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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Diesen Eindruck hatten übrigens auch andere von uns. Er hat Uffsteiner sogar damit gedroht, ihn zu ermorden. ›Wenn das Geschäft mit dem Fugger platzt, mach ich dich kalt‹, hat Neuhof seinem Schwager entgegengebrüllt – und am nächsten Morgen war er tot. So, das war’s, mehr habe ich nicht zu sagen«, erklärte die Zimmerin und verschränkte resolut die Arme vor der Brust.
    »Und sonst ist Euch nichts aufgefallen?«, fragte sie der Untersuchungsrichter mit finsterer Miene.
    »Nein!«, erwiderte Ursel nachdrücklich. »Aber ich denke, das ist ja auch genug.«
    »In der Tat«, konstatierte Fauerbach und zog nachdenklich die Stirn in Falten. Dann bat er die Hurenkönigin, ihre Unterschrift zu leisten.
    Nachdem Ursel mit ungelenker Schrift ihren Namenszug unter das Schriftstück gesetzt hatte, sah sie den jungen Richter forschend an und bemerkte: »Erstaunlich. Ich meine, erstaunlich, dass Ihr das alles aufgenommen und mich nicht gleich abgeschmettert habt. Euer Vorgänger hätte das mit Sicherheit getan – mit den Standespersonen wollte er es sich nicht verderben. Er hat immer brav den Kopf in den Sand gesteckt, wenn es darum ging, in den vornehmen Kreisen Staub aufzuwirbeln …«, sagte Ursel abfällig.
    In Martin Fauerbachs Augen war ein zorniges Glitzern getreten. »An meiner Fakultät hat man mich gelehrt, das Recht ohne Ansehen der Person nach sorgfältiger Abwägung der Sachlage mit der notwendigen Härte durchzusetzen. Nichts anderes ist mein Bestreben«, erklärte er barsch und packte seine Unterlagen in die Aktenmappe.
    »Alle Achtung«, bemerkte die Hurenkönigin sarkastisch. »Das ist ja mal was ganz Neues. Bisher hatte ich eher den Eindruck, dass nur diejenigen recht bekommen, die sich das auch leisten können.« Sie bewegte Daumen und Zeigefinger, als würde sie Geld zählen.
    »Davon will ich nichts wissen!«, schnaubte der Jurist aufgebracht.
    Ursel musste unversehens grinsen. »Wisst Ihr was?«, stieß sie hervor. »Das glaube ich Euch sogar!«
    Fauerbach war gerade dabei, seinen Mantel anzulegen, als ihn die Hurenkönigin mit angespannter Miene fragte: »Und was wird jetzt mit Alma? Wie lange wollt Ihr sie noch gefangen halten?«
    »So lange, bis ich von ihrer Unschuld überzeugt bin«, knarzte Fauerbach unmutig.
    »Aha«, erwiderte Ursel spitz. »Ihr geht also immer noch davon aus, dass sie es war.«
    »Sie ist jedenfalls hochgradig verdächtig. Ob sie tatsächlich schuldig ist, muss sich erst erweisen. Ich werde sie morgen einem peinlichen Verhör unterziehen lassen, dann werden wir ja weitersehen.«
    Ursel starrte ihn entsetzt an. »Was ein auf diese Weise herausgepresstes Geständnis wert ist, sollte Euch als Juristen doch hinlänglich bekannt sein«, rief sie empört. »Unter der Folter gesteht doch jeder, egal ob er schuldig oder unschuldig ist.«
    »Was versteht denn eine Hure schon vom Strafrecht!«, blaffte der Richter hochnäsig.
    Die Hurenkönigin richtete sich auf und funkelte den Juristen wütend an. »Immerhin so viel, dass die Justiz blind ist, wenn es um die Belange von Huren geht«, zischte sie höhnisch. »Trägt sie nicht auch eine Augenbinde, Eure feine Justitia?«
    Der junge Doktor zuckte zusammen, als hätte ihn ein Peitschenhieb getroffen. »So etwas muss ich mir von Euch nicht sagen lassen!«, fuhr er sie an.
    »Dann beweist mir das Gegenteil!«, entgegnete Ursel.
    »Ich muss Euch nichts beweisen«, erwiderte Fauerbach eisig. »Ich werde allen Spuren sorgfältig nachgehen, wie es meine Aufgabe ist.« Grußlos eilte er davon.

    Es war für die Polizeibüttel gar nicht leicht gewesen, die beiden städtischen Fuhrleute ausfindig zu machen, welche die Ratsherren und den Bürgermeister in der Mordnacht vom Frauenhaus abgeholt und nach Hause gefahren hatten.
    Den jungen Karl Scherzberg hatte einer der Stangenknechte im Sachsenhäuser Forst angetroffen, wo er gerade dabei war, gefällte Baumstämme mit einem vierspännigen Ochsengespann zum städtischen Rahmhof zu transportieren. Als der Stangenknecht dem verdutzten Manne befahl, er solle alles stehen und liegen lassen und ihm umgehend zur Polizeiwache folgen, weil ihn der Untersuchungsrichter einer Befragung unterziehen wolle, erkundigte sich Scherzberg erschrocken, was er denn verbrochen habe. Nur widerwillig schloss er sich dem Schergen an.
    Eberhard Dinges, der gerade mit einem Planwagen voller Heringsfässer aus Norddeutschland die Friedbergerstraße herunterfuhr und sich nach der langen, beschwerlichen Fahrt schon auf

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