Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
der in schierer Nagetierfassungslosigkeit vom Sand aufsah, oder das scharfzahnige Grinsen eines Eichhörnchens. Die Jagdtrophäen eines stolzen, aber hungrigen Raubtiers.
     
    Der Traurige König Billy kam mich besuchen, während ich an meinen Gesängen arbeitete.
    »Guten Morgen, Billy«, sagte ich.
    »Es heißt Eure Majestät «, knurrte Seine Majestät – eine seltene Zurschaustellung königlicher Pikiertheit. Sein Stottern hatte in dem Augenblick aufgehört, als das königliche Landungsboot auf Hyperion gelandet war.
    »Guten Morgen, Billy, Eure Majestät.«
    »Hmm«, brummte mein Monarch, rückte ein paar Blätter zur Seite und schaffte es, sich in die einzige Kaffeepfütze auf einer sonst trockenen Bank zu setzen. »Sie schreiben wieder, Silenus.«
    Ich sah keinen Grund, das Offensichtliche zu bestätigen.
    »Haben Sie immer einen Füller benützt?«

    »Nein«, sagte ich. »Nur wenn ich etwas schreibe, das zu lesen sich lohnt.«
    »Lohnt es sich, das zu lesen?« Er deutete auf den kleinen Manuskriptstapel, den ich in zwei hiesigen Wochen zustande gebracht hatte.
    »Ja.«
    »Ja? Nur ja ?«
    »Ja.«
    »Werde ich es bald zu lesen bekommen?«
    »Nein.«
    König Billy sah an sich hinab und stellte fest, dass sich seine linke Pobacke in einer Kaffeepfütze befand. Er runzelte die Stirn, rutschte beiseite und wischte die sichtlich geschrumpfte Pfütze mit dem Saum seines Mantels ab. »Niemals?«, fragte er.
    »Nur wenn Sie mich überleben.«
    »Das habe ich vor«, sagte der König. »Während Sie vor Erschöpfung zugrunde gehen, jedem Lämmchen im Königreich den Bock zu machen.«
    »Ist das ein Vorwurf oder eine Metapher?«
    »Weder, noch«, sagte König Billy. »Nur eine Feststellung.«
    »Ich habe seit meinen Kindertagen auf der Farm keinem Lämmchen mehr meine Aufmerksamkeit aufgezwungen«, sagte ich. »Ich habe meiner Mutter in einem Gedicht versprochen, dass ich nie wieder Schafe ficken würde, ohne sie vorher um Erlaubnis zu bitten.« Während König Billy traurig ins Leere blickte, stimmte ich einige Strophen einer alten Zote mit dem Titel Es wird nie wieder ein Lämmchen geben an.
    »Martin«, sagte er, »jemand oder etwas bringt mein Volk um.«
    Ich legte Füller und Papier beiseite. »Ich weiß«, sagte ich.
    »Ich brauche Ihre Hilfe.«
    »Wie, um Gottes willen? Soll ich den Mörder aufspüren wie
ein Detektiv im Holofernsehen? Soll ich auf den Scheißreichenbachfällen mit dem Scheißtod kämpfen?«
    »Das wäre sehr befriedigend, Martin. Aber bis dahin würden mir ein paar Meinungen und beratende Worte genügen.«
    »Meinung eins: Es war dumm, hierherzukommen. Meinung zwei: es ist dumm, hier zu bleiben. Rat Alpha/Omega: Verschwinden.«
    König Billy nickte niedergeschlagen. »Diese Stadt verlassen oder ganz Hyperion?«
    Ich zuckte mit den Achseln.
    Seine Majestät stand auf und ging zum Fenster meines kleinen Arbeitszimmers. Von dort sah man über eine drei Meter breite Gasse zur Backsteinwand der automatischen Wiederaufbereitungsanlage nebenan. König Billy genoß die Aussicht. »Ihnen sind«, sagte er, »die uralten Legenden um das Shrike bekannt?«
    »Ich habe davon gehört.«
    »Die Eingeborenen bringen das Ungeheuer mit den Zeitgräbern in Verbindung«, sagte er.
    »Die Eingeborenen schmieren sich zur Erntefeier Farbe auf die Bäuche und rauchen Tabak, der nicht entnikotinisiert ist«, sagte ich.
    König Billy nickte zu diesem weisen Spruch. »Die Erstgelandeten der Hegemonie haben sich vor dieser Gegend gehütet«, sagte er. »Sie haben die Multikanalaufzeichner errichtet und sind südlich vom Bridle Range geblieben.«
    »Hören Sie«, sagte ich, »Eure Majestät – was wollen Sie? Absolution dafür, dass Sie Mist gebaut und die Stadt hier gegründet haben? Es sei Ihnen vergeben. Sündigen Sie nie wieder, mein Sohn. Und wenn es Ihnen jetzt nichts ausmacht, Königliche Hoheit, adios ! Ich muss hier schmutzige Limericks schreiben.«
    König Billy wandte sich nicht vom Fenster ab. »Schlagen Sie vor, dass wir die Stadt verlassen, Martin?«

    Ich zögerte nur einen Augenblick lang. »Gewiss.«
    »Und würden Sie mit den anderen gehen?«
    »Warum nicht?«
    König Billy drehte sich um und sah mir in die Augen. »Würden Sie?«
    Ich sagte nichts. Nach einer Weile sah ich weg.
    »Das habe ich mir gedacht«, sagte der Regent des Planeten. Er verschränkte die pummeligen Hände hinter dem Rücken und betrachtete wieder die Wand. »Wenn ich Detektiv wäre, würde ich Verdacht schöpfen. Der unproduktivste

Weitere Kostenlose Bücher