Die Hure Babylon
gekommen war. Wie blödsinnig betrachtete der Templer die blutige Stahlspitze, die ihm unversehens aus dem Bauch gewachsen war. Die Waffe entglitt ihm, und er wankte ächzend auf unsicheren Beinen, nachdem Jori ihm die Klinge wieder aus dem Leib gezerrt hatte. Arnaut schlug noch einmal zu, und de Bernay, tödlich im Nacken getroffen, brach in die Knie. Ein Blutstrahl sprühte aus der Wunde, seine Augenlider flatterten im Todeskampf, dann fiel er flach aufs Gesicht und lag still.
Der Mann hinter Severin wehrte sich anfangs noch, aber als er sich drei entschlossenen Kämpfern gegenübersah, warf er mit einem Fluch die Waffe fort und ließ sich fesseln.
Nur derjenige, der Elena mit dem Messer bedrohte, wollte nicht aufgeben. »Lasst mich gehen«, schrie er. »Sonst bring ich die Hure um.«
Arnaut ließ das bluttriefende Schwert sinken. »Gib auf, Mann. Du kommst hier sonst nicht mehr lebend raus.«
Während er den Kerl in Schach hielt, schnitten Ferran und Jori Constansa von der Decke, nahmen ihr den Knebel ab und hüllten sie in einen Umhang. Sie stöhnte und zitterte am ganzen Leib. Vor de Bernays Leiche blieb sie stehen und starrte auf die Blutlache, die sich unter ihm ausgebreitet hatte. Jori führte sie zu einer Bank, während Ferran Severin befreite. Der konnte die Fesseln nicht schnell genug herunterreißen, schon hob er sein Schwert vom Boden auf und war mit einem Wutschrei an Arnauts Seite.
»Lass sofort die Frau los, du Schwein«, brüllte er und trat mit erhobener Waffe einen Schritt vor, als wollte er dem Mann den Schädel spalten. Elena schrie auf, der Kerl zerrte sie ein paar Schritte mit sich, sein Dolch immer noch an ihrer Kehle.
»Zurück«, zischte Arnaut, der Angst um Elena hatte. »Geh und kümmere dich um Constansa.«
Severin hielt inne und atmete heftig. Er sah übel aus. Seine Handgelenke bluteten, wo der Strick ihm in die Haut geschnitten hatte. Die Hände selbst waren blau angeschwollen, über dem rechten Auge hatte er eine tiefe Platzwunde. Eine Gesichtshälfte war eine einzige Maske von Blut, aus der die wilden Augen eines Mörders blickten. Nur mit Mühe schien er sich zurückzuhalten. Widerwillig trat er zur Seite und überließ Jori den Platz.
Trotzig zog der letzte der Sergeanten Elena hinter sich her. Mit ihr als Geisel hoffte er, durch die Eingangstür zu entkommen, als plötzlich Hugues de Bouillon vor ihm auftauchte, der ihn in kaltem Zorn anstarrte.
»Es ist vorbei, Bruder«, sagte Hugues und hielt die Hand auf. »Gib mir sofort den Dolch.«
So war die Zucht der Templer, dass der Mann angesichts dieser Autorität endlich bereit war, sich zu unterwerfen. Er schlug die Augen nieder und händigte den Dolch aus. Elena floh mit einem Aufschluchzen zu Constansa, der Raum füllte sich mit noch mehr Templern, und zuletzt erschien auch Aimar, der sie eiligst geholt hatte.
Hugues de Bouillon trat in die Mitte des Raumes und blickte sich um. Er sah den toten Sergeanten und den anderen, der sich sterbensbleich den Bauch hielt. Den beiden Frauen, die sich etwas gefasst hatten, nickte er unmerklich und mit ernster Miene zu. Dass Constansa unter ihrem Umhang anscheinend nackt war, nahm er mit grimmiger Miene zur Kenntnis. Schließlich fiel sein Blick auf die Leiche de Bernays. Lange stand er unbeweglich davor. Dann seufzte er tief.
»Es ist auch meine Schuld«, sagte er leise.
Es war still im Raum. Niemand wagte, seine Gedanken zu unterbrechen.
»Es hatte schon öfter Gerüchte gegeben«, fuhr er fort. »In Spanien. Aber ich wollte es nicht wahrhaben und habe ihn immer verteidigt.« Er schüttelte den Kopf, als könnte er es noch immer nicht glauben. »Gott der Herr wird ihn richten«, murmelte er schließlich.
Die Templer sammelten die Toten und Verwundeten ein und nahmen auch die anderen Gefangenen mit. Mit Étienne de Bernays Tod endete die Bedrohung für Constansa. Es blieben jedoch die seelischen Wunden, die noch lange schwären sollten.
Den Frauen war der Gedanke unerträglich, auch nur eine einzige weitere Nacht in diesem Haus zu verbringen. Besonders Constansa war nach dem Erlebten so außer sich, dass sie panische Angst hatte, ohne Severins Arme um sich einzuschlafen. Was andere darüber dachten, war ihr inzwischen gleich. Und so willigte sie trotz ihres früheren Vorsatzes ein, für die nächsten Tage in Severins Kammer über der Werkstatt zu ziehen.
Arnaut bot Elena ebenfalls an, bei ihm zu nächtigen. Sie lächelte etwas schmerzlich, dankte ihm und den anderen für ihre
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