Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
sagte sie.
    »Das war doch eine Selbstverständlichkeit«, gab Matteo zur Antwort. Er rückte näher an Angelina heran. Sie rutschte ein Stück weiter. Er fasste nach ihrer Hand, die sie ihm widerwillig überließ. Sie durfte ihn nicht erzürnen, sonst schickte er sie vielleicht nach Florenz zurück. Angelina fiel ihr Vater ein, der so oft anderen Frauen schöne Augen machte, zum Leidwesen ihrer Mutter, und sie musste unfreiwillig lächeln. Etwas wie Heimweh stieg in ihr auf.
    »Ich glaube, wir werden einen schönen Sommer hier verbringen«, plauderte Matteo weiter. Seine Hand wanderte an ihrem Arm hinauf. Angelina versuchte sich ihm zu entziehen.
    »Sei doch ein wenig nett zu mir«, bat Matteo. Er zog sie an sich und drückte seinen feuchten Mund auf ihre Lippen. Hatte es im Gebüsch geknackt? Was, wenn Francesco ihr gefolgt wäre und sie nun mit Matteo in einer unzweideutigen Pose sah? Angelina versuchte sich loszumachen, doch Matteo drückte sie desto heftiger an sich.
    |114| »Lasst mich, ich bin nicht so eine, für die Ihr mich zu halten scheint!«, presste sie hervor. Er ließ sie jäh los.
    »Nein, Angelina, ich halte Euch für ein ehrbares Mädchen aus gutem Hause. Verzeiht mein Ungestüm. Ich glaube, ich habe mich ein wenig in Euch verliebt.« Angelina stand auf und strich ihr Kleid glatt. Inzwischen war die Dämmerung herabgesunken. Vom See her kam eine kühle Brise, Frösche quakten ihr eintöniges Lied.
    »Ich verzeihe Euch, aber ich möchte Euch bitten, mir nicht mehr nahezutreten.«
    Sie sah die Enttäuschung in seinem Gesicht und fügte hinzu: »Ich möchte Eure Freundin sein. Das muss genügen.«
    Er schwieg. Sie hatte ihn gekränkt.
    Nebeneinander kehrten sie zum Haus zurück. Von der überdachten Veranda hing eine Öllampe, die ein freundliches Licht verbreitete. Drinnen empfing sie ein gedeckter Tisch. Francesco sah Angelina lange an und meinte dann: »Ich habe Euch schon vermisst. Ihr wart plötzlich verschwunden. Wir hätten das Tageslicht nutzen und weiter an dem Bild arbeiten können.«
    »Ich wollte eine Zeitlang allein sein«, entgegnete Angelina. Francesco warf einen Blick auf Matteo, sagte jedoch nichts. Sonia und Lucas strahlten. Angelina sah Grashalme in ihren Haaren. Sie hatten einander und fürchteten wohl nichts mehr auf der Welt.
    »Wo warst du so lange?«, fragte Eleonore Scroffa ihren Gatten.
    »Ich war draußen und habe nach den Vorräten gesehen«, erwiderte er ausweichend.
    »Und?«, wollte Eleonore wissen. »Sind genug da?«
    »Es gibt jede Menge Getreide, getrocknete Fische und Bohnen. Gewürze so viel, wie das Herz begehrt. Frische Fische, Gemüse, Fleisch und Milch bekommen wir von den Bauern und Fischern.«
    »Dann können wir den Sommer hier ja wirklich genießen«, bemerkte seine Frau. Sie tauschte einen vielsagenden Blick mit Francesco. Hatten die beiden ein Geheimnis miteinander? Jetzt legte Signora Scroffa auch noch ihre Hand auf Francescos Arm.
    »Aber gewiss, Eleonore«, sagte Francesco und schaute seiner |115| Cousine in die Augen. »Wir Männer könnten
Civettino
spielen, dabei nach Herzenslust ringen und fechten. Und wenn es hier Bälle gibt, können wir uns auch mit
Pelota
vergnügen.«
    »Wir werden uns gegenseitig Geschichten erzählen«, fuhr Eleonore fort, »wie weiland die Gesellschaft Boccaccios, die sich auf ein Landgut bei Florenz zurückgezogen hatte, um der Pest des Jahres 1348 zu entgehen.«
    Angelina war zutiefst verunsichert. Sie kannte Boccaccios »Decamerone« und wusste, dass die Geschichten recht anzüglich waren. In was für eine Lage war sie nur geraten! Und es gab keine Möglichkeit, ihr zu entfliehen. Wieder überkam sie ein Gefühl der Angst. Woher kam das nur, was hatte sie denn zu befürchten? Nach dem Essen verlangte Matteo nach einem Süßwein, den er stets nach Beendigung des Mahles zu sich nahm. Die Dienerin brachte einen Krug und einen Becher.
    »Ich werde mich ein wenig hinlegen«, verkündete er. »Später können wir noch zusammensitzen, uns unterhalten und spielen.« Er nahm den Becher und zog sich auf sein Zimmer zurück. Die Dienerin räumte den Tisch ab. Angelina wollte sich gerade verabschieden, als ein polterndes Geräusch aus Matteos und Eleonores Schlafzimmer ertönte.

|116| 13.
    Am Abend des zweiten Tages seiner Reise erreichte Domenian die Stadt Siena. Hier war die heilige Katharina von Siena geboren worden, die dem Papst Widerstand entgegensetzte, so wie es heute Savonarola tat. Domenian eilte durch die Gassen und an den

Weitere Kostenlose Bücher