ihn beim Lauschen erwischen konnte, vergewisserte er sich mit raschen Seitenblicken, ob die Luft noch rein war, ehe er wieder lauschte. Jordi musste wissen, ob auch Ulves in dem Raum war. A ber die A ntwort war zu leise, um sie zu verstehen. Endlose A temzüge lang konnte Jordi kein W ort verstehen, dann sagte Corneus endlich etwas lauter: »Ulves, du bist mein Freund. Ich schätze und respektiere dich. A ber diesmal kann ich deine Pläne nicht

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