Die Hure und der Krieger
unterdrückte den Drang, sich mit der Faust gegen die Stirn zu schlagen. Sie wandte sich an Mairin und sah sie entschuldigend an.
„Verzeiht.“
Mairin lächelte breit und schüttelte den Kopf. „Ich habe dich nur aufgezogen, weil ich gemerkt habe, dass du mit den Gedanken woanders bist. Und das wusste ich, weil du zu allem genickt hast.“ Sie neigte sich ihr zu. „Es ist fast überstanden, und niemand hat gemerkt, wie unwohl du dich fühlst.“
Keeley schenkte ihr ein dankbares Lächeln, doch als sie sich abwandte, sah sie, dass Laird McDonald sie anstarrte. Er hatte die Brauen zusammengezogen, und dann erkannte sie, wie es ihm dämmerte. Seine Augen weiteten sich. Flüchtig schaute er Rionna an, die Stirn gerunzelt, ehe er seinen Blick abermals auf Keeley ruhen ließ. Doch er wirkte weder wütend noch erschrocken.
Stattdessen las sie Begierde in seinen Augen, und das ängstigte sie mehr, als wenn McDonald aufgestanden wäre und ,Hure‘ geschrien hätte.
Sie konnte ihn nicht anschauen, ohne sich an die völlige Hilflosigkeit zu erinnern, die sie vor vielen Jahren verspürt hatte, als sie sicher gewesen war, dass er sie schänden werde.
Sie wollte aufspringen und fliehen. So stark war der Drang, dass sie schon fast auf den Füßen war, ehe ihr aufging, dass sie sich von etwas beeinflussen ließ, das der fernen Vergangenheit angehörte.
So schnell, wie Kopflosigkeit und Furcht sie übermannt hatten und schwach und zittrig hatten werden lassen, so schnell kochte nun Zorn in ihr hoch. Sie entspannte sich und öffnete die Hände, die sie unwillkürlich zu Fäusten geballt hatte.
Sie war nicht länger das junge Ding von damals. Sie war eine erwachsene Frau, die sich zu wehren wusste. Dieses Mal würde der Laird keine hilflose Beute vorfinden.
Mitten in der Nacht fuhr Keeley aus dem Schlaf hoch. Aufrecht saß sie im Bett, ihr Herz raste so sehr, dass es wehtat. Ihre Kammertür stand offen, und einen Augenblick lang meinte sie, ihr Albtraum sei wahr geworden und Laird McDonald starre sie lüstern an.
„Keeley, ich bin’s, Ewan. Du musst dich beeilen. Es ist Mairin - das Kind kommt!“
Sie blinzelte den Schrecken fort, und langsam rückte der Laird in ihr Sichtfeld. Er stand auf der Schwelle und wartete auf ihre Antwort.
„Aye, natürlich, ich komme sofort“, brachte sie mühsam heraus.
Sie schob sich vom Bett, zog sich hastig an und wäre in ihrer Eile beinahe über den Saum ihres Kleides gestolpert. Gerade wollte sie aus der Kammer stürzen, als sie stehen blieb und sich mit beiden Händen an den Kopf fasste.
„Denk nach, Keeley, denk nach.“
„Kann ich helfen?“, fragte Gannon und stieß sich von der Wand gegenüber der offenen Tür ab.
Sie rieb sich die pochenden Schläfen, noch immer hing ihr der Albtraum nach. Es war lächerlich, dass Laird McCabes Eindringen sie so hatte ängstigen können. Schließlich wachte Gannon vor ihrer Kammer, das hatte er ihr zugesichert. Nie hätte er erlaubt, dass jemand anderes als Laird McCabe sich Zugang verschaffte.
Es beruhigte sie, sich dies vor Augen zu halten, und sie atmete tief durch. „Aye, ruf Maddie. Und Christina. Sag ihnen, sie sollen Wasser und saubere Leinentücher mitbringen. Ich sammele rasch zusammen, was ich brauche, und begebe mich zum Gemach des Lairds.“
Gannon nickte und eilte den Gang entlang, während Keeley sich umwandte und alles, was sie für die Geburtshilfe benötigte, holte.
Kurz darauf erreichte sie Mairins Kammer und klopfte. Die Tür schwang auf, und Ewan McCabe ragte mit grimmiger Miene vor ihr auf.
„Wer ist da, Ewan?“, hörte sie Mairin rufen. „Ist es Keeley?“ Kurzerhand schob Keeley sich am Laird vorbei, sodass Mairin sie sehen konnte, und lächelte aufmunternd. „Aye, ich bin es. Seid Ihr bereit, dieses Kind zu bekommen?“
Mairin setzte sich im Bett auf, eine Hand an den kugelrunden Bauch gepresst. Das Nachthemd bauschte sich um ihre Knie, und ihr Haar stand in alle Richtungen ab. Die Unruhe in ihrem Blick schwand ein wenig, als sie lächelte.
„Aye, ich habe es wahrhaft satt, es mit mir herumzutragen. Ich hätte es lieber auf dem Arm als im Bauch.“
Keeley lachte. „Das höre ich von vielen Frauen, die vor der Niederkunft stehen.“
Behutsam legte sie ihr Zubehör, das sie im gerafften Rock hergetragen hatte, auf einer Truhe ab und trat zum Bett. Sie setzte sich auf die Kante und wandte sich Mairin zu.
„Wann haben die Wehen eingesetzt? Kommen sie in regelmäßigen Abständen ?“
Mairin legte
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