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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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abgesehen vom Leuchten ihres phosphoreszierenden Kielwassers. Dunkle Schemen glitten durch die milchigen Wogen. Ich klopfte Mike auf die Schulter und deutete nach unten.
    »Delphine!« rief er. »Darum ging es bei dieser Kolonie, weißt du nicht mehr? Ein paar Wohltäter wollten während der Hegira sämtliche Meeressäugetiere der Alten Erde retten. Ist ihnen nicht gelungen.«
    Ich hätte noch eine Frage gerufen, aber in diesem Augenblick kamen das Festland und Firstsite Harbor in Sicht.
    Ich hatte gedacht, die Sterne über Maui-Covenant wären strahlend. Ich hatte gedacht, die schwimmenden Inseln mit ihrem farbenfrohen Schauspiel wären denkwürdig. Aber die Stadt Firstsite, die zwischen dem Hafen und den Hügeln lag, war ein leuchtendes Fanal in der Nacht. Ihr Gleißen erinnerte mich an ein Schlachtschiff, das ich einmal gesehen hatte, als es vor der dunklen Scheibe eines mürrischen Gasriesen seine eigene Plasmanova erzeugt hatte. Die Stadt war eine sechsschichtige Wabe weißer Gebäude, die allesamt vom warmen Licht von Laternen innen und zahllosen Fackeln außen erhellt wurden. Der weiße Lavafels der vulkanischen Insel selbst schien im Licht der Stadt zu leuchten. Hinter der Stadt standen Zelte, Pavillons, Lagerfeuer, Kochfeuer und gewaltige brennende Scheiterhaufen, die so groß waren, daß sie nur einem erdenklichen Zweck dienen konnten, nämlich als Willkommensgruß für die heimkehrenden Inseln.
    Im Hafen drängten sich die Boote: wippende Katamarane, an deren Masten Kuhglocken läuteten, gewaltige Hausboote mit flachen Böden, die erbaut waren, damit sie in den ruhigen äquatorialen Untiefen von Hafen zu Hafen kriechen konnten, an diesem Abend aber mit funkelnden Lichterketten geschmückt waren, und ab und zu eine seetüchtige Jacht, schlank und funktionell wie ein Hai. Ein Leuchtturm weit draußen am spitzen Ende des Hafenriffs warf seinen Lichtschein weit über das Meer hinaus, erhellte Wellen und Insel gleichermaßen und holte sein Licht dann wieder ein, um das bunte Treiben von Schiffen und Menschen zu beleuchten.
    Selbst aus zwei Kilometern Entfernung konnten wir den Lärm hören. Die Geräuschkulisse der Festivitäten war deutlich vernehmbar. Über die Rufe und das unablässige Rauschen der Brandung erhob sich der unverwechselbare Klang einer Sonate für Bachflöte. Später erfuhr ich, daß dieses Willkommenskonzert mit Hydrophonen zu den Durchgangskanälen übertragen wurde, wo Delphine zu der Musik sprangen und hüpften.
    »Mein Gott, Mike, woher hast du gewußt, daß das hier läuft?«
    »Ich habe den Schiffscomputer gefragt«, sagte Mike. Die Schwebematte schwenkte nach rechts, damit wir von den Schiffen und dem Licht des Leuchtturms fernblieben. Dann näherten wir uns Firstsite wieder von Norden über einer spitzen Landzunge. Ich konnte das leise Rauschen der Wellen in den Untiefen vor uns hören. »Sie veranstalten dieses Fest jedes Jahr«, fuhr Mike fort, »aber dies ist ihre Hundertfünfzigjahrfeier. Die Party dauert schon drei Wochen und soll noch mal zwei dauern. Auf dieser ganzen Welt leben nur rund hundertfünfzigtausend Kolonisten, Merin, und ich wette, die Hälfte davon ist hier und feiert.«
    Wir bremsten, machten einen vorsichtigen Anflug und landeten auf einem Felsenplateau nicht weit vom Strand entfernt. Das Gewitter war im Süden an uns vorbeigezogen, aber Blitze und die fernen Lichter der näherkommenden Inseln zeichneten sich noch am Horizont ab. Die Sterne über uns wurden nicht vom Glanz von Firstsite getrübt, das jenseits der Erhebung lag. Hier war die Luft wärmer, ich konnte den Duft von Hainen im Wind riechen. Wir legten die Schwebematte zusammen und zogen hastig unsere Harlekinskostüme an. Mike steckte den Laserschreiber und die Juwelen in die Taschen.
    »Wozu brauchst du die?« fragte ich, als wir Schwebematte und Rucksack unter einem großen Felsen versteckt hatten.
    »Die?« fragte Mike und ließ ein Kollier von Renaissance an einem Finger baumeln. »Das ist eine Währung, falls wir uns Gunst erkaufen müssen.«
    »Gunst?«
    »Gunst«, wiederholte Mike. »Die Gefälligkeit einer Dame. Trost für einen müden Raumfahrer. Muschis, mein Junge.«
    »Oh«, sagte ich und rückte Maske und Narrenkappe zurecht. Die Glöckchen klingelten leise in der Dunkelheit.
    »Komm mit!« sagte Mike. »Wir versäumen die Party.« Ich nickte und folgte ihm; die Glöckchen klingelten, während wir uns über Fels und Gebüsch dem wartenden Licht näherten.
     
    Ich sitze hier im Sonnenschein

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