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Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Gustafsson
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gebracht.

    Persephone war nur ein kleines Mädchen. Frauen sollten ihre Differenzen nicht mit kleinen Mädchen austragen. Genau wie Männer ihre Differenzen nicht mit Frauen austragen sollten. Die Frau ist ein übermächtiges Wesen. Wenn der Mann nicht darauf verfällt, die Frau zu töten, zersplittert sie ihn in Zillionen nichtiger Männeratome.
    Persephone war nur ein kleines Mädchen, das keine Chance hatte, sich gegen eine ausgewachsene Frau zu behaupten.
    Frauen sollten ihre Differenzen nur mit anderen Frauen austragen. Aphrodite hätte warten sollen, bis das Mädchen zur Frau herangewachsen ist, bevor sie zuschlug. Das wäre fairer gewesen. Obwohl ein Kampf zwischen Frauen nie fair ist. Er ist in allen seinen Erscheinungsformen hinterhältig. Die Frauen sollten sich ein Beispiel an den Männern nehmen. Männer kochen Ragout aus dem Kind ihres Feindes und locken den Feind dann an den Esstisch. Wenn sich alle nach dem Mahl den Mund abwischen, sagen sie, haha, rate mal, wo dein ältester Sohn ist. In deinem Verdauungstrakt! Das ist irgendwie geradlinig.
    Wenn es nach Persephone ginge, würde Aphrodite das Reich des Todes nie verlassen. Aber natürlich geht es nicht nach ihr. In Isis’ Augen ist Persephone immer noch ein kleines Mädchen, sowohl ihrem Wesen nach als auch, was ihren Einfluss betrifft.
    Isis überlegt, warum sie sich auf diese Sache eingelassen hat. Sie kann Aphrodite ja nicht einmal besonders gut leiden.
    »Sind wir bald da?«, drängt Ares.
    Obendrein muss sie sich das Genörgel eines Mannes anhören.
    »He?«
    Andererseits ist der fragliche Mann ein interessanter Sexpartner.
    »He, hörst du mich?«
    Um das ewige Maulen aufzuwiegen, muss er allerdings ein wirklich interessanter Sexpartner sein. Außer Isis wäre nymphoman. Das ist sie sicher.
    »Hörst du, he, hörst du?«, ruft Ares.
    »Ja, verdammt.«
    »Sind wir bald da?«
    Sich im Tod zu bewegen ist so ähnlich wie durch Tiefschnee zu laufen. Es geht also wirklich langsam voran.
    »Wann beginnt die Aktion?«, fragt Ares erregt.
    »Wir sind im Tod. Hier agiert man nicht.«
    »Brüll doch nicht so.«
    Ein ätzender Typ, wieso verknallt sie sich überhaupt in so einen, er sieht obendrein ziemlich blöde aus, verdammte Ovulation.
    »Hör mal. Es kann recht schwierig werden«, sagt Isis sachlich.
    »Hä?«
    »Ich weiß nicht, ob wir Aphrodite dazu kriegen mitzukommen.«
    »Die geht doch vor Freude kreischend mit.«
    Isis erwidert nichts. Ares schlingt die Arme um sie und küsst ihr Ohrläppchen. Superätzend.
    Als Erstes holen sie Isis’ Bruder/Ehemann. Er wohnt im Gebiet der Götter und Dichter, in einem Haus von derselben Art wie alle anderen.
    Osiris kann sich nicht aus eigener Kraft bewegen. Er sitzt sabbernd im Schaukelstuhl. Ihm fehlt ein Bein. Im Haus riecht es nach altem Mann. Also fast nach einer Leiche.
    »Na dann, ist alles gepackt?«, fragt Isis ihren Mann in einem Tonfall, den Ares von ihr noch nie gehört hat.
    »Wääääää.«
    »Ja, ja.«
    Ares fragt Isis, ob sie tatsächlich verstanden hat, was ihr Mann gerade gesagt hat.
    »Natürlich. Er hat gesagt, schön, dass du schon kommst, mir ist langweilig.«
    Wenn man sich egal welches Gestammel jahrtausendelang anhören muss, bei Menschen genügen oft schon ein paar Jahrzehnte, lernt man zwangsläufig, es zu verstehen.
    »Jetzt gehen wir zum Kaffeeklatsch. Das heißt, ich gehe, ihr wartet im Wagen.«
    Persephone öffnet Isis die Tür, strahlend wie immer.
    »Bébé! Wie schön, dich zu sehen!« Persephone nennt sie immer Bébé. Das ist ein Wort aus ihrer kindlichen Sprache. Sie ist so kindisch und närrisch, dass Isis sogar über den toten Fuchs hinwegsieht, der ihr über die Schulter hängt. Sie umarmen sich und küssen sich auf die Wangen. Persephone lädt Isis zum Kaffee ein.
    Der Kaffeeklatsch dauert tagelang. Erst als alle Neuigkeiten und Gerüchte ausgetauscht sind und Isis ihren Aufbruch schon mehrfach angekündigt hat, spricht sie den Satz aus, an dem sie stundenlang gefeilt hat: »Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen: Weißt du zufällig, wo Aphrodite wohnt?«
    »Wieso?«
    »Ich habe was für sie.«
    »Ach?«
    »Na ja, bloß eine Kleinigkeit.«
    »Worum geht’s denn?«
    »Sie hat vergessen, eine Sache zu erledigen, also …«
    »Was denn?«
    »Erwachsenengeschichten, Chérie.«
    »Aha.«
    Persephone nennt ihr die Adresse, Isis tätschelt ihr die Wange, und dann plaudern sie noch ein halbes Stündchen über Isis’ Schuhe.
    Auf der Rückbank schlägt Ares den Kopf

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