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Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom

Titel: Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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unbeantwortet.
    »Das ist nett«, rief er.
    Da war er jedoch schon von der Nacht verschluckt worden.

20
    Informationen über die Hure Carlotta da Rimini sammeln. Es war fast schon Morgengrauen, als er die alten Ziegel des verfallenen Gemäuers auf dem Palatin beiseiteräumte und in den Hohlraum blickte. Er staunte – nicht, weil etwas darin lag, sondern weil etwas anderes als ein Holzkreuz darin lag. Informationen über die Hure Carlotta da Rimini sammeln. Das stand auf einem Zettel.
    Ein ungewöhnlicher Auftrag für ihn, den Todesengel. Der Vatikan verfügte allein in Rom über eine kleine Armee von Spitzeln, die jeden Klatsch wie Schwämme aufsaugten und dem Umfeld des Papstes im Allgemeinen und Massa im Speziellen zutrugen. Wenn Massa keinen von ihnen mit dem Auftrag betraute, hatte er zwei gute Gründe dafür.
    Erstens ging es diesmal vermutlich darum, Informationen gezielt und nicht so wahllos und willkürlich zu sammeln, wie die meisten der Spitzel es zu tun pflegten, die ihr Ohr hierhin und dorthin hielten, ohne Sinn und Verstand, einfach nur, um irgendetwas zu haben, das sie an Massa verkaufen konnten. Solche Leute waren für ihn Kanalratten: schlau, aber nicht intelligent.
    Zweitens war anzunehmen, dass dem heutigen Spitzelauftrag schon bald ein Mordauftrag folgen würde, falls die gesammelten Informationen diese Notwendigkeit ergaben.
    Er lächelte. Endlich gab es wieder etwas zu tun für ihn.
    Er verließ den Palatin und ging auf dem schnellsten Weg zu dem nahe gelegenen Quartier einer der »Kanalratten«, um einen Teil des Auftrags an ihn zu delegieren. Das war leider nötig, denn jemand musste sich in den Hurenhäusern der Stadt nach Carlottas Vergangenheit erkundigen, und zwar jemand, den man in diesen Häusern nicht kannte, damit keine Spur zurückverfolgt
werden konnte. Von demjenigen, an dessen Tür er klopfte, wusste er, dass er nie zu den Huren ging.
    Ihm selbst war es nicht möglich, in den Hurenhäusern Erkundigungen über Carlotta da Rimini einzuziehen. Nicht nur, dass man ihn dort kannte.
    Er und Carlotta kannten sich.

Vierter Tag

21
    Sandro erwachte von einem Rütteln an seiner Schulter und von einer nervösen Stimme, die immerzu »Exzellenz, Exzellenz« und zwischendurch »Seine Heiligkeit« rief. Als er die Augen aufschlug, blickte er in das besorgte Gesicht seines Dieners Angelo. Er schien in jedes Wort, das er sagte, die gesamte Luft eines Atemzuges zu stecken.
    »Exzellenz«, rief er. »Exzellenz. Ein Mord. Ein Mord.«
    Sandro richtete sich im Bett auf. Sein Kopf brummte. Zwar hatte er vergangene Nacht keinen einzigen Schluck Wein getrunken, aber genau das war vielleicht der Grund für den dumpfen Kopfschmerz. Auch sein Kinn tat noch weh von den Schlägen, die er hatte einstecken müssen. Gestern hatte er so manchen Schlag eingesteckt, und es schien, als würde der heutige Tag mit einem weiteren beginnen.
    »Exzellenz! Exzellenz, ein schreckliches Verbrechen ist geschehen. Seine Heiligkeit … Er ist …«
    Sandro riss die vom Schlaf verklebten Augen auf. »Was sagst du da?«
    Binnen eines Augenblicks wurde Sandro von den verschiedensten Gefühlen durchströmt. Es hätte nicht so sein sollen, aber im Moment nach der ersten Überraschung war er ein bisschen erleichtert, sogar hoffnungsfroh. Der Tod Julius III. würde es ihm vielleicht ermöglichen, den Orden zu verlassen und von seinen Gelübden entbunden zu werden, wie er es in Trient bereits vorgehabt hatte. Er dachte an Antonia, an das Entsetzen in ihrem Gesicht, als er ihr damals gesagt hatte, dass
er weiterhin Jesuit bleiben würde, an die Anstrengung, mit der sie versucht hatte, die Fassung zu bewahren, und er dachte an ihren Jubel, wenn er ihr mitteilte, dass er fortan frei sei. Gestört wurde seine Erleichterung von Abgesandten des schlechten Gewissens, die es abscheulich fanden, dass er sich über den Tod eines Menschen freute. Und schließlich kam noch ein Gefühl hinzu: Angst. Falls die Ermordung des Papstes im Zusammenhang mit der Ermordung Maddalenas stand, dann hatte er nichts zu lachen. Sündenböcke waren die am häufigsten erlegte Tierart innerhalb der Mauern des Vatikans.
    »Ich muss sofort mit Kardinal Quirini sprechen«, murmelte er zu sich selbst. Der Leiter der Apostolischen Kammer war in Zeiten der Sedisvakanz, also der Nichtbesetzung des Papstthrons, der Regent des Kirchenstaates. Wenn Sandro nicht einer Intrige Massas zum Opfer fallen wollte, musste er sich an Quirini, den zurzeit mächtigsten Mann in Rom,

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