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Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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goldgerahmten Spiegel und kämmte sorgfältig sein langes rotblondes Haar. Dann schob er die wallende Pracht mit geschickten Händen unter ein perlenbesticktes Haarnetz, wie es momentan in der aristokratischen Herrenmode besonders en vogue war, und betrachtete selbstverliebt sein Spiegelbild. Sein blasses, bartloses Gesicht war von androgyner Schönheit, was ihm sehr entgegenkam, denn das, was sich in seinem Äußeren zeigte, entsprach auch seinen Neigungen. Er liebte nun einmal beide Geschlechter. – Der Satan ist immer bisexuell! – Und er hatte wie dieser einen Zug nach der Tiefe.
    Den heutigen Abend gedachte er mit Rabanus von Grüneburg zu verbringen, und wenn er nur an dessen geschmeidigen, sehnigen Jungenkörper dachte, geriet er schon in Wallung. Lüstern leckte er sich die Lippen, als ihn das Schellen der Türglocke aus seinen Tagträumen riss. Mit einem ungehaltenen Seufzer fuhr er mit der Körperpflege fort.
    Gerade als er die rubinrote Glasphiole entkorkt hatte, um sich Patschuliöl an die Schläfen zu tupfen, klopfte es an der Tür, und ein Diener meldete ihm: »Die Jungfer Schlosserin ist unten in der Halle und möchte den jungen Herrn sprechen.«
    »Warum bringst du sie denn nicht herauf?«, schnaubte Johannes.
    »Sie bittet darum, dass Ihr herunterkommen möget. Es sei sehr dringlich.«
    Johannes folgte dem Domestiken nach unten. »Du kannst gehen«, beschied er ihm vor dem Durchgang zur Halle und eilte auf Susanne Schlosser zu, die er schon seit Kindertagen kannte und die eine seiner engsten Freundinnen war.
    Flüchtig küsste er ihr die Wangen und musste feststellen, dass sie feucht von Tränen waren. Er blickte sie verwundert an und erkundigte sich, was ihr fehle.
    »Es ist was ganz Schlimmes passiert!«, stammelte Susanne aufgelöst.
    »Was denn?«, fragte Johannes ärgerlich. »Ich bin mit Rabanus verabredet und muss gleich weg …«
    »Natürlich musst du gleich weg. Aber nicht zu Rabanus!«
    Erst jetzt bemerkte der Jüngling zu seinem Erstaunen, dass die Haustür nur angelehnt war. In diesem Moment wurde sie aufgestoßen, und der Anblick des Frauenhausknechts, der mit seiner wuchtigen Statur den ganzen Türrahmen ausfüllte, verschlug ihm fast den Atem.
    Zielstrebig kam der muskulöse Hüne auf ihn zu und knurrte bedrohlich: »Du kommst jetzt auf der Stelle mit, du Äffchen! Und keinen Muckser, hast du gehört? Sonst dreh ich dir den Hals um!«
    Um seiner Drohung Nachdruck zu verleihen, packte Josef Johannes am Kragen seiner Samtjacke und schleifte ihn wie eine Spielzeugpuppe zum Ausgang.

    An der Tür des Frauenhauses zischte Johannes seiner Freundin Susanne zu: »Du sagst jetzt kein Wort mehr – Verräterin!« Dann wurden die jungen Leute vom Frauenhausknecht über die Schwelle komplimentiert.
    »Mädels, geht bitte auf eure Zimmer. Alles Weitere erkläre ich euch später«, instruierte die Zimmerin die Huren und die schlaue Grid, die den Neuankömmlingen in der Wohnstube verwundert entgegenblickten.
    Nachdem die Hübscherinnen den Aufenthaltsraum verlassen hatten, zog die Zimmerin die Vorhänge zu und setzte sich dem jungen Paar gegenüber an den Tisch, damit sie die beiden während des Verhörs im Blick hatte. Ohne Umschweife fragte sie: »Habt ihr unsere Gildeschwester bei eurer Teufelsmesse in der Nacht zum 22. Juli zu Tode gefoltert und sie dann in den Main geworfen?«
    Anstelle einer sofortigen Antwort bedachte der junge Mann die Zimmerin mit einem Blick, aus dem abgrundtiefe Verachtung sprach.
    »Ich spreche nicht mit einer Hure!«, schnaubte er hochmütig, woraufhin ihm Ursel eine schallende Ohrfeige gab.
    »Mir reicht es jetzt, du arroganter Rotzlöffel! – Josef, du gehst jetzt sofort ins Leinwandhaus und meldest der Bürgerpolizei, dass wir hier zwei Teufelsanbeter haben, die hochgradig verdächtig sind, den Mord an Rosi begangen zu haben«, rief sie wütend.
    Josef, der schon aufgesprungen war, um Johannes in den Schwitzkasten zu nehmen, hielt inne. »Ich kann Euch doch mit diesen Satansjüngern nicht alleine lassen!«, stieß er hervor.
    Die Zimmerin lachte höhnisch. »Meinst du, ich fürchte mich vor diesen zwei Fratzen? Mit denen werde ich schon noch alleine fertig! Sperr die Tür hinter dir ab und verriegle draußen die Läden, damit sie uns nicht stiften gehen. Und dann mach dich auf den Weg!«
    Als die jungen Leute merkten, dass es der Hurenkönigin ernst war, brach die Jungfer Schlosserin in Tränen aus und flehte: »Bitte, Herr, bleibt hier! Wir haben sie nicht

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