Die Hure: Roman (German Edition)
Sowie als eine Art Diener fungiert.
Dann kommen Anfragen von den Parteien. Man würde Aphrodite gern als Kandidatin für die Parlamentswahl gewinnen. Aber alle Parteien sind so dumm und so miserabel. Aphrodite kommt auf die Idee, eine neue Partei zu gründen. Die Partei der Liebe. Die Medien machen einen gewaltigen Rummel darum, doch bei der Wahl geben die Leute ihre Stimme der Nationalen Sammlung, der Zentrumspartei, den Wahren Finnen und der SDP wie immer schon, weil sie so begriffsstutzig sind. Und die Grünlinken halten Aphrodite einfach für inkompetent und für zu attraktiv.
Das jüdisch-christliche Tal des Todes.
Hierher werden alle geschickt, die den Zorn Gottes auf sich gezogen haben.
Phädra spielt Dodelschach mit Hiob. Jedes Spiel geht unentschieden aus. Feiner roter Sand und Heuschrecken fallen auf Phädras blanke Muskeln.
Sie war zu Persephone geeilt. »Schnell, du musst das Korsett anprobieren.« Persephone kreischte und hüpfte. Sie zog sich die Lippen nach, dann brachen sie auf. Auf dem ganzen Weg sprach Persephone davon, wie wunderbar es wäre, wenn sie wieder einmal das ganze Reich bezaubern könnte. »Es passiert so selten etwas Schönes!« Phädra antwortete »mm-m«, »aha« und »ja«.
Sie erreichten den Eingang zu den unterirdischen Höhlen. Bei den bisherigen Konsultationen hatte Phädra den »Korsettmacher« an einen glaubhafteren Treffpunkt gebeten, doch diesmal war keine Zeit für irgendwelche Arrangements geblieben. Phädra war überzeugt, dass der Betrug sofort auffliegen würde, denn jeder, der sich im Tod auskannte, wusste, dass dies hier das Wohngebiet für Grafiker und Verlagsleute war. Doch Persephone sagte nur mit überraschend kindlicher Stimme: »Ziemlich dunkel.«
Phädra antwortete, sie müssten nicht hineingehen.
»Doch, ich will!«, erklärte Persephone und betrat tastend den halb dunklen Höhlengang.
Sie krochen durch die immer schmaler werdenden Gänge in die Kammer von Phädras Verlagslektor.
»Welche Überraschung!«, rief er.
»Ja …«, begann Phädra.
»Wo ist mein Korsett? Ist es wirklich schon fertig? Kann ich es heute mitnehmen? Zeig her, zeig her!!«
Der Mann sah sie verlegen an und kratzte sich am Ohr. Phädra gestand Persephone, dass er kein echter Korsettmacher war.
»Was?«, rief Persephone.
»Es gibt kein Korsett.«
»Vorläufig jedenfalls nicht«, merkte der Verlagslektor an.
»Weder jetzt noch später«, präzisierte Phädra.
Der Verlagslektor wünschte sich, dass sie ihren Satz ein wenig schonender formuliert hätte. Vielleicht auch etwas schwammiger, denn offene Äußerungen haben immer den Nachteil, dass man dafür zur Verantwortung gezogen werden kann. Phädra verschlimmerte die Sache noch, indem sie Persephone versicherte, sie sei betrogen worden.
Persephone schien Wut zu sammeln.
Der Verlagslektor war entsetzt. »Surprise!!« Mit ausgebreiteten Armen, im schönsten amerikanischen Stil, versuchte er die Situation zu retten.
Doch das reichte nicht. Persephone schlug ihn in Stücke. Sie sammelte die längsten Knochen des Mannes auf, betrachtete sie und befand sie für gut. Dann riss sie Phädra die Haut in einem Stück ab.
Aus den Knochen und der Haut nähte sie ein Korsett, als Schnüre nahm sie Muskelfasern des Verlagslektors. Das Korsett wurde ziemlich hässlich, aber selbst gemacht ist immerhin selbst gemacht.
»Mich bescheißt niemand«, sagte sie im Weggehen.
Weinen würde sie erst zu Hause.
»Könntest du mir mal helfen?«, bat der Verlagslektor, als die Herrscherin über den Hades gegangen war.
Phädra suchte in dem Fleischhaufen nach identifizierbaren Teilen. Sie hatte überall Schmerzen, wie jeder, der seine Haut verloren hat. Es war ein schreckliches Gefühl. Doch sie wusste, dass es nicht außergewöhnlich war. Zumindest, wenn man nicht als Mensch, sondern als irgendein anderes Tier geboren war. In China zog man Pelztieren bei lebendigem Leib das Fell ab. In Finnland brühte man lebende Schweine ab. Deshalb sollte man sich gut überlegen, welche Tätigkeiten man in seinem Leben unterstützen will.
Andererseits: Wenn man tot ist, fühlt sich alles weniger schlimm an als im Leben. Dafür dauert es natürlich ewig.
»Deine Finger sind hier, aber sie hat offenbar deine Armknochen mitgenommen. Vielleicht nähen wir die Hände direkt an die Schultern«, schlug Phädra bedauernd vor.
Der Verlagslektor weinte bitterlich. Eine bunte Schar Kollegen versammelte sich um ihn. Einer von ihnen hatte es geschafft, beim Sterben
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