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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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der Zeitgräber«. Niemand von der Familie konnte das Haus verlassen, ohne dass ein Reporter oder Bildaufzeichner hinter einem Baum lauerte.

    Crawford stellte fest, dass sich mit dem Unglück der Weintraubs Geld machen ließ. Anfangs hielt die Gemeinde zusammen, doch als Unternehmer von Bussard City mit Souvenirläden, T-Shirt-Konzessionen, Führungen und Datenchipkabinen für die Touristen anrückten, die in immer größerer Anzahl eintrafen, überlegten die ansässigen Geschäftsleute erst, zauderten und beschlossen dann einhellig, wenn schon Geschäfte gemacht wurden, sollte der Profit nicht an Leute von außerhalb gehen.
    Nach vierhundertachtunddreißig Jahren vergleichsweiser Abgeschiedenheit erhielt die Stadt Crawford ein Farcasterterminex. Besucher mussten nicht mehr die Mühsal der zwanzigminütigen Anfahrt von Bussard City auf sich nehmen. Es wurden immer mehr.
     
    An dem Tag, als sie umzogen, regnete es heftig, die Straßen waren verlassen. Rachel weinte nicht, aber ihre Augen waren groß und sie blieb den ganzen Tag in gedrückter Stimmung. Noch zehn Tage bis zu ihrem sechsten Geburtstag. »Aber Daddy, warum müssen wir umziehen?«
    »Wir müssen eben, Liebes.«
    »Aber warum?«
    »Weil wir es eben müssen , Liebes. Hebron wird dir gefallen. Es gibt viele Parks dort.«
    »Wieso hast du nie gesagt , dass wir umziehen müssen?«
    »Haben wir, Süße. Das musst du vergessen haben.«
    »Und was ist mit Gram und Grams und Onkel Richard und Tante Tetha und Onkel Saal und allen?«
    »Die können uns jederzeit besuchen kommen.«
    »Und Niki und Linna und meine Freunde ?«
    Sol sagte nichts, sondern trug den Rest des Gepäcks zum EMV. Das Haus war verkauft und leer; die Möbel waren ebenfalls verkauft oder nach Hebron geschickt worden. Eine Woche
lang war ein konstanter Strom von Familienangehörigen und alten Freunden, Kollegen vom College und sogar ein paar vom Ärzteteam der Reichs dagewesen, die seit achtzehn Jahren mit Rachel arbeiteten, doch jetzt war die Straße verlassen. Regen strömte am Perspexbaldachin des alten EMV herunter und bildete komplexe Ströme. Die drei saßen einen Augenblick lang im Fahrzeug und betrachteten das Haus. Das Innere roch nach nasser Wolle und nassem Haar.
    Rachel hielt den Teddybären, den Sarai vor sechs Monaten vom Dachboden geholt hatte. Sie sagte: »Es ist nicht fair.«
    »Nein«, stimmte Sol zu. »Es ist nicht fair.«
     
    Hebron war eine Wüstenwelt. Vier Jahrhunderte Terraformung hatten die Atmosphäre atembar und ein paar Millionen Hektar Land urbar gemacht. Die Geschöpfe, die vorher dort gelebt hatten, waren klein und zäh und unvorstellbar scheu, und das waren auch die Geschöpfe, die von der Alten Erde importiert worden waren, einschließlich den Menschen.
    »Ahh«, stöhnte Sol an dem Tag, als sie in dem von der Sonne versengten Dorf Dan über dem von der Sonne versengten Kibbuz K’far Shalom eintrafen, »was sind wir Juden doch für Masochisten. Zwanzigtausend erforschte Welten hätten für unsere Art gepasst, als die Hegira begann, und diese Schmucks mussten hierherkommen.«
    Aber es war kein Masochismus, der die ersten Siedler oder Sol und seine Familie hierhergeführt hatte. Hebron bestand weitgehend aus Wüste, doch die fruchtbaren Gebiete waren fast beängstigend fruchtbar. Die Universität Sinai wurde im ganzen Netz geachtet, und ihr Med-Center zog reiche Patienten an und brachte der Kooperative reiche Gewinne. Hebron hatte ein einziges Farcasterterminex in Neu-Jerusalem und duldete anderswo keine Portale. Hebron gehörte weder zur Hegemonie noch zum Protektorat, knöpfte Reisenden saftige
Steuern für das Farcasterprivileg ab und duldete keine Touristen außerhalb von Neu-Jerusalem. Für einige Juden, die Abgeschiedenheit suchten, war es möglicherweise der sicherste Ort auf dreihundert von Menschen bewohnten Welten.
    Der Kibbuz war mehr aus Tradition als durch Tätigkeit eine Kooperative. Die Weintraubs bekamen ein eigenes Haus – eine bescheidene Unterkunft aus getrocknetem Lehm mit Kurven statt rechten Winkeln und Holzdielenböden, aber auch mit einem Blick vom Hügel herab, der endlose Wüste hinter den Orangen- und Olivenhainen bot. Die Sonne schien alles auszubrennen, dachte Sol, sogar Sorgen und Alpträume. Das Licht war fast etwas Greifbares. Am Abend leuchtete ihr Haus noch eine Stunde nach Sonnenuntergang rosa.
     
    Sol saß jeden Morgen am Bett seiner Tochter, bis sie aufwachte. Die ersten Minuten ihrer Verwirrung waren immer schmerzhaft für

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