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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Kassad.
    Martin Silenus lächelte. Seine Augen waren klein und glänzend im Schein der Laternen. »Die Kombüse ist voll bestückt, und eine Bar ist auch vorhanden. Ich habe verkündet, dass sie geöffnet hat.«
    »Wir sollten etwas zu essen machen«, sagte der Konsul, obwohl er im Augenblick auch nur etwas Wein wollte. Es war
über zehn Stunden her, seit sie zum letzten Mal etwas gegessen hatten.
    Ein blechernes Poltern und ein Surren waren zu hören, worauf sie alle zur Steuerbordreling eilten. Die Planke hatte sich eingefahren. Sie wirbelten wieder herum, als Segeltuch aufgerollt wurde, Taue sich strafften und irgendwo ein Schwungrad in den Ultraschallbereich summte. Wind blähte die Segel, das Deck neigte sich etwas, der Windwagen entfernte sich vom Kai und glitt in die Dunkelheit. Die einzigen Laute waren das Knarren und Ächzen des Schiffes, das leise Brummen des Rads und das Rascheln des Grases an der Hülle.
    Die sechs verfolgten, wie die Schatten der Klippe hinter ihnen zurückblieben, der unangezündete Scheiterhaufen des Leuchtsignals als schwacher Schimmer der Sterne auf hellem Holz verschwand und zuletzt nur noch Himmel und Nacht und schwankende Laternenlichter übrig waren.
    »Ich gehe nach unten«, sagte der Konsul, »und sehe nach, ob ich etwas zu essen zusammenbringe.«
    Die anderen blieben noch eine Weile oben, spürten den leichten Sog und das Rumpeln unter den Sohlen und starrten in die vorübergleitende Dunkelheit. Das Grasmeer war nur als Stelle zu erkennen, wo die Sterne aufhörten und undurchdringliche Schwärze begann. Kassad leuchtete mit einer Taschenlampe Teile der Segel und Takelage an, deren Taue von unsichtbaren Händen straff gezogen wurden, dann durchsuchte er sämtliche schattigen Stellen vom Bug bis zum Heck. Die anderen sahen ihm schweigend zu. Als er die Lampe ausschaltete, wirkten die Dunkelheit nicht mehr so erdrückend und die Sterne heller. Ein voller, fruchtbarer Geruch – mehr wie von einer Farm im Frühling als von einem Meer – wurde ihnen von dem Wind zugetragen, der über mehr als tausend Kilometer Gras geweht hatte.
    Einige Zeit später rief der Konsul nach ihnen, und sie gingen hinunter, um zu essen.

     
    Die Kombüse war eng und es gab keine Tafel in der Messe, daher benützten sie die große Kabine im Heck als Gemeinschaftsraum und schoben drei große Truhen als behelfsmäßigen Tisch zusammen. Vier Laternen, die an niederen Balken hingen, machten den Raum hell. Wind wehte herein, als Het Masteen eines der großen Fenster über dem Bett öffnete.
    Der Konsul stellte Platten, auf denen sich belegte Brote türmten, auf die größte Kiste, dann kam er mit dicken weißen Tassen und einer Thermoskanne voll Kaffee zurück. Er schenkte ein, während die anderen aßen.
    »Schmeckt gut«, sagte Fedmahn Kassad. »Woher haben Sie das Roastbeef?«
    »Die Kühlkammer ist gut bestückt. Und in der Heckkombüse ist noch eine große Gefriertruhe.«
    »Elektrisch?«, fragte Het Masteen.
    »Nein. Doppelt isoliert.«
    Martin Silenus schnupperte an einem Glas, nahm ein Messer von einer Platte mit Broten und strich große Kleckse Meerrettich auf sein Brot. In seinen Augen standen Tränen, während er aß.
    »Wie lange dauert diese Überfahrt normalerweise?«, fragte Lamia den Konsul.
    Dieser hatte in den schwarzen Kaffee in seiner Tasse geblickt und sah nun auf. »Tut mir leid. Was?«
    »Die Überquerung des Grasmeers. Wie lange?«
    »Eine Nacht und einen halben Tag bis zu den Bergen«, sagte der Konsul. »Wenn der Wind günstig ist.«
    »Und dann … wie lange über die Berge?«, fragte Pater Hoyt.
    »Weniger als einen Tag«, sagte der Konsul.
    »Wenn die Seilbahn funktioniert«, fügte Kassad hinzu.
    Der Konsul trank den heißen Kaffee und verzog das Gesicht. »Davon müssen wir ausgehen. Wenn nicht …«
    »Wenn nicht, was?«, wollte Lamia wissen.

    »Wenn nicht«, sagte Kassad, der zum offenen Fenster ging und die Fäuste an die Hüften stemmte, »sind wir sechshundert Klicks von den Zeitgräbern und tausend von den Städten im Süden entfernt gestrandet.«
    Der Konsul schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Die Priester des Tempels – oder wer immer hinter dieser Pilgerfahrt stehen mag – haben dafür gesorgt, dass wir bis hierher gekommen sind. Sie werden gewährleisten, dass wir auch weiterkommen.«
    Brawne Lamia verschränkte stirnrunzelnd die Arme. »Als was? Als Opfer?«
    Martin Silenus lachte brüllend und hob die Flasche:
    »Und die zum Opfer ziehen, wer sind

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