Die Hure Babylon
blickte Felipe aufmerksam ins zornige Gesicht. Auch die anderen rührten sich nicht.
»Sie lieben dich. Wie auch Ermengarda dich liebt.«
»Es geht also um Ermengarda.«
»Da hast du verdammt recht, es geht um Ermengarda. Es ist immer um Ermengarda gegangen. Erst nimmst du sie mir weg, dann schwängerst du sie. Und am Ende lässt du sie sitzen, wie eine Küchenmagd, der man überdrüssig ist.«
Arnaut stand auf. »Jetzt reicht’s, Felipe.«
Auch Felipe torkelte auf die Füße. »Warum denkst du, bin ich hier?«, schrie er aufgebracht. »Auch nur deinetwegen. Und jetzt sagst du, es war ein kleiner Denkfehler von dir?«
»Felipe, beherrsch dich.«
Aber Felipe war weit davon entfernt, sich noch beherrschen zu können. »Du bist ein
filh de puta,
wie er im Buch steht«, brüllte er. »Ein gottverdammter Hurensohn.«
Er holte weit aus, um Arnaut seine Faust ins Gesicht zu schlagen, verfehlte ihn jedoch. Der Schwung riss ihn mit, er verlor das Gleichgewicht und krachte mit dem Oberkörper auf den Tisch. Karaffen und Becher flogen zu Boden, wo sie zerbrachen und Wein in alle Richtungen verspritzten.
Jetzt waren auch Severin und Jori aufgesprungen.
»Ihr bringt ihn besser in seine Kammer«, sagte Arnaut.
»Keiner fasst mich an«, knurrte Felipe und rappelte sich wieder auf. »Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte.«
Damit verließ er betont aufrecht, wenn auch mit unsicheren Schritten, die Trinkstube.
»Was zum Teufel ist denn in den gefahren?«, murmelte Severin.
»Ermengarda hat ihn verschmäht«, sagte Jori. »Zum zweiten Mal.«
»Glaubst du?«
»Warum sollte er sonst so wütend auf dich sein?«
♦
Obwohl viele klagten, dass die
militia
zu lange in Antiochia verweilte, so hatte dies auch sein Gutes. Die Ruhepause hatte erlaubt, alles Verlorene an Waffen und Gerät zu ersetzen, ja sogar die kürzlich erstandenen Pferde zu brauchbaren Schlachtrössern auszubilden. Dazu kam, dass täglich Überlebende aus Attalia auftauchten, die sich irgendwie durchgeschlagen hatten und jetzt fußmüde, zerlumpt und oft verwundet ihren Weg in die Stadt fanden. Es waren nicht viele und durchweg nur erfahrene Kämpfer. Harte Gesellen, die sich nicht gescheut hatten, Frauen und Pilger ihrem Schicksal zu überlassen, um sich selbst allein durch Rücksichtslosigkeit, Zähigkeit und Bauernschläue retten zu können.
Diese Männer waren mehr als verbittert darüber, wie man mit ihnen umgesprungen war. Sie rotteten sich zusammen und zogen randalierend durch die Straßen, sangen Spottlieder auf den König und prügelten sich in den Schenken. Dabei floss nicht selten Blut. Doch am Ende gliederten sie sich wieder ins Heer ein. Wo sollten sie auch hin? Geld für eine Schiffsreise in die Heimat besaßen sie nicht. Nur im Heer gab es zu essen, genügend Wein, um ihren Kummer zu ersäufen, und so etwas wie Ordnung, um ihre Würde wiederherzustellen.
Der König zeigte sich enttäuscht über den Hass und Spott, der ihm aus den Liedern dieser Männer entgegenschlug. Er fühlte sich missverstanden und verbrachte nur noch mehr Stunden in frommem Gebet und in Gesprächen mit seinen Geistlichen.
Der Prinz von Antiochia hatte in den letzten Wochen alles getan, um Louis zu überzeugen, gegen Aleppo zu ziehen. Sogar der kluge Patriarch der Stadt, der ebenso gut wie Raimon die strategische Lage kannte, war ein eifriger Fürsprecher gewesen, nicht zu vergessen die normannischen Adeligen, die auf eine baldige Entscheidung drängten.
Doch der König zögerte, verharrte in Ausflüchten, wollte sich nicht festlegen. In Wahrheit hasste er diesen aufgeblasenen Aquitanier, der ständig um seine Frau herumscharwenzelte. Aber das konnte er natürlich in der Versammlung der normannischen Adeligen nicht äußern. Und andere stichhaltige Begründungen für seine Abneigung gegenüber Raimons Plan ließen sich nicht finden. Da war ihm König Konrads Appell, sich mit ihm in Jerusalem zu treffen, gerade recht gekommen. Eine Vereinigung der Heere würde die Schlagkraft erhöhen, so wurde gesagt. Konrad selbst bestand auf Jerusalem, schon allein wegen der gewaltigen Strahlkraft einer Zusammenkunft dreier Könige in der Heiligen Stadt. Der Abt Clairvaux selbst hätte sich nichts Wirksameres für die Moral der Christen ausdenken können, so fand Louis.
Seiner resoluten Gattin gegenüberzutreten und ihr diese Entscheidung mitzuteilen, dazu sah er sich allerdings genötigt, Verstärkung aufzufahren. Die Bischöfe Godefroy de Langres, Arnoul de Lisieux, Étienne
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