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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Rettung, behauptete aber, sich um Munira kümmern zu müssen, und das sei leichter bei den anderen Frauen in der Scheune. Nachdem sie Severins und Constansas Wunden versorgt hatte, ließ sie die drei allein.
    Dass Elena sein Angebot ausgeschlagen hatte, kam ihm nicht ungelegen. Sosehr er ihr zugetan war, eine dauerhafte Verbindung lag ihm fern.
    Statt um Elena kreisten seine Gedanken um den Templer Étienne de Bernay. Wie wird ein Mensch so wie dieser Kerl? Warum hatte er Frauen gehasst und Freude daran gehabt, sie zu demütigen? War er vom Teufel besessen gewesen? Wie konnte Gott, wenn er doch das Licht der Welt war, es zulassen, dass ein Mensch so viel Hass in sich trug? Noch dazu ein Mönch, der täglich neu Gelegenheit hatte, Gottes Liebesbotschaft in sich aufzunehmen und zu verkörpern. Wozu dienten das ständige Beten und all das schöne Getue der Mönche, wenn es nicht gelang, aus einem wie de Bernay einen guten Menschen zu machen?
    In der Nacht schlief Arnaut unruhig, träumte von einer unerreichbaren Ermengarda, die ihn verstoßen und ihm den Zugang zum Palast von Narbona verwehrt hatte. Nur Felipe de Menerba ließen die Wachen ein. Hoch zu Ross saß der, in feines Tuch gehüllt, und warf ihm einen verächtlichen Blick zu, bevor er weiterritt. Musik drang aus dem Palast, Frauenlachen, das so hell wie Glocken klang. Ein Fest. Er selbst in Lumpen gehüllt. Schmutzig und mit nackten Füßen schleppte er sich dahin, auf einen knorrigen Stab gestützt. Er wanderte durch eine trockene Landschaft, nichts wuchs am Wegesrand. Ein heißer Wind wirbelte plötzlich Staub zu einer gewaltigen Wolke auf, aus der Seldschuken auf ihn zugeritten kamen. Er hob den Stab, um sich zu wehren. Hufe donnerten um ihn herum, ein Säbel kam aus dem Nichts und … er schreckte hoch. Das Herz raste wie wild. Es dauerte eine ganze Weile, bis er begriff, dass es nur ein Traum gewesen war.
    Constansa, in der Kammer nebenan, konnte überhaupt keinen Schlaf finden. Der Schnitt unter ihrer Brust schmerzte, und es gelang ihr nicht, die schrecklichen Bilder zu verjagen, die sie quälten. Auch Severin lag lange wach, hielt sie fest umschlungen, wenn sie wieder zu zittern begann, streichelte ihr Haar und flüsterte ihr zärtliche Worte ins Ohr. Ohne seine Gegenwart, seinen starken Leib, seine Wärme, in die sie sich schmiegte, hätte sie, davon war sie überzeugt, mit Sicherheit den Verstand verloren. Als er schließlich eingeschlafen war, lag sie, mit dem Kopf auf seiner Brust, ganz eng an seiner Seite, schwelgte im Duft seiner Haut und lauschte jedem beruhigenden Schlag seines Herzens.

Nouras Grab
    W ährend der nächsten Tage besuchte Arnaut täglich für ein paar Stunden den Prinzenpalast, in der Hauptsache, um Ayla zu treffen. Er war begierig, mehr über ihre Welt zu erfahren. Und er musste sich eingestehen, dass er dabei auch ihre Gegenwart zu schätzen begann, ihr ausgelassenes Lachen und ihre lustige Art, die Menschen bei Hofe zu beschreiben.
    Sie erklärte ihm den Islam, die Hingabe zu Gott, sprach von Mohammed und der Botschaft Allahs, legte ihm die fünf Säulen des Glaubens auseinander, das Glaubensbekenntnis, das tägliche Gebet, die Pflicht eines jeden Muslims, Almosen für die Armen zu spenden, den Fastenmonat Ramadan und die Pilgerreise nach Mekka.
    Vieles fand er gut, besonders die Almosenpflicht, und war erstaunt, wie ähnlich so manches dem Christentum doch war. Waren nicht auch bei den Christen das tägliche Gebet Gesetz, das Bekenntnis zu Christus, die vierzigtägige Fastenzeit und die Sehnsucht jedes Christen, einmal im Leben nach Jerusalem zu pilgern?
    »Warum hassen wir uns eigentlich gegenseitig, Christen und Muslime?«
    »Wir hassen euch nicht«, erwiderte sie. »Wir achten Juden und Christen. Wir sind alle Ibrahims Nachkommen. Aber ihr
franj
tun uns leid.«
    »Warum?«
    »Weil Hölle ist das Schicksal von allen Ungläubigen. Christen, Juden, alle gehen in Hölle.«
    »Das Gleiche denken wir auch von euch.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »
Franj
sind verdammt«, sagte sie. »Und dumm. Barbaren. Nix wissen von Heilen, von Bauen, von Sternen. Von Poesie. Haben keine Poesie.«
    »Dann bring sie mir bei.«
    »Wenn du so viel wissen willst, Arnaut, warum nicht lernen Persisch und Arabisch? Lies Koran, werde Muslim?«
    »Ich soll Muslim werden?« Er lachte.
    »Dann kannst du Muslima heiraten, so wie ich.« Sie sah ihm dabei keck ins Gesicht und lachte ihn aus, als er rot wurde.
    Er beschloss, auf ihren leichten Ton

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