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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Kassad die Geduld hatte, lange genug zuzusehen. Derweil konnten Kassad und Moneta und das Shrike sie alle töten, ohne daß die Ousters überhaupt etwas von dem Angriff mitbekamen.
    Es war nicht fair, wurde Kassad klar. Es war falsch. Es war eine nicht wiedergutzumachende Verletzung des Neuen Bushido und auf seine Art noch schlimmer als die willkürliche Ermordung von Zivilisten. Das Wesen der Ehre lag im Augenblick des Kampfes zwischen Gleichen. Er wollte Moneta das mitteilen, als sie sagte/dachte: – Paß auf!
    Die Zeit setzte mit einer Explosion von Lärm wieder ein, die sich anhörte, als würde Luft in eine Schleuse strömen. Der Vogel kreiste über ihnen. Ein Wüstenwind wehte Staub gegen die statisch aufgeladenen Sperrfelder. Ein Oustersoldat erhob sich von einem Knie, sah das Shrike und die beiden menschlichen Gestalten, kreischte etwas über den taktischen Befehlskanal und hob die Energiewaffe.
    Das Shrike schien sich nicht zu bewegen – Kassad fand, daß es einfach aufhörte, dort zu sein, und hier war. Der Oustersoldat stieß einen zweiten, kürzeren Schrei aus und sah fassungslos an sich hinab, als das Shrike seinen Arm zurückzog, in dessen Klingenhand es das Herz des Mannes hielt. Der Ouster öffnete den Mund zu einem Schrei – dann brach er lautlos zusammen.
    Kassad drehte sich nach rechts und sah sich einem bewaffneten Ouster Auge in Auge gegenüber. Der Soldat hob schwerfällig eine Waffe. Kassad schwang den Arm, spürte, wie das Chromkraftfeld summte und sah, wie seine Handkante glatt durch Rüstung, Helm und Hals schnitt. Der Kopf des Ouster rollte in den Sand.
    Kassad sprang in eine geduckte Haltung und sah, wie sich mehrere Soldaten umdrehten. Die Zeit war immer noch aus den Fugen; der Feind bewegte sich einen Augenblick in extremer Zeitlupe und im nächsten schnellten sie wie ein schadhaftes Holo im schnellen Vorlauf los. Aber sie waren nie so schnell wie Kassad. Seine Gedanken an den Neuen Bushido waren dahin. Dies waren die Barbaren, die versucht hatten, ihn zu töten. Er brach einem Mann das Rückgrat, trat beiseite, stieß starre Chromfinger durch die scheinbar butterweiche Rüstung eines zweiten, zerschmetterte einem dritten den Kehlkopf, duckte sich unter einem Zeitlupenmesser hindurch und durchtrennte dem Messerwerfer mit einem Tritt die Wirbelsäule. Er sprang aus dem Graben hoch.
    – Kassad!
    Kassad duckte sich, der Laserstrahl kroch an seiner Schulter vorbei, brannte sich durch die Luft wie das langsame Feuer an einer Zündschnur aus rubinrotem Licht. Kassad roch Ozon, als der Strahl sich an ihm vorbei quälte. Unmöglich! Ich bin einem Laser ausgewichen! Er hob einen Stein auf und warf ihn nach dem Ouster, der die Höllenpeitsche am Panzer bediente. Ein Ultraschallrohr explodierte, der Schütze wurde nach hinten geschleudert, Kassad zog eine Plasmagranate aus dem Gurt des Toten, sprang zur Schleuse des Panzers und war schon wieder dreißig Meter entfernt, als die Stichflamme der Explosion geysirartig bis zum Bug des Angriffsboots emporschoß.
    Kassad hielt im Auge des Sturms inne und sah Moneta inmitten ihrer eigenen Verwüstungen. Blut spritzte auf sie, blieb aber nicht haften, sondern floß wie Öl auf Wasser über die regenbogenfarbenen Kurven von Kinn, Schultern, Brüsten und Bauch. Sie sah ihn über das Schlachtfeld hinweg an, und Kassad spürte eine neuerliche Woge der Blutgier in sich.
    Hinter ihr schritt das Shrike langsam durch das Chaos und suchte sich seine Opfer wie bei einer Ernte aus. Kassad beobachtete, wie das Wesen in seiner Existenz flackerte, und überlegte sich, daß er und Moneta sich für den Herrn der Schmerzen so langsam bewegen mußten wie die Ousters für Kassad.
    Die Zeit machte einen Sprung und lief mit vier Fünftel-Geschwindigkeit ab. Die überlebenden Soldaten gerieten langsam in Panik, feuerten aufeinander, verließen ihre Posten und versuchten, sich an Bord der Landungsboote durchzuschlagen. Kassad versuchte sich vorzustellen, wie die vergangenen zwei Minuten für sie ausgesehen haben mußten: Schemen, die sich mit blitzartiger Geschwindigkeit durch ihre Verteidigungsanlagen bewegten; Kameraden, die urplötzlich in gewaltigen Blutschwällen starben. Kassad betrachete Moneta, die durch ihre Reihen schritt und nach Belieben tötete. Zu seinem Erstaunen stellte er fest, daß er eine gewisse Macht über die Zeit hatte: ein Blinzeln, und die Geschwindigkeit seines Gegners verlangsamte sich um ein Drittel, Blinzeln, und die Ereignisse liefen wieder mit

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