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Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Scherz.«
    »Schon gut, Elena.« Er sah einen Augenblick gedankenverloren in die Ferne, dann wandte er sich ihr wieder zu. »Ich möchte, dass du zu
Senher
Josselins Zelt gehst. Jori wird es dir zeigen. Er hat eine sarazenische Sklavin, die ihm teuer ist und die bald ihr Kind erwartet. Ich möchte sichergehen, dass sich jemand um sie kümmert, dass sie alles gut übersteht. Biete also deine Hilfe an.«
    »Ich werde mein Bestes tun.«
    »Und dies ist für dich.«
    Er drückte ihr einen
solido
in die Hand, ein byzantinisches Goldstück. Elena machte große Augen.
    »
Verges Maria.
Womit hab ich denn das verdient?«
    »Es sind eben nicht alle so undankbar, wie du behauptest«, sagte er mit einem Augenzwinkern und ließ sie stehen.
    ♦
    Am nächsten Morgen wurden weitere der Verwundeten begraben, die über Nacht gestorben waren. Es sollten nicht die Letzten sein. Danach zogen sie weiter.
    In der weiten, von Bergen umgebenen Ebene wand sich der Mäander in unzähligen Schleifen dahin. Das Land war fruchtbar und grün, trotz der Jahreszeit. Oliven und Feigenhaine, Wiesen und Felder reihten sich aneinander, unterbrochen nur von Bächen, Hecken und kleineren Gehölzen. Im Frühjahr musste dieser Landstrich ein wahres Paradies sein.
    Doch die meisten der Gehöfte standen verlassen, ihre Bewohner waren geflohen. Es war fast unheimlich, durch diese bewirtschaftete und doch menschenleere Landschaft zu marschieren.
    Zum Glück fand sich in den Scheunen noch etwas Heu für die Tiere und gelegentlich auch zurückgelassene Vorräte von Weizen, Bohnen, Wintergemüse oder Wein. Seltener trafen sie lebendes Vieh an, eher hastig ausgeweidete Tierkadaver, die die Seldschuken zurückgelassen hatten. Häufig auch mit Exkrementen entweihte oder niedergebrannte Dorfkirchen, von Hufen zertrampelte Gärten, Spuren von hastigen Plünderungen und Leichen von Männern, Frauen und Kindern. Was man ihnen Entwürdigendes angetan hatte, war nur zu offensichtlich. Die griechischen Führer, die das Heer begleiteten, weinten bei diesem Anblick, und in den Herzen der Franken steigerte sich der Hass.
    Mit jedem Tag, den sie weiter nach Osten zogen, traten die Berge näher an den sich windenden Fluss heran und verengten das Tal. Da weitere Hinterhalte zu befürchten waren, wurde jedes Waldstück und jedes Nebental von vorauseilenden Reitern durchkämmt. Die zu oft ergebnislose Nahrungssuche nahm viel Zeit in Anspruch, so dass das Heer nur langsam vorankam.
    Auch Arnaut und seine Gefährten durchstreiften unentwegt die Gegend. An einem sonnigen Nachmittag waren sie einem Bach bis weit in ein schmales Tal gefolgt, das nach Norden zu stetig anstieg. Auf einer Handvoll Höfen war nicht mehr zu finden gewesen als eingelagerte Äpfel, ein paar Säcke Rüben und einige Amphoren sauren Weines. Von den Bauern nichts zu sehen. Nach den Spuren zu urteilen, waren die Seldschuken wie sooft vor ihnen hier gewesen. Wie lange das her sein mochte, ließ sich auf dem trockenen Boden nicht erkennen, denn es hatte seit Tagen nicht mehr geschneit oder geregnet.
    Das Wenige an Nahrung luden sie auf die mitgeführten Packtiere und ritten weiter. Immer dichter drängte der Wald sich an den Weg heran, und seit einer Weile hatten sie keine Äcker mehr angetroffen.
    »Wir vergeuden unsere Zeit«, sagte Severin. »Lasst uns umkehren.«
    Doch Arnaut bestand darauf, den Pfad noch ein Stück weiter zu erkunden. Krähen flogen auf, als sie sich einer Wegbiegung näherten. Ansonsten war es totenstill. Kein Lüftchen regte sich. Auf den Höhen waren die Baumwipfel immer noch weiß bestäubt, in den dunklen Tiefen des Waldes wucherte undurchdringliches Gestrüpp.
    Als sie um die Biegung kamen, erblickten sie auf einer Anhöhe eine einfache, aus Feldsteinen errichtete Hütte. Ringsum eine kleine Lichtung und etwas, das wie ein Gemüsegarten aussah. Eine dünne Rauchsäule stieg über dem Dach in den blauen Winterhimmel.
    »Da ist jemand«, sagte Constansa.
    »Wer soll da schon sein«, meinte Severin. »Ein Hirte höchstens. Lassen wir ihm seine armseligen Vorräte. Es wird Zeit, dass wir umkehren.«
    »Wer auch immer da oben wohnt, wir sollten sie befragen«, wandte Constansa ein. »Vielleicht haben sie etwas gesehen.« Sie blickte zu Arnaut hinüber. »Ich kann mit Alexis hinaufreiten, wenn du erlaubst.«
    Alexis war ihr griechischer Begleiter. Ein lustiger Geselle und einer von den jungen Männern, die für ein wenig Silber dem Heer als Führer und Übersetzer dienten. Alexis war

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