Die Hure von Bremen - historischer Kriminalroman
fragte Lena.
»Dass du errötest.«
»Denkst du, ich habe keine Gefühle mehr, nur weil ich eine Hübschlerin bin?« Es klang gröber als beabsichtigt, aber es verletzte sie, dass die Leute meinten, sie sei hart und würde keine Scham mehr kennen.
»Nein.« Er hob beschwichtigend die Hände. »So meine ich das nicht. Aber deiner Art nach zu urteilen, dachte ich, es macht dir nichts aus und du hättest täglich solche Schmeicheleien erfahren.«
Seine Worte besänftigten Lena. Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Die Schmeicheleien der Freier klingen etwas anders.«
In der Ferne war ein leises Donnern zu hören.
Laurenz blickte in den Himmel. »Vielleicht sollten wir zurückgehen. Außerdem ist es bald Mittag.« Er hielt ihr seine Hand hin, die Lena dankbar ergriff. Mit dem dicken Bauch aufzustehen, fiel ihr von Tag zu Tag schwerer.
Als sie auf den Beinen war, wurde ihr plötzlich schwarz vor Augen, und ein stechender Schmerz zog durch ihren Unterleib, der sie aufstöhnen ließ. Laurenz hielt sie fest.
»Lena! Was ist mit dir?«
Sie atmete langsam ein und aus, ehe sie es wagte, die Augen wieder zu öffnen.
Als sie antworten wollte, fuhr ein weiterer Schmerz durch ihren Leib. Sie zuckte stöhnend zusammen und presste ihre Hände gegen den Bauch. Er war nicht so weich wie sonst, sondern hart wie Stein.
»Da stimmt doch etwas nicht«, sagte Laurenz besorgt. »Ich bringe dich nach Hause.«
Wie zur Bestätigung verlor sie in diesem Augenblick das Fruchtwasser. Erschrocken und beschämt versuchte Lena, ihre Röcke dagegenzuhalten, doch es war zu viel, und schnell waren die Kleider durchnässt. »Es tut mir leid.« Ihre Stimme zitterte vor Panik.
»Es macht mir nichts. Du musst dich nicht entschuldigen. Ich habe schon Geburten gesehen.«
Beherzt nahm er sie auf den Arm und machte sich auf den Rückweg. Ihre Sachen ließ er achtlos zurück.
»Du kannst mich nicht den ganzen Weg tragen. Lass mich laufen«, protestierte Lena zaghaft, obwohl sie fürchtete, dass sie es nicht schaffen würde.
Er schüttelte nur den Kopf und ging unbeirrt weiter. Kleine Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. Lena wischte sie mit der Hand fort. Das Donnern kam näher, bald würde ein Unwetter losbrechen.
In Maries Hütte angekommen, setzte Laurenz sie behutsam auf das Bett.
»Danke. Aber du bist wirklich ein Dickschädel.«
»Ja, das sagt man von mir.« Suchend sah er sich um. »Wo ist die Medizin, die Marie dir gegeben hat?«
Lena deutete auf das Regal, in dem ein Krug stand. »Einen Becher voll gibt sie mir immer.«
»Wogegen ist es?«
»Gegen die Schmerzen, nehme ich an.«
»Hattest du heute schon davon?«, fragte er, während er den Becher füllte.
Lena schüttelte den Kopf. »Nein. Gestern Morgen zuletzt. Wir dachten, es wäre vorbei.« Sie legte die Hand auf ihren gewölbten Leib, und jetzt fiel ihr auf, dass ihr Kind sich den ganzen Vormittag noch nicht gerührt hatte. Mit großen Augen sah sie Laurenz an.
»Was ist?«, fragte er und stellte den Becher hin.
»Ich weiß nicht. Es bewegt sich nicht.«
»Leg dich hin, bis ich mit Marie wieder hier bin.« Er drückte sie vorsichtig hinunter und deckte sie zu. »Sie weiß, was zu tun ist. Hältst du es so lange aus?«
»Ich hoffe es.«
Besorgt sah er auf sie hinunter. »Ich beeile mich, und wenn ich Marie tragen muss.« Damit rannte er los.
Während Lena wartete, tastete sie auf ihrem Bauch herum und hoffte auf eine Regung. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie lauschte mit angehaltenem Atem, doch ihr Kind bewegte sich nicht. Wenn sie allein war, konnte sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen, und heute hieß sie die aufgestauten Tränen mehr als willkommen. Erneut zog es in ihrem Unterleib, und sie stöhnte auf. Als der Schmerz nachließ, griff sie nach der Medizin, trank aus und ließ sich in die Kissen sinken, wo sie bald einschlief, während draußen das Gewitter tobte.
Tücher dampften neben und auf dem Bett, während Marie konzentriert versuchte, das Kind auf die Welt zu holen. Lena hatte so viel Blut verloren, dass sie inzwischen alles nur noch in einem Dämmerzustand wahrnahm. Laurenz stütze ihren Rücken, hielt ihre Hand und streichelte sie. Seine Worte, deren Sinn sie nicht mehr erfassen konnte, wirkten beruhigend, genauso wie die von Marie, die ihr immer wieder bedeutete, mitzuhelfen. Lena tat, was in ihrer Macht stand, aber es war eine schwere Geburt und dauerte Stunde um Stunde.
Als das Kind am nächsten Morgen endlich aus ihrem Körper
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