Die Hüterin des Schattenbergs
um den Busch herum auf die Drachenreiter zu.
»Verdammt!« W ütend ballte er die Fäuste. Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Er wollte gerade aufstehen, als er Salvias’ Stimme hörte.
»Siehst du, da kommt sie schon. Ha! Du schuldest mir zwei Kupfermünzen.«
Der andere Drachenreiter grinste: »Du mir aber auch. Sie ist allein.«
»Nein, sie ist nicht allein!« Rik nahm einen tiefen A temzug und verließ sein V ersteck.
»Sieh an, du bist nicht tot?« Salvias schaute Rik überrascht an. Offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass auch er zurückkehrte
»Enttäuscht?«, knurrte Rik übellaunig. Ihm stand der Sinn nicht danach, sich mit Salvias zu unterhalten, und er gab sich keine Mühe, das zu verbergen. Salvias antwortete nicht. Ohne Rik weiter zu beachten, wandte er sich Jemina zu und fragte schroff: »Wo ist das Buch?«
»Ich habe es nicht«, Jemina senkte beschämt den Blick. »Ich habe es versucht, aber ich konnte es nicht mitnehmen. Es zerfiel jedes Mal zu Staub.«
»Zu Staub, ja?« Salvias lachte laut auf. »Eine bessere A usrede fällt dir wohl nicht ein?«
»Das ist keine A usrede.«
»Corneus braucht das Buch.« Salvias machte einen Schritt auf Jemina zu. »Du hast versprochen, es ihm zu bringen. Jetzt sag schon, wo hast du es versteckt?«
Rik stellte sich schützend vor Jemina. »Wenn Corneus das Buch so dringend haben will, soll er hierher kommen und es sich selbst holen.«
Jemina drängte sich an ihm vorbei. »Es tut mir leid, dass ich das Buch nicht habe«, sagte sie in dem von Rik so verhassten demütigen T onfall der Selketen. Dann holte sie die Phiole unter ihrem Gewand hervor und hielt sie so ins Licht, dass Salvias sie sehen konnte. »Das Buch ist immer noch in der Hohen Feste. Ich habe darin lesen dürfen, aber es wurde mir nicht gestattet, es mitzunehmen. Dafür habe ich das hier mitgebracht.«
»Was ist das?« Misstrauisch beäugte Salvias die Phiole.
»Das ist ein Elixier der gefleckten Schwarzkrallenwurz, ein Mittel, welches es uns ermöglicht, einen Kundschafter in das Reich der A hnen zu schicken, damit die Geister der Hüter ihm ihr W issen anvertrauen.«
»Gib her.« Salvias streckte befehlend die Hand aus.
»Nein!« Jemina wich einen Schritt zurück. »Die Phiole wurde mir anvertraut. Ich gebe sie nur Corneus persönlich.«
»Schade nur, dass Corneus dich nicht wiedersehen will.« Mit einer ansatzlosen Bewegung fand das Schwert den W eg in Salvias’ Hand.
Jemina stand wie erstarrt und starrte Salvias an. Rik hingegen reagierte, ohne zu überlegen. Mit einem Schritt war er am Feuer, zog einen brennenden A st daraus hervor, dessen Ende die Flammen noch nicht erreicht hatten, und hielt ihn Salvias drohend entgegen. »Rühr sie nicht an!«
»Wie niedlich!« Salvias lachte spöttisch und spie auf den Boden. »Da versucht jemand, mutig zu sein.« Drohend kam er noch einen Schritt näher. Der zweite Drachenreiter hatte ebenfalls das Schwert gezogen, aber Salvias bedeutete ihm, es wieder einzustecken. »Das ist nicht nötig«, sagte er, ohne Rik und Jemina aus den A ugen zu lassen. »Mit zwei Kindern werde ich allein fertig.« Der nächste Schritt brachte Jemina und Rik fast in Reichweite seines Schwertes. Rik hielt Salvias das glühende Stockende mit dem ausgestreckten A rm entgegen, aber das Schwert hatte eine sehr viel größere Reichweite. Um wieder einen sicheren A bstand herzustellen, wich er zurück und drängte Jemina mit sich.
»Du weißt hoffentlich, dass da hinten ein A bgrund ist?«, fragte Salvias im Plauderton, als sei das alles nur ein Spiel. »Allzu viele Schritte in diese Richtung würde ich an deiner Stelle nicht mehr machen.«
Rik fragte sich, ob die W arnung ernst gemeint war. W enn ja, saßen sie in der Falle. Die einzige Möglichkeit, dem Schwert und dem nahen A bgrund zu entkommen, war die Flucht. Entweder zurück in die Festung oder zum Schacht, in dem die gewundene T reppe nach unten führte.
Die T reppe! Obwohl Rik vor einer Flucht auf dem maroden Bauwerk graute, entschied er sich für diesen W eg. Mit einem raschen Seitenblick versuchte er abzuschätzen, wie viele Schritte ihn noch von dem Eingang zum T reppenschacht trennten, der im Dunkeln nur deshalb auszumachen war, weil dort zwei brennende Fackeln in Halterungen an der W and steckten.
»Ah, die T reppe!« Salvias war Riks prüfender Blick nicht entgangen. Er grinste breit und wechselte das Schwert gekonnt von einer Hand in die andere. »Wie schade, dass sie
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