Die Hure: Roman (German Edition)
Robbenbabys auf dem Eis gejagt werden, im Winter, bei Frost?
ARES: Ach so … Hmm. Na. Was willst du …
Isis legt auf. Fünf Minuten später steht sie in winzigen Shorts und hohen Winterstiefeln vor Ares. Er starrt gebannt auf ihre herrlichen Brüste, dann küsst und knetet er sie. Isis gibt ihm eins hinter die Ohren, dass er die Engel grölen hört, wie unsere Mutter sagen würde. Dann küsst sie ihn auf den Mund. Mit Zunge. Das dauert eine ganze Weile; unterdessen schiebt Ares die Hände in Isis’ Shorts und tut allerhand Aufregendes, denn er ist nicht ganz ungeschickt. Außerdem hat Isis gerade ihren Eisprung. Mit anderen Worten, sie ist permanent geil.
»Gut. Ins Jenseits also?«
Ares nickt.
Das Jenseits hat einen neuen Portier. Isis hat keine Lust, mit ihm über Kleidungsfragen zu diskutieren, sondern schickt ihn schnurstracks ins Verderben.
»Du bist ganz schön aufbrausend.«
»Ich muss viel zu oft hierher.«
Eigentlich bräuchte Isis ihren Bräutigam noch nicht zu holen, aber ihr fällt kein besserer Vorwand für einen Besuch im Tod ein. Am Flussufer erklärt sie dem Bootsmann Charon ihr Anliegen. Charon fragt, warum sie mit einem Begleiter unterwegs ist.
»Du weißt doch, wie es um den Mann steht, man kann nie vorhersagen, ob er noch aus eigener Kraft gehen kann.«
»Na gut.« Charon streckt die Hand aus.
»Scheiße, versuch bloß nicht schon wieder, bei mir abzukassieren!«, brüllt Isis wie ein Löwe, obendrein wie ein französischer Löwe, die schlimmste Variante unter den Tieren dieser Gattung.
Charon entscheidet sich, die Reisenden gratis überzusetzen.
»Du brauchst nicht zu warten, wir nehmen einen anderen Weg nach oben«, ruft Isis, nachdem sie am anderen Ufer ausgestiegen sind.
Sie hält eine Limousine an. Isis und Ares setzen sich in den Fond. Der Fahrer erkennt Isis und fragt, warum sie ihren Mann schon so früh holt. »Mich hat überraschend die Sehnsucht gepackt«, antwortet Isis. Zwar kauft der Fahrer ihr das nicht ganz ab, doch er ist klug genug, den Mund zu halten.
Denn im Grunde wissen alle, dass Isis unter den Göttern die Größte ist.
»Also, du kennst die Regeln?«, wendet sich Isis an Ares.
»Öh … Man darf sich nicht umgucken?«
»Genau. Was immer du tust: Blick nicht zurück. Sonst siehst du sie nie wieder. Außer natürlich, wenn du selbst stirbst. Aber das willst du wohl nicht.«
»Nein.«
»Du willst ein Held sein?«
»Ich bin ein Held.«
»Wie soll ich dich eigentlich nennen?«, fragt Aphrodite und lutscht an einer Haarsträhne.
»Wie wäre es mit Phädra?«, schlägt die Führerin vor.
»Phädra … Klingt gut. Aber … Ist das irgendeine Anspielung?«
»Nein.«
»Gut. Die mag ich nämlich nicht.«
»Das habe ich mir schon gedacht.«
»Wieso?«
»Du bist nicht besonders literarisch bewandert.«
Aphrodite ist beleidigt, auch wenn sie nicht recht weiß, warum. Literarisch bewandert ist sie ja wirklich nicht. Sie liest keine Bücher, und sie schreibt keine: Sie ist zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt.
Aber vielleicht würde sie Phädra beeindrucken, wenn sie literarisch bewandert wäre. Phädra ist es, daran besteht kein Zweifel. Nur solche Menschen neigen zu derart pechschwarzem Zynismus, in dem dennoch ein Licht aufblinkt, von dem niemand weiß, woher es kommt. Literarisch bewanderte Menschen schwindeln oft. Aber in guter Absicht. Weil sie niemanden deprimieren wollen. Sie wollen niemanden vollkommen deprimieren. Nur ein wenig.
»Woran denkst du?«, fragt Phädra.
»Wieso?«
»Du hast so einen konzentrierten Blick.«
»Tja! Ich habe vor, ein Buch zu schreiben«, erklärt Aphrodite und hüpft auf das Sofa.
»Oho!«
Phädra scheint nicht an ihr Vorhaben zu glauben. Und wenn jemand nicht an Aphrodite glaubt, fühlt sie sich gezwungen, sich zu beweisen. Und meist versucht sie es auch. Doch dann erlischt der Beweisdrang, und die ganze Sache gerät in Vergessenheit. Außerdem: Warum sollte eine so fantastische Frau irgendwem etwas beweisen? Sie demonstriert ihre Überlegenheit und Besonderheit ja schon durch ihr Aussehen. Aphrodite beginnt auf dem Sofa zu tanzen.
Aber reicht es, beim Tanzen gut auszusehen? Reicht es in diesem Fall?
»Du hast schöne Brüste«, stellt Phädra fest.
Aphrodite zuckt wieder zusammen. Sie hört auf zu tanzen, setzt sich und antwortet, das wisse sie. Allerdings klingt ihr Ton nicht ganz so selbstbewusst, wie sie es sich gewünscht hätte. Vielleicht fühlt sie sich sogar ein bisschen geschmeichelt. Dabei wissen
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