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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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zurück.
    »Es wird Zeit,
Madame
«, sagte er schneidend, »dass Ihr Eure Pflichten als Gemahlin des Königs achtet, anstatt sich so ungehörig aufzuführen, wie Ihr es gegenwärtig tut.«
    So, jetzt hatte er es endlich deutlich gesagt.
    Aber Alienor ließ sich davon nicht einschüchtern. »Und auch Ihr,
Sire,
solltet Eure Ehepflichten wahrnehmen und Euch mehr wie ein Mann statt wie ein Mönch aufführen.«
    Der Bischof von Metz wurde bleich, der von Toul bekreuzigte sich, als hätte der Teufel selbst gerade mit dem Huf gescharrt. Der König starrte sprachlos sein widerspenstiges Weib an, während sein Adamsapfel ein reges Eigenleben entwickelte. Er selbst war über diese Bissigkeit viel zu überrascht, um etwas Vernünftiges zu entgegnen.
    »Das ist ungebührlich,
Madame
«, sagte er schließlich, als ihm nichts Besseres einfiel. »Äußerst ungebührlich. Ich kann so etwas nicht hinnehmen.«
    Doch Alienor goss gleich noch mehr Öl ins Feuer. »Ihr werdet es in der Tat nicht länger hinnehmen müssen,
Sire.
Ich verlange die Scheidung. Mit allem Nachdruck.«
    Es war kein plötzlicher Entschluss. Seit Wochen schon hatte sie darüber nachgedacht. Sie konnte diesen elenden Frömmler nicht länger ertragen.
    »Majesté«,
rief Godefroy de Langres aufs höchste beunruhigt. »Das ist doch nicht Euer Ernst!«
    »Mein voller Ernst.«
    »Aber mit welcher Begründung?«
    »Wegen zu naher Verwandtschaft,
Messenhers
«, erwiderte sie. »Wir sind Vettern vierten Grades, wie Euch gewiss bekannt sein dürfte.«
    »Nun ja«, stammelte der Bischof. »Bei Verbindungen großer Familien nimmt man es doch nicht ganz so genau,
Majesté.
«
    »Diese Ehe verstößt gegen Kirchenrecht. Da wird selbst der Papst sich einer Auflösung nicht entgegenstellen können.«
    Die Herren Geistlichen standen völlig entsetzt da und wussten nichts zu sagen. Es war, als hätte jemand Feuer im königlichen Palast gelegt. Unsicher schielten sie zu Louis hinüber. Der war hochrot im Gesicht, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verließ den Raum.
    Bischof Godefroy warf der Königin noch einen letzten Blick zu, so, als wollte er sagen, sie würde dies noch bereuen.
    Nun war offener Streit ausgebrochen. Und das verhieß nichts Gutes. Die Königin war maßlos wütend über so viel Dummheit, der König fühlte sich unendlich gedemütigt, und Prinz Raimon war niedergeschmettert, als Louis ein paar Tage später ganz offiziell im Rat der Edelleute von Antiochia seine Entscheidung wiederholte. All seine schönen Pläne für ein größeres Antiochia waren damit zunichte. Da beschloss er, Rache an Louis zu nehmen. Hatte er sich bisher noch zurückgenommen, nun würde er ihm sein Weib stehlen.
    ♦
    Die Tage der Reise von Antiochia nach Tripolis gehörten für Constansa zu den schönsten ihres Lebens. Ihre Wunde spürte sie kaum noch. Die Truppe war guter Laune, wieder bestens ausgerüstet, besaß ausgeruhte, wohlgenährte Pferde und bewegte sich gemächlich durch eine zwar bergige, aber grüne Landschaft voller Kiefernwälder, Pinien und Zypressen. Es war angenehm warm, am Wegrand blühte es, die Zikaden zirpten, und wenn sie auf einer Höhe verweilten, war in der Ferne das Meer zu sehen, blau und unendlich weit.
    Nach dem Tod des verhassten Templers fühlte Constansa sich wie erlöst. Sie war beileibe keine ängstliche Frau. Gefahr oder selbst der Tod schreckten sie wenig. Aber über Wochen zu spüren, dass dieser Kerl in ihrer Nähe lauerte, das war quälender und bedrückender gewesen, als sie es sich selbst hatte eingestehen wollen. Nun war es, als könne sie zum ersten Mal seit langem wieder frei atmen.
    Doch vor allem war es Severin, der ihr die Tage versüßte. Sein Frohsinn munterte sie auf. Wenn sie sich nach gewohnter Art gelegentlich noch schroff oder abweisend zeigte, so begegnete er dem mit Gutmütigkeit und Humor. Es war schwer, sich mit ihm zu streiten. Und was sie besonders genoss, war seine Fürsorglichkeit. Niemand war jemals fürsorglich zu ihr gewesen. Die Brüder hatten sie zu oft beiseitegeschoben, ihr Vater hatte seine Jagdhunde mehr geliebt als die eigene Tochter. Männer waren für sie immer Widersacher gewesen, gegen die sie sich alles hatte erkämpfen müssen. Dass es bei Severin so ganz anders war, erstaunte sie. Sie musste sich daran gewöhnen, dass zum ersten Mal ein Mann um sie besorgt war. Nicht, dass er sie bemutterte oder gar bevormundete. Das hätte sie auf keinen Fall geduldet. Aber er

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