Die Hure und der Krieger
ich rede derweil mit Gannon.“
Sie huschte zu ihrem Nachthemd und streifte es sich über, während Alaric zur Tür ging und sie einen Spaltbreit öffnete. Nur Gannon war zu sehen. Der Gang war schummrig und wurde weder von einem Fenster noch von einer Fackel erhellt.
„Gannon“, raunte Alaric.
Gannon hatte gelernt, selbst das leiseste Geräusch wahrzunehmen, und kam sofort auf die Füße.
„Stimmt etwas nicht?“, fragte er.
„Alles in Ordnung, ich brauche nur etwas.“
Gannon sah ihn abwartend an.
„Bring den Badezuber aus meinem Gemach in Keeleys und lass heißes Wasser heraufschaffen. Und sorge dafür, dass niemand erfährt, wo sie die Nacht verbracht hat. Während du unten bist, geleite ich sie zurück in ihre Kammer.“
Als Keeley wieder in ihrem eigenen Gemach war, schlüpfte sie unter die Decken. Alaric setzte sich zu ihr aufs Bett und schaute sie eine Weile lang einfach nur an. Schließlich beugte er sich vor und küsste sie auf die Stirn.
„Ich werde die Erinnerung an vergangene Nacht auf immer wie einen Schatz hüten.“
„So wie ich“, flüsterte sie. „Geht jetzt, Alaric. Ein Abschied wird nur schlimmer, wenn man ihn hinauszögert.“
Er schluckte und erhob sich abrupt. Sie hatte recht. Je länger er zauderte, desto stärker war er versucht, sein Versprechen an Ewan zu brechen.
Ohne sich noch einmal umzusehen, verließ er die Kammer.
Keeley ließ sich tiefer in das allmählich abkühlende Wasser gleiten und zog die Knie ans Kinn. Die Wärme hatte den Schmerz in ihren Gliedern gelindert. Gegen den Schmerz, der ihr das Herz zerriss, gab es hingegen kein Mittel.
Sie schüttelte den Kopf und legte eine Wange auf die Knie. Die letzte Nacht war die wundervollste ihres Lebens gewesen. Sie würde die Erinnerung daran hegen und ihr Leben lang im Geiste eine jede Berührung immer wieder erleben ...
Nun blieb keine Zeit für Traurigkeit.
Dennoch konnte sie die Schwere, die ihr die Brust einengte, nicht abschütteln.
Es klopfte. Keeley schloss die Augen und umklammerte ihre Beine. Wenn sie das Klopfen überhörte, würde der Betreffende gewiss wieder gehen.
Zu ihrem Entsetzen schwang die Tür stattdessen auf. Keeley suchte noch fieberhaft nach etwas, um ihre Blöße zu bedecken, als Maddie auch schon den Kopf hereinsteckte.
Keeley ließ sich wieder gegen das Holz des Zubers sinken. „Oh, du bist es. Mir ist fast das Herz stehen geblieben.“
„Ich hab gehört, dass es dir nicht gut geht, und da wollte ich schauen, ob ich irgendetwas tun kann.“
Keeley lächelte oder versuchte es zumindest. Als Folge daraus begannen ihr die Augen zu brennen. Sie schniefte, aber sobald ihr die erste Träne über die Wange rann, war es vorbei mit ihrer Beherrschung.
Maddie starrte sie entgeistert an, ehe sich ihre Miene mitfühlend verzog. „Ach, Mädchen, was ist denn nur los? Na, na, komm, wir holen dich erst einmal aus dem Bad. Alles wird gut.“
Sie ließ sich von Maddie aus dem Zuber helfen, in ein Leinentuch wickeln und zum Kamin führen. Dort saß sie, während Maddie ihr das Haar trocken rubbelte und kämmte.
„Und nun berichte mir, was dich so aus der Fassung gebracht hat“, sagte sie sanft.
„Ach, Maddie, ich fürchte, ich habe einen großen Fehler begangen. Und doch bereue ich ihn nicht einen Augenblick.“
„Mag dies etwas mit Alaric McCabe zu tun haben?“
Keeley wandte ihr das tränenüberströmte Gesicht zu. „Ist es so offenkundig? Wissen alle um meine Schande?“
Maddie schloss sie in die Arme. „Schhh, nicht doch.“ Sie wiegte Keeley und redete begütigend wie eine Mutter auf sie ein.
„Ich habe mich ihm hingegeben“, flüsterte Keeley. „Er wird eine andere heiraten, und dennoch bin ich zu ihm gegangen. Ich konnte nicht widerstehen.“
„Du liebst ihn.“
„Aye, ich liebe ihn.“
Maddie gab einen mitleidigen Laut von sich. „Es ist keine Schande, sich einem Mann hinzugeben, den man liebt. Aber ich muss wissen, ob er sich dir aufgedrängt hat.“
Ein erboster Unterton schwang mit, und Keeley löste sich aus der Umarmung. „Nay, er leidet ebenso sehr wie ich. Er weiß, dass er Rionna heiraten muss, und wir haben beide versucht zu verdrängen, was zwischen uns ist. Ich war es, die gestern Abend zu ihm gegangen ist.“
Maddie strich ihr tröstend übers Haar. „Es ist schwer, dem Herzen nicht folgen zu dürfen. Ich habe keine Worte, um diesen Schmerz zu lindern, aber du bist ein gutes Mädchen, Keeley. Lass nicht zu, dass vergangenes Unrecht dir die Gegenwart
Weitere Kostenlose Bücher