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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Ziel, das Phänomen der Zeitgezeiten, die Merlins Krankheit über Rachel gebracht hatten, zu isolieren und zu verstehen. Eine bedeutende Entwicklung war die Entscheidung des Protektorats der Hegemonie, dieser Expedition einen Farcastertransmitter mitzugeben, der im Konsulat der Hegemonie in Keats installiert werden sollte. Dennoch würden mehr als drei Jahre Netzzeit vergehen, bis die Expedition auf Hyperion eintraf. Sols erster Instinkt war, Arundez und sein Team zu begleiten – sicherlich wären in jedem Holodrama die Hauptpersonen zum Ort des Geschehens zurückgekehrt. Aber Sol überwand diesen anfänglichen Impuls schon nach den ersten paar Minuten. Er war Historiker und Philosoph; sein Beitrag zu der Expedition konnte bestenfalls minimal sein. Rachel verfügte immer noch über das Interesse und die Fähigkeiten einer gut ausgebildeten künftigen Archäologin vor dem Examen, aber diese Fähigkeiten wurden mit jedem Tag ein klein wenig geringer, und Sol sah keinen Nutzen darin, wenn sie an den Schauplatz des Geschehens zurückkehrte. Jeder Tag wäre ein Schock, wenn sie auf einer fremden Welt erwachte – bei einem Unternehmen, das Fähigkeiten erforderte, die ihr unbekannt waren. Das würde Sarai nie zulassen.
    Sol legte das Buch beiseite, an dem er arbeitete – eine Analyse von Kierkegaards Theorien der Ethik als Bloßstellung der in der Rechtsprechung der Hegemonie angewandten Moral und konzentrierte sich darauf, eine Vielzahl Daten über die Zeit, über Hyperion und über die Geschichte Abrahams zu sammeln.
    Monate, die er damit verbrachte, seinen gewohnten Geschäften nachzugehen und Informationen zu sammeln, trugen wenig dazu bei, seinem Verlangen nach Taten Rechnung zu tragen. Gelegentlich reagierte er seine Frustration an den medizinischen und wissenschaftlichen Spezialisten ab, die Rachel untersuchen kamen wie Pilger, die zu einem heiligen Schrein zogen.
    »Verdammt, wie kann das sein?« schrie er einen kleinen Spezialisten an, der den Fehler gemacht hatte, den Vater der Patientin überheblich und väterlich zugleich zu behandeln. Der Kopf des Arztes war so haarlos, daß sein Gesicht wie Linien aussah, die auf eine Billardkugel aufgemalt worden waren. »Sie wird kleiner!« brüllte Sol und zwang den zurückweichenden Experten förmlich, ihm zuzuhören. »Niemand kann es sehen, aber die Knochenmasse nimmt ab. Wie kann sie nur wieder zum Kind werden? Wie verträgt sich das mit dem Gesetz von der Erhaltung der Masse?«
    Der Experte hatte den Mund bewegt, war aber zu eingeschüchtert zum Sprechen gewesen. Sein bärtiger Kollege antwortete für ihn. »M. Weintraub«, sagte er, »Sir. Sie müssen verstehen, Ihre Tochter bewohnt momentan ... äh ... ich betrachte es als lokale Region umgekehrter Entropie.«
    Sol wirbelte zu dem anderen Mann herum. »Soll das heißen, sie steckt lediglich in einer Kugel des Rücklaufs fest?«
    »Ah ... nein«, sagte der Kollege und rieb sich nervös das Kinn. »Ein besserer Vergleich ist vielleicht ... der Lebens/Stoffwechsel-Mechanismus wurde umgekehrt ... zumindest biologisch ... äh ...«
    »Unsinn«, schnauzte Sol ihn an. »Sie ernährt sich nicht von Ausscheidungen oder würgt ihr Essen hoch. Und was ist mit der neurologischen Aktivität? Wenn man elektrochemische Impulse umkehrt, bekommt man Unsinn. Ihr Gehirn arbeitet, meine Herren ... nur ihre Erinnerung verschwindet. Warum, meine Herren, warum?«
    Der Spezialist fand endlich die Stimme wieder. »Wir wissen nicht, warum, M. Weintraub. Mathematisch gesehen gleicht der Körper Ihrer Tochter einer zeitverkehrten Gleichung ... oder möglicherweise einem Objekt, das ein sich rasch drehendes Schwarzes Loch passiert hat. Wir wissen nicht, wie das passiert ist oder warum das physikalisch Unmögliche in diesem Augenblick geschieht, M. Weintraub. Wir wissen einfach nicht genug.«
    Sol schüttelte jedem Mann die Hand. »Ausgezeichnet. Mehr wollte ich gar nicht wissen, meine Herren. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Heimreise.«
     
    An Rachels einundzwanzigstem Geburtstag kam sie eine Stunde, nachdem alle zu Bett gegangen waren, an Sols Tür. »Daddy?« »Was ist, Kleines?« Sol zog den Morgenmantel an und kam zu ihr zur Tür. »Kannst du nicht schlafen?«
    »Ich habe seit zwei Tagen nicht geschlafen«, flüsterte sie. »Ich habe Hallowach genommen, damit ich alle Informationen durchgehen konnte, die ich im ›Was will ich wissen?‹-Archiv gespeichert habe.«
    Sol nickte.
    »Daddy, würdest du mit mir nach unten kommen, was

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