Die Hure: Roman (German Edition)
hundertprozentig.
Phädra ist nett und bezaubernd, aber, äh, eine Frau. Und Aphrodite war immer vor allem, na, echt hetero. Und zwischen zwei Frauen kann doch nicht … also, das entwickelt sich ja unausweichlich zur Freundschaft.
»Hilfst du mir?«, fragt Aphrodite und lässt sich aufs Sofa fallen.
Die goldene Farbe auf ihren Brüsten ist schon ein wenig verblasst, und ihre Lippen strahlen wieder in natürlichem Korallenrot. Sie ist splitternackt, denn alle Slips sind in der Wäsche.
»Natürlich.« Phädra setzt sich neben sie. Sie hat ein glänzendes Unterhemd an, so eines, wie es eine Frau unter dem Kleid anziehen kann, damit der Büstenhalter sich nicht abzeichnet, aber sie trägt es wie ein Mafioso. Aphrodite wickelt sich eine Haarsträhne um den Finger.
»Ich will Adonis.«
»Aha.«
»Das würde Persephone so was von recht geschehen.«
»Ja.«
»Können wir ihn hierherholen?«
»Ich weiß nicht recht.«
»Nur zu Besuch! Nicht für immer. Nicht unbedingt.«
Aphrodite hat sich eine List ausgedacht, darin war sie immer schon groß. Die Geschichte geht so, dass Phädra angeblich von einem kürzlich verstorbenen Korsettmacher gehört hat, um den modische Fetischistenkreise und fetischistische Modekreise zutiefst trauern. Und dann erzählt Phädra Persephone davon, für den Fall, dass es sie interessiert. Aber falls Persephone kein Interesse zeige, sagt Phädra, dann würde sie mit der Nachricht zu Aphrodite gehen, die möglicherweise Interesse an sexy Dessous habe. Spätestens dann würde Persephone den Köder schlucken. Und Phädra würde sie zu dem weit entfernt wohnenden Korsettmacher bringen. Und inzwischen könnte Adonis zu seiner wahren Geliebten schlüpfen.
»Nicht schlecht, oder?«
»Wer ist der Korsettmacher?«
»Er ist nicht wirklich gestorben.«
Hier hat der Plan tatsächlich eine Lücke. Aphrodite verzieht den Mund und sieht sehr traurig aus. Phädra sagt, sie kenne einen Verlagslektor, der sich vielleicht überreden ließe, die Rolle des Korsettmachers zu spielen.
»Ja, ja, fantastisch!! Lass es uns sofort tun.«
Also wirft Phädra sich in Sonntagsstaat und macht sich auf, Persephone zu ködern. Das ist nicht schwierig. Persephone vermittelt mitunter den Eindruck, als sei sie in manchen Bereichen des sozialen Lebens auf der Entwicklungsstufe eines Kindes stehen geblieben.
Und kaum hat Persephone die Vordertür ihres Hauses geschlossen, als Aphrodite auch schon die Hintertür öffnet.
»Hallo«, sagt sie zu Adonis.
»Hallo«, erwidert er.
Sie laufen um die Wette zu Phädras Haus, wo sie sich zügellosen Liebesspielen hingeben.
Der ganze Tag vergeht darüber, dass sie verschiedene Stellungen ausprobieren. Es stört Aphrodite eigentlich nicht so fürchterlich, dass das, was früher von der Natur geformt gewesen war, jetzt ein Produkt der Sexspielzeugindustrie ist. Sie haben eine herrliche Zeit.
Doch als an die Tür geklopft wird, müssen sie aufhören. Adonis schleicht durch die Hintertür hinaus und läuft nach Hause, während Aphrodite die Vordertür öffnet. Auf der Terrasse stehen die strahlende Persephone und die erschöpfte Phädra.
»Hallo«, sagt Aphrodite zu Persephone.
»Hallo, liebste Freundin.«
»Ist etwas total Schönes passiert?«, fragt Aphrodite mit gespieltem, übertriebenem Interesse.
»Na ja, ich will dich ja nicht neidisch machen, aber ich bekomme in nächster Zeit absolut irrsinnig fantastische Lingerie-Sachen. Ich habe einen Hofkorsettmacher. Zu deinem Pech nimmt er keine anderen Kundinnen an.«
»Wie schön.«
»Ja, das war’s!« Persephone macht auf ihren Stilettos kehrt und eilt nach Hause.
Phädra sieht ungeheuer erschöpft aus. Sie lässt sich aufs Sofa fallen und wirft Handschuhe und Perücke und Perlenohrringe von sich.
Aber Aphrodite ist so glücklich! Sie setzt sich mit gespreizten Beinen auf Phädras Schoß und küsst sie leidenschaftlich auf den Mund, das Gesicht und den Hals. Das passiert ihr manchmal: Wenn sie einmal in Fahrt kommt, fällt es ihr schwer, wieder aufzuhören. Die verblüffte Phädra beugt sich zurück, wehrt sich aber nicht lange. Sie zieht Aphrodite den Morgenmantel aus und findet darunter den nackten göttlichen Körper. Aphrodite reißt Phädra das alberne Kleid vom Leib. Sie vögeln auf dem Sofa. Phädra ist zweifellos sehr geschickt: Man bemerkt den Unterschied fast gar nicht. Im Tod kann man natürlich keinen Orgasmus bekommen, aber wenn man es könnte, hätte Phädra Aphrodite gewaltig zum Kommen
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