Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
festzuhalten, während Elisa die Liturgie der Totenmesse so präzise beherrschte und nachvollzog, als würde sie stricken – ganz sicher dachte sie mehr daran, die Gebete korrekt zu sprechen, als dem toten jungen Mann ein warmes, stilles Lebewohl zu sagen. Alfonso war zumindest dem Anschein nach ein Ausbund von Würde, wenngleich er den Blick ins Grab vermied und fast die ganze Zeit zu Ranuccio auf der anderen Seite des Grabes sah. Oder war es Francesca, die seine Aufmerksamkeit fesselte? Sie war die Einzige des engeren Familienkreises, der die Erschütterung im Gesicht geschrieben stand. Obschon nur die Schwester des Toten, wirkte sie wie eine Witwe, in Trauer erstarrt. Ihre einzigen Bewegungen bestanden darin, Ranuccios Hand abzuschütteln, der immer aufs Neue versuchte, die ihre zu ergreifen.

    Sandro stand etwas entfernt im Schatten eines Lindenbaums voller junger Triebe, von wo aus er alles gut verfolgen konnte, ohne selbst aufzufallen.
    Jemand klopfte ihm von hinten auf die Schulter, und noch bevor er sich umdrehte, erkannte er am Geruch, um wen es sich handelte.
    »Forli! Ihr kommt spät.«
    »Woher wusstet Ihr, dass ich es bin?«
    Der Hauptmann hatte seit Tagen seine Uniform nicht gewechselt. »Weil – weil wir uns für die Beerdigung verabredet haben. Wo wart Ihr so lange? Und sprecht leiser, wir sind auf einer Beerdigung.«
    »Nun quengelt doch nicht andauernd. Ihr genießt es wohl sehr, den Anführer zu spielen. Wie seht Ihr überhaupt aus? Eure Kutte ist schmutzig wie ein Lumpen.«
    »Ein – Unfall.«
    »Ihr seid ein Tollpatsch, Carissimi.« Forli holte ein Papier hervor, auf dem er sich Notizen gemacht hatte. Es raschelte wie ein Wald voll trockenen Laubs, sodass sich einige der Trauergäste, die nur ein paar Schritte entfernt standen, gestört fühlten.
    Sandro schloss die Augen und versuchte sich einzureden, dass Jesuiten duldsame Menschen waren, die sich niemals, niemals aus der Ruhe bringen ließen. Der Versuch scheiterte.
    »Forli«, flüsterte er, »es gibt Regimenter, die Städte belagern und dabei weniger Lärm machen als Ihr mit einem kleinen Stück Papier in der Hand. Sagt endlich, was Ihr herausgefunden habt.«
    Forli lächelte. »Heute zieht Ihr ganz ordentlich vom Leder, was? Ihr werdet bestimmt einmal ein Furcht erregender Abt.« Er hielt sich das Papier vor die Augen und las aus seinem Gekrakel ab. »Zunächst habe ich, wie abgesprochen, ein paar der Leute besucht, die auf Maddalenas Kundenliste standen,
und zwar Leo Galloppi, Mario Mariano und Rinaldo Palestra. Sie geben alle zu, Maddalena gekannt und bezahlt zu haben, und sie behaupten ausnahmslos, sie seien von ihr erpresst worden, nachdem sie ihre Liebesdienste in Anspruch genommen hatten.«
    »Also hat uns das nicht weitergebracht.«
    »Was Galloppi und Palestra betrifft, kann ich mir kein Urteil erlauben, aber Mariano glaube ich kein Wort.«
    »Warum?«
    »Er ist zweiundachtzig Jahre alt, und er sieht aus wie jemand, dessen Herz dreimal am Tag schlägt, nicht öfter. Er war noch nicht einmal in der Lage, aufzustehen, um mich zu begrüßen. Der hätte keine zehn Minuten mit Maddalena Nera überlebt, es sei denn, er hat sie nur kommen lassen, damit sie ihm ein paar schlüpfrige Sonette vor dem Einschlafen vorliest, und selbst die hätten ihm das bisschen Puste genommen, über das er noch verfügt. Falls er überhaupt erpresst wurde – ich sage, falls -, dann nicht, weil er mit ihr geschlafen hat.«
    Forli blätterte das Papier geräuschvoll um, was Sandro erneut dazu brachte, die Augen zu schließen.
    »So«, sagte Forli, »und dann habe ich das Bankhaus Augusta überprüft. Es ist …«
    Die männlichen Mitglieder der Trauergemeinde und auch Sandro sanken auf die Knie, als der Priester den letzten Segen erteilte. Als Forli keine Anstalten machte, ebenfalls niederzuknien, zog er Sandro am Ärmel nach unten.
    »Verdammte Kriecherei«, schimpfte Forli und spuckte auf den Boden. »Davon wird der arme Junge nicht wieder lebendig.«
    »Von Flüchen und Spucke aber auch nicht«, parierte Sandro, senkte den Kopf und betete. Aus den Augenwinkeln blickte er dann und wann zu Forli, der mit der Demut eines kleinen Kindes die Hände vor der Brust gefaltet hatte. Sandro lächelte
fast über das kurzzeitig gezähmte Raubein neben ihm. Er war froh, dass der große Streit zwischen ihnen vorbei und erledigt war. Der Fall hatte allzu lange unter ihrem gegenseitigen Misstrauen gelitten, aber Sandro war auch persönlich erleichtert, dass sie endlich

Weitere Kostenlose Bücher