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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Pißkopf.«
    »Pißkopf?« fragte Mike immer noch mit hochgezogenen Brauen. »Bin ich zweihundert Lichtjahre weit gereist, nur um mich einen fetten Pißkopf nennen zu lassen? Es scheint mir kaum der Mühe wert gewesen zu sein.« Er drehte sich anmutig und befreite sich dabei von den Frauen. Ich hätte mich da schon zu Mike gesellt, aber Siri hielt meinen Arm krampfhaft fest und flüsterte unerhörte Verlockungen. Als ich mich losgerissen hatte, sah ich, daß Mike immer noch lächelte, immer noch den Narren spielte. Aber er hatte die linke Hand in der ausgebeulten Hosentasche.
    »Gib ihm deine Klinge, Creg!« fauchte Bertol. Einer der jüngeren Männer warf Mike Griff voraus ein Schwert zu. Mike sah zu, wie es in hohem Bogen an ihm vorbeiflog und klirrend auf dem Kopfsteinpflaster landete.
    »Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte Mike mit leiser Stimme, die plötzlich ganz nüchtern war. »Du schwachsinniger Kotzbrocken. Glaubst du wirklich, ich werde Duell mit dir spielen, nur weil du einen Ständer bekommst, wenn du den Helden für diese Tölpel spielst?«
    »Nimm das Schwert«, kreischte Bertol, »oder, bei Gott, ich schlitze dich auf, wo du stehst!« Er ging rasch einen Schritt vorwärts. Das Gesicht des Jugendlichen war vor Wut verzerrt, als er näherkam.
    »Verpiß dich!« sagte Mike. Er hatte den Laserschreiber in den linken Hand.
    »Nein!« schrie ich und rannte ins Licht. Dieser Schreiber wurde von den Konstrukteuren benutzt, um Markierungen auf Metallstreben anzubringen.
    Dann geschah alles sehr schnell. Bertol kam noch einen Schritt näher, und Mike ließ den grünen Strahl fast beiläufig über ihn gleiten. Der Kolonist stieß einen Schrei aus und sprang zurück; eine rauchende schwarze Linie zog sich diagonal über sein Hemd. Ich zögerte. Mike hatte die Energie so gering wie möglich eingestellt. Zwei von Bertols Freunden kamen nach vorne; Mike strich mit dem Lichtstrahl über ihre Schienbeine. Einer sank fluchend auf die Knie, der andere hüpfte heulend davon und hielt sich ein Bein.
    Eine Menge hatte sich eingefunden. Die lachte, als sich Mike erneut verbeugte und die Narrenkappe abzog. »Ich danke Ihnen«, sagte Mike. »Meine Mutter dankt Ihnen.«
    Siris Cousin tobte vor Zorn. Speichel troff ihm von Lippen und Kinn. Ich drängte mich durch die Menge und trat zwischen Mike und den großen Kolonisten.
    »He, beruhigt euch!« sagte ich. »Wir gehen. Wir brechen gleich auf.«
    »Verdammt, Merin, geh mir aus dem Weg!« sagte Mike.
    »Schon gut«, sagte ich, während ich mich zu ihm umdrehte. »Ich bin mit einem Mädchen namens Siri hier, und die hat einen ...« Bertol kam einen Schritt näher und stieß mit dem Schwert an mir vorbei. Ich schlang den linken Arm um seine Schulter und stieß ihn zurück. Er fiel wie ein Sack ins Gras.
    »O Scheiße«, sagte Mike, während er mehrere Schritte zurückwich. Er sah müde und ein wenig angewidert aus, wie er sich auf eine Steinstufe setzte. »Au, verdammt«, sagte er leise. In einem der schwarzen Karos an der linken Seite des Harlekinskostüms war eine kurze rote Linie zu sehen. Vor meinen Augen quoll der kleine Schnitt über, Blut floß über Mike Oshos breiten Bauch.
    »Herrgott, Mike!« Ich riß einen Streifen Stoff von meinem Hemd und versuchte, die Blutung zu stillen. Ich konnte mich an keine Unfallmaßnahme erinnern, die man uns als Mittschiffsleute beigebracht hatte. Ich tastete nach dem Handgelenk, aber mein Komlog war nicht da. Wir hatten sie an Bord der Los Angeles gelassen.
    »Ist nicht so schlimm, Mike«, keuchte ich. »Nur ein kleiner Kratzer.« Das Blut strömte über mein Handgelenk.
    »Es reicht«, sagte Mike. Seine Stimme wurde nur von den starken Schmerzen im Zaum gehalten. »Verdammt. Ein Scheißschwert. Kannst du das glauben, Merin? Im besten Mannesalter von einem verdammten Säbel aus einer beschissenen Groschenoper niedergestreckt. O verdammt, die Schande.«
    »Dreigroschenoper«, sagte ich und nahm die andere Hand. Der Stoff war blutdurchtränkt.
    »Weißt du, was dein Scheißproblem ist, Merin? Du kommst immer mit deinen beschissenen zwei Groschen daher. Auuuuu.« Mikes Gesicht wurde weiß, dann grau. Er ließ das Kinn auf die Brust sinken und holte tief Luft. »Drauf gepfiffen, Junge. Gehen wir heim, hm?«
    Ich sah über die Schulter. Bertol zog langsam mit seinen Freunden ab. Der Rest der Menge hing erschrocken herum. »Ruft einen Arzt!« schrie ich. »Bringt Mediziner her!« Zwei Männer liefen die Straße hinab. Von Siri war nichts zu

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