Die Hyperion-Gesänge
sich im Kreis, während er auseinanderbrach. Kassads Blickfeld wurde rosa, trüb und verschwand dann ganz. Mit gefühllosen Fingern zog er den Gurt fester – entweder schnitt er ihm in die Brust, oder das Perspex war durchgeschmort. Seine Hand tastete nach dem Zugring. Die Finger waren so unbeholfen, dass sie ihn nicht fassen konnten … Zieh!
Zu spät. Der Tintenfisch barst mit einem letzten Kreischen und einer Explosion von Flammen auseinander, und die Kontrollkonsole flog in Form von zehntausend scharfkantigen Splittern durch das Cockpit.
Kassad wurde in den Sitz gedrückt. Hoch. Hinaus. Ins Herz der Flammen hinein.
Überschlug sich.
Kassad bekam am Rande mit, dass der Sitz sein eigenes Sperrfeld projizierte, während er sich überschlug. Flammen waren Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. Sprengbolzen wurden gezündet und katapultierten den Sitz aus dem lodernden Feuerball. Der Pilotensitz zog eine Spur blauen Feuers
über den Himmel. Mikroprozessoren drehten ihn so, dass die Scheibe des Kraftfelds zwischen Kassad und dem Brennofen der Reibungshitze lag. Ein Riese saß auf Kassads Brust, als er auf einer Strecke von zweitausend Kilometern mit acht ge abbremste.
Kassad zwang sich, die Lider aufzumachen, stellte fest, dass er zusammengerollt im Leib einer langen Säule blauweißer Flammen lag, und machte die Augen wieder zu. Er sah keine Bedienung für einen Fallschirm, kein Schwebepack oder irgendeine andere Bremseinrichtung. Einerlei. Er hätte Arme und Beine so oder so nicht bewegen können.
Der Riese verlagerte das Gewicht, wurde schwerer.
Kassad merkte, dass ein Teil seiner Helmkugel geschmolzen oder weggerissen worden war. Der Lärm war unbeschreiblich. Einerlei.
Er machte die Augen noch fester zu. Eine gute Zeit für ein Nickerchen.
Kassad wachte auf und sah die dunkle Gestalt einer Frau, die sich über ihn beugte. Einen Augenblick lang war er überzeugt, sie wäre es. Er sah noch einmal hin und stellte fest, dass sie es war. Sie strich ihm mit kalten Fingern über die Wange.
»Bin ich tot?«, flüsterte Kassad, hob die Hand und griff sie am Handgelenk.
»Nein.« Ihre Stimme war weich und kehlig und schnurrte den Hauch eines Akzents, den er nicht einordnen konnte. Er hatte sie noch nie sprechen hören.
»Bist du echt?«
»Ja.«
Kassad seufzte und sah sich um. Er lag nackt unter einem dünnen Gewand auf einer Art Couch oder Plattform in der Mitte eines dunklen, höhlenartigen Raums. Über ihm waren durch das geborstene Dach Sterne zu erkennen. Er hob die
andere Hand und berührte sie an der Schulter. Ihr Haar war eine dunkle Krone über ihm. Sie trug ein weites, dünnes Kleid, durch das er – sogar im fahlen Sternenlicht – die Umrisse ihres Körpers sehen konnte. Er nahm ihren Geruch wahr, das schwache Aroma von Seife und Haut und ihr , das er von ihren anderen Begegnungen so gut kannte.
»Du musst Fragen haben«, flüsterte sie, während Kassad die goldene Spange löste, die ihr Kleid zusammenhielt. Es sank flüsternd zu Boden. Darunter hatte sie nichts an. Über ihnen war das Band der Milchstraße zu sehen.
»Nein«, sagte Kassad und zog sie an sich.
Gegen Morgen kam leichter Wind auf, und Kassad zog die Decke über sie. Das Material schien ihre Körperwärme zu halten, sie lagen anheimelnd warm nebeneinander. Irgendwo schmirgelten Sand oder Schnee über kahle Wände. Die Sterne waren jetzt sehr klar und sehr hell.
Sie erwachten beim ersten Anzeichen der Dämmerung, und ihre Gesichter waren unter der Seidendecke dicht beisammen. Sie strich mit der Hand über Kassads Körper und fand alte und neue Narben.
»Dein Name?«, flüsterte Kassad.
»Psst«, flüsterte sie zurück und glitt tiefer mit der Hand, umfasste seine Hoden und streichelte sein Glied, das sich unter der Berührung wieder aufrichtete.
Kassad legte das Gesicht an die duftende Wölbung ihres Nackens. Ihre Brüste schmiegten sich weich an ihn. Die Nacht verblasste zum Morgen. Irgendwo wehten Sand oder Schnee gegen kahle Wände. Sie öffnete sich ihm.
Sie liebten sich, schliefen, liebten sich wieder. Als es ganz hell war, standen sie auf und zogen sich an. Sie hatte Unterwäsche, ein graues Wams und Hosen für Kassad zurechtgelegt.
Sie passten perfekt, ebenso die Socken und die weichen Schuhe. Die Frau trug dasselbe in Marineblau.
»Dein Name?«, fragte Kassad, als sie das Gebäude mit der zerschmetterten Kuppel verließen und durch die tote Stadt schritten.
»Moneta«, sagte sein Traum. »Oder
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