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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Endgültigkeit, der häufig wiederholten Floskeln und religiösen Litaneien eigen ist.
    »Ich folge dem Kreuz!« schrie ich, als mich die Menge auf die Füße zerrte. Ich packte das Kruzifix, das ich um den Hals trug, und wehrte mich gegen den Druck vieler Arme. Schließlich gelang es mir, das kleine Kreuz über den Kopf zu heben.
    Alpha hielt die Hände hoch, worauf die Menge innehielt. In der plötzlichen Stille konnte ich den Fluß drei Kilometer unten in der Kluft rauschen hören. »Er trägt ein Kreuz«, sagte Alpha.
    Del drängte sich nach vorn. »Aber er gehört nicht zur Kruziform! Ich habe es gesehen. Es war nicht, wie wir gedacht haben. Er gehört nicht zur Kruziform!« Mordlust war aus seiner Stimme herauszuhören.
    Ich verfluchte mich, weil ich unachtsam und dumm gewesen war. Die Zukunft der Kirche hing von meinem Überleben ab, und ich hatte beides weggeworfen, weil ich mich in dem Glauben gewiegt hatte, daß die Bikura dumme, harmlose Kinder seien.
    »Wer dem Kreuz nicht folgt, muß den wahren Tod sterben«, wiederholte Beta. Es war ein endgültiges Urteil.
    Siebzig Hände hoben Steine, als ich brüllend das Wort ergriff und wußte, es war entweder meine letzte Chance oder mein endgültiger Untergang. »Ich war unter der Klippe und habe an eurem Altar gebetet! Ich folge dem Kreuz!«
    Alpha und der Mob zögerten. Ich sah, daß sie sich mit diesem neuen Gedanken quälten. Es war nicht leicht für sie.
    »Ich folge dem Kreuz und möchte zur Kruziform gehören«, sagte ich so ruhig ich konnte. »Ich war an eurem Altar.«
    »Wer dem Kreuz nicht folgt, muß den wahren Tod sterben«, rief Gamma.
    »Aber er folgt dem Kreuz«, sagte Alpha. »Er hat im Saal gebetet.«
    »Das kann nicht sein«, sagte Zed. »Die Fünf Dutzend und Zehn beten dort, und er gehört nicht zu den Fünf Dutzend und Zehn.«
    »Wir haben schon vorher gewußt, daß er nicht zu den Fünf Dutzend und Zehn gehört«, sagte Alpha mit leicht gerunzelter Stirn, während er über das Konzept der Vergangenheit nachdachte.
    »Er gehört nicht zur Kruziform«, sagte Delta-Zwei.
    »Wer nicht zur Kruziform gehört, muß den wahren Tod sterben«, sagte Beta.
    »Er folgt dem Kreuz«, sagte Alpha. »Kann er nicht zur Kruziform gehörig werden?«
    Ein Aufschrei wurde laut. Im allgemeinen Wirrwarr und Drängen von Gestalten wehrte ich mich gegen die Hände, aber sie ließen nicht locker.
    »Er gehört nicht zu den Fünf Dutzend und Zehn und nicht zur Kruziform«, sagte Beta, die sich jetzt mehr verwirrt denn feindselig anhörte. »Wie kann es sein, daß er nicht den wahren Tod sterben soll? Wir müssen die Steine nehmen und seine Kehle aufschlitzen, damit das Blut herausfließt, bis das Herz still steht. Er gehört nicht zur Kruziform.«
    »Er folgt dem Kreuz«, sagte Alpha. »Kann er nicht zur Kruziform gehörig werden?«
    Dieses Mal wurde die Frage mit Schweigen beantwortet.
    »Er folgt dem Kreuz und hat im Saal der Kruziform gebetet«, sagte Alpha. »Er darf den wahren Tod nicht sterben.«
    »Alle sterben den wahren Tod«, sagte ein Bikura, den ich nicht erkannte. Meine Arme taten weh, weil ich das Kruzifix immer noch über den Kopf hielt. »Außer den Fünf Dutzend und Zehn«, endete der anonyme Bikura.
    »Weil sie dem Kreuz gefolgt sind, in dem Saal gebetet haben und zur Kruziform gehörig wurden«, sagte Alpha. »Muß dann nicht auch er zur Kruziform gehörig werden?«
    Ich stand da, hielt fest das kalte Metall des kleinen Kreuzes umklammert und wartete auf ihr Urteil. Ich hatte Angst vor dem Sterben – ich verspürte Angst –, aber der größere Teil meines Verstands schien beinahe unbeteiligt zu sein. Größtes Bedauern empfand ich dafür, daß ich die Nachricht von der Basilika nicht dem ungläubigen Universum kundtun konnte.
    »Kommt, wir werden darüber reden«, sagte Beta zu der Gruppe, dann zerrten sie mich mit sich, als sie schweigend ins Dorf zurückkehrten.
    Sie haben mich hier in meiner Hütte eingesperrt. Ich hatte keine Gelegenheit, nach dem Jagdstrahler zu greifen; einige haben mich festgehalten, während andere den größten Teil meines Besitzes aus der Hütte entfernten. Sie haben mir meine Kleidung weggenommen und mir dafür nur eines ihrer groben Gewänder gebracht, um mich zu bedecken.
    Je länger ich hier sitze, desto wütender und ängstlicher werde ich. Sie haben mein Komlog mitgenommen, den Scanner, Discs, Chips ... alles. Ich habe eine ungeöffnete Kiste mit medizinischen Diagnosegeräten am alten Lagerplatz stehen, aber damit

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