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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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sein. Doch so, als wenn ein Maler tausendmal
dasselbe Gemälde auf Leinwand bannte und diese tausend Gemälde übereinanderlegte, damit sie sich zu einem Einzigen vereinten, genau so sah Sandro seine Mutter in nur einem einzigen Bild. In der Andacht war ihr Gesicht unveränderlich und alterslos. Die ganze Hochachtung und Liebe, die er seiner Mutter entgegenbrachte, hatte ihren Ursprung in jenen Andachten einer vergangenen Kindheit und in jenem unvergänglichen Gesicht, das sich ihm nun zuwandte.
    »Mein Sohn«, sagte sie und schwieg dann wieder, so als wolle sie warten, bis sich die volle Wirkung dieser Worte entfalten konnte.
    »Wie hast du mich gefunden?«, fragte er.
    Die Frage schien ihr lästig zu sein. »Ich bin dir nachgegangen, als du und dieser Hauptmann das Haus der Farnese verlassen habt. Ich hatte gehofft, du wirst im hereinbrechenden Abend eine Andacht halten, und ich sehe mit Freude, dass du dir deine Frömmigkeit bewahrt hast. Mein Sohn, es ist für mich ein Augenblick des Glücks. Du und ich im Haus des Herrn und vereint im Gebet, so wie früher. Alles so wie früher.«
    Es wäre unpassend gewesen, ihr jetzt zu gestehen, dass er damals nicht im Entferntesten an Gott gedacht, geschweige denn zu ihm gesprochen hatte. Er hatte sich über die Nähe seiner Mutter gefreut und sie in ihrer Andacht beobachtet.
    »Stille Stunden«, fuhr sie fort, »sind die erhabensten Stunden eines Lebens, und wir hatten ihrer viele, du und ich, im Angesicht Gottes. Unsere Andachten waren mir immer eine Quelle der Inspiration und Kraft, aus ihnen schöpfte ich himmlischen Rat, wenn ich einmal nicht mehr weiterwusste. Im Gebet erfuhr ich, dass dein Leben Gott geweiht ist. Im Gebet erfuhr ich den Trost, dass Gott dir deine Sünden und Laster vergeben habe, und die Hoffnung, dich eines Tages wiederzusehen und in dir das Ebenbild eines guten und heiligen Menschen zu
erblicken. Mein Leben ist reich und nützlich geworden durch das, was Gott, mit meiner bescheidenen Hilfe, aus dir gemacht hat. Setze diesen Weg fort, Sandro, und du wirst sehen, dass der Herr dich dafür belohnen wird. Weiche nicht ab. Über die Prüfungen und Versuchungen, denen der Mensch ausgesetzt ist, musst du hinwegschreiten wie über einen Aschenhaufen. Vertraue allein auf IHN, denn die Menschen sind übel.«
    Sie wandte ihren Blick wieder dem Altar zu, wobei sie lächelte wie jemand, der seine Aufgabe erfüllt hat und sich des Lobes eines Höheren erfreut.
    Sandro ließ die Worte seiner Mutter einen Moment auf sich wirken, dann sagte er: »Wieso habe ich das Gefühl, Mutter, dass du eben nicht allgemein gesprochen, sondern etwas sehr Konkretes gemeint hast?«
    »Ich vertraue darauf, dass du die Gefahren, von denen ich sprach, selbst erkennst. Das Gebet ist der Schlüssel zu jeder Erkenntnis. Bete, Sandro, und du wirst mit dem Herzen sehen.«
    »Schon, aber … Es muss doch einen Grund geben, warum du mir das gerade heute sagst?«
    »Eine Mutter spürt, wenn der Sohn ihre Hilfe braucht. Du bist in großer Not, Sandro. Dein Leben bewegt sich fort von der heiligen Pflicht, die du eingegangen bist. Oh, ich weiß, du trägst keine Schuld daran. Schuld hat diese unheilige, verrottete Stadt, an der schon Petrus einst verzweifelte, und seine Nachfolger sind ihr fast ausnahmslos erlegen. Geh fort von Rom, Sandro. Widme dich wieder Gottes liebsten Kindern, den Armen und Elenden. Verlasse dein Amt, es birgt keine guten Taten in sich, sondern verdirbt den Charakter.«
    Das war nun schon das zweite Mal, dass seine Mutter das Amt des Visitators schlechtredete.
    »Ich verfolgte unter anderem den Mörder Sebastianos«, sagte er. »Dir liegt doch gewiss daran, dass dieses Verbrechen gesühnt wird.«

    »Wer weiß, in was Sebastiano verwickelt war. Womöglich ist er mit schuld an seinem Tod.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann wird Gott ihn gnädig aufnehmen in den Schoß des …«
    »Mutter, so geht das nicht«, unterbrach er sie. »Wenn wir allein darauf vertrauen, dass Gott alles in Ordnung bringt, bricht das Chaos aus. Es ist zwar Gottes Aufgabe, zu strafen, aber es ist Aufgabe der Menschen, dem Gesetz Gottes Achtung zu verschaffen.«
    »Indem du einem Oberhirten dienst, der Gottes Gesetze jeden Tag aufs Gröbste verspottet?« Sie wandte sich dem Altar zu und bekreuzigte sich dreimal. Ihr Atem wurde unregelmä ßig, und sie schwankte.
    Ihm wurde das Herz schwer. »Mutter«, sagte er. »Mama.«
    »Es ist gut, Sandro. Es – es geht schon wieder.« Sie streichelte über sein

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