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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Vorgehensweise der Weltraum-Marines. Auch die FORCE:Boden-Sprungratten hatten gelernt, beim Städtekrieg zu zweit von Tür zu Tür zu gehen; einer platzte in den Raum, während der andere Deckung gab. Wenn es mehr als zwei waren, wenn die Ousters in Dreier- oder Vierergruppen vorgingen, bedeutete es den fast sicheren Tod für Kassad.
    Er schwebte mitten im OP 3, als die Ousters zur Tür hereinkamen. Kassads Atemsystem war so gut wie ausgefallen, er schwebte reglos, sog die übelriechende Luft in die Lungen, als der Oustersoldat hereinplatzte, zur Seite wich und beide Waffen auf die unbewaffnete Gestalt in dem mitgenommenen Raumanzug der Marines richtete.
    Kassad hatte sich darauf verlassen, dass ihm der schlimme Zustand von Anzug und Helmvisier eine oder zwei Sekunden Vorteil verschaffen würden. Hinter der besudelten Visierplatte starrten seine Augen blicklos nach oben, als das Brustlicht des Ousters über ihn glitt. Der Soldat hatte zwei Waffen bei sich: einen Ultraschallstunner in einer Hand und eine kleine, aber ungleich gefährlichere Strahlenpistole in den langen Zehen des linken »Fußes«. Er hob den Ultraschallstunner. Kassad konnte noch den tödlichen Stachel am Greifschwanz erkennen, dann drückte er die Maus im rechten Handschuh des Raumanzugs.
    Kassad hatte den größten Teil der acht Minuten dazu gebraucht, den Notstromgenerator mit den Kabeln im OP zu
verbinden. Nicht alle chirurgischen Laser hatten überlebt, aber sechs funktionierten noch. Kassad hatte vier auf den Abschnitt links von der Tür gerichtet und die beiden Knochenschneider auf die rechte Seite. Der Ouster war nach rechts gegangen.
    Der Anzug des Ouster explodierte. Die Laser schnitten weiter ihre einprogrammierten Kreise, während sich Kassad abstieß und unter den blauen Strahlen hindurchduckte, die nun in einem zunehmend größeren Nebel aus nutzloser Anzugsdichtung und kochendem Blut zuckten. Er brachte den Ultraschallstunner an sich, als der zweite Ouster sich wie ein Schimpanse in den Raum schwang.
    Kassad drückte den Ultraschallstunner an den Helm des Mannes und drückte ab. Die Gestalt im Raumanzug wurde schlaff. Der Greifschwanz zuckte einige Male in unwillkürlichen Nervenimpulsen. Den Ultraschallstunner aus dieser Entfernung abzufeuern war keine Methode, Gefangene zu machen; eine Salve auf diese Distanz verwandelte ein menschliches Gehirn in so etwas Ähnliches wie Sägespänebrei. Kassad wollte keine Gefangenen machen.
    Er strampelte sich frei, griff nach einer Strebe und schwang den aktiven Schaller Richtung Tür. Niemand sonst kam durch. Eine Überprüfung zwanzig Sekunden später ergab, dass der Korridor verlassen war.
    Kassad schenkte dem ersten Leichnam keine Beachtung, sondern zog den Mann mit dem intakten Raumanzug aus. Der Soldat war nackt unter dem Anzug und erwies sich als Frau; sie hatte kurzgeschnittene blonde Haare, kleine Brüste und eine Tätowierung über dem Schamhaaransatz. Sie war sehr blass, Blut troff ihr aus der Nase, den Ohren und den Augen. Kassad merkte sich, dass die Ousters auch Frauen unter ihren Marines hatten; sämtliche Ousterleichen auf Bressia waren männlich gewesen.

    Er behielt Helm und Atmungsgerät auf, während er den Leichnam beiseiteschob und seinen eigenen Anzug aufklappte. Das Vakuum brachte Blutgefäße zum Platzen, und Eiseskälte überkam über ihn, während er sich mit fremden Klammern und Reißverschlüssen abmühte. So groß er war, er war zu klein für den Anzug der Frau. Er konnte die Handschuhe bedienen, wenn er sich streckte, aber bei Schuhen und Schwanzhülle war es hoffnungslos. Er ließ sie nutzlos herabhängen, zog seinen Helm ab und schob den Kopf in die Glaskugel der Ousterin.
    Lichter im Kragendiskey leuchteten bernsteinfarben und violett. Kassad vernahm mit schmerzenden Trommelfellen das Einströmen von Luft und würgte fast, als er den durchdringenden Gestank wahrnahm. Er nahm an, dass es für einen Ouster der süße Geruch der Heimat war. Aus Ohrhörern in der Kugel ertönten flüsternd codierte Befehle in einer Sprache, die sich anhörte, als würde man ein Audioband in Altem Englisch im Schnelllauf rückwärts abspielen. Kassad ging wieder ein Wagnis ein; diesmal verließ er sich darauf, dass die Bodeneinheiten der Ousters auf Bressia als quasi-unabhängige Teams handelten, die durch Funk und Telemetrie vereint wurden, nicht durch ein taktisches Implantatnetz wie bei den FORCE:Bodentruppen. Wenn sie hier dasselbe System anwendeten, dann wüsste der Einsatzleiter,

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