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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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langsam den Kopf. Die Dämmerung hüllte sein Gesicht unter der Kapuze in Schatten. »Spotten oder schmähen wir nicht«, sagte er. »Es wird Zeit zuzugeben, dass jeder von uns etwas auf diese Pilgerfahrt mitgebracht hat, das, so hofft er, den unausweichlichen Ausgang verändern wird – wenn der Augenblick gekommen ist und wir dem Herrn der Schmerzen gegenübertreten müssen.«
    Der Dichter lachte. »Ich habe nicht mal meine dumme Hasenpfote mitgebracht.«
    Der Tempelritter bewegte leicht den Kopf. »Aber vielleicht Ihr Manuskript?«
    Der Dichter sagte nichts.
    Het Masteen wandte den Blick zu dem großen Mann zu seiner Linken. »Und Sie, Oberst? Es sind einige Kisten dabei, auf denen Ihr Name steht. Vielleicht Waffen?«
    Kassad hob den Kopf, sagte aber nichts.
    »Selbstverständlich«, sagte Het Masteen, »wäre es närrisch, ohne Waffen auf die Jagd zu gehen.«
    »Was ist mit mir?«, fragte Brawne Lamia und verschränkte die Arme. »Wissen Sie, welche Geheimwaffe ich eingeschmuggelt habe?«
    Die seltsam akzentuierte Stimme des Tempelritters war ruhig.
»Wir haben Ihre Geschichte noch nicht gehört, M. Lamia. Es wäre verfrüht, Spekulationen anzustellen.«
    »Was ist mit dem Konsul?«, fragte Lamia.
    »O ja, es ist offensichtlich, welche Waffe unser diplomatischer Freund in der Hinterhand hat.«
    Der Konsul, der den Sonnenuntergang bewundert hatte, wandte sich ab. »Ich habe nur meine Kleidung und zwei Bücher zum Lesen mitgebracht«, sagte er wahrheitsgemäß.
    »Ah«, seufzte der Tempelritter, »aber was für ein wunderschönes Raumschiff haben Sie zurückgelassen!«
    Martin Silenus sprang auf die Beine. »Das verdammte Schiff!«, rief er. »Sie können es rufen, oder nicht? Herrgott noch mal, holen Sie Ihre Hundepfeife raus! Ich habe es satt, hier zu sitzen.«
    Der Konsul zupfte einen Grashalm aus und zerpflückte ihn. Eine Minute später sagte er: »Selbst wenn ich es rufen könnte  – und Sie haben gehört, wie A. Bettik gesagt hat, dass die Komsats und Relaisstationen ausgefallen sind –, selbst wenn ich es rufen könnte, könnten wir nicht nördlich des Bridle Range landen. Das bedeutete schon eine augenblickliche Katastrophe, bevor das Shrike südlich der Berge auftauchte.«
    »Klar«, sagte Silenus und ruderte aufgeregt mit den Armen, »aber wir könnten über diesen beschissenen … Rasen gelangen! Rufen Sie das Schiff!«
    »Warten wir bis zum Morgen«, sagte der Konsul. »Wenn der Windwagen dann nicht da ist, unterhalten wir uns über Alternativen.«
    »Scheiß drauf! Ich …«, begann der Dichter, aber Kassad drehte ihm den Rücken zu, kam nach vorn und schloss den Dichter damit effektiv aus dem Kreis aus.
    »M. Masteen«, sagte der Oberst, »was ist Ihr Geheimnis?«
    Das Licht des sterbenden Himmels reichte aus, ein unmerkliches Lächeln auf den dünnen Lippen des Tempelritters zu
zeigen. Er deutete zu dem Gepäckberg. »Wie Sie sehen, ist meine Kiste die schwerste und geheimnisvollste von allen.«
    »Ein Möbiuskubus«, sagte Pater Hoyt. »Ich habe schon gesehen, wie alte Kunstgegenstände damit transportiert wurden.«
    »Oder Fusionsbomben«, sagte Kassad.
    Het Masteen schüttelte den Kopf. »Nichts so Gefährliches«, sagte er.
    »Werden Sie es uns sagen?«, drängte Lamia.
    »Wenn ich an der Reihe bin zu sprechen«, sagte der Tempelritter.
    »Sind Sie der Nächste?«, fragte der Konsul. »Wir können zuhören, während wir warten.«
    Sol Weintraub räusperte sich. »Ich habe Nummer 4«, sagte er und zeigte den kleinen Zettel. »Aber ich wäre mehr als bereit, mit der Wahren Stimme des Baums zu tauschen.« Weintraub nahm Rachel von der linken Schulter auf die rechte und tätschelte ihr zärtlich den Rücken.
    Het Masteen schüttelte den Kopf. »Nein, es ist noch Zeit. Ich wollte nur darlegen, dass selbst in Zeiten der Hoffnungslosigkeit immer Hoffnung besteht. Wir haben viel aus den bisherigen Geschichten gelernt. Und doch hat jeder von uns den Samen eines Versprechens tiefer in sich eingepflanzt, als wir zuzugeben bereit sind.«
    »Ich verstehe nicht …«, begann Pater Hoyt, wurde aber von Martin Silenus’ plötzlichem Aufschrei unterbrochen.
    »Der Wagen. Der verfluchte Windwagen! Er ist endlich da!«
     
    Es dauerte noch zwanzig Minuten, bis der Windwagen an einem der Kais festgemacht hatte. Das Gefährt kam aus dem Norden, seine Segel waren weiße Quadrate vor der dunklen Ebene, aus der jegliche Farbe wich. Das letzte Licht war erloschen, als das große Schiff nahe bei der niederen

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