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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Sie waren auf dem Weg zu ihren Nestern an der Ostküste, denn bald würde es Nacht werden, die dritte Nacht auf dieser Insel, und wieder würden die Dämonen kommen.
    Marguerite sah das Haus, das sie gebaut hatten: die wirr verflochtenen Äste, das Dach aus Zweigen und Laub. Henri hatte recht. Beim ersten Sturm würde es zusammenbrechen - ein lächerliches Bauwerk! Aber es war immer noch besser, als wieder schutzlos im Freien zu übernachten.
    Nach dem Abendgebet zogen sie sich in ihre Laubhütte zurück. Das Feuer brannte nur wenige Schritte vom Eingang entfernt. Es war allerdings übertrieben, von einem »Eingang« zu sprechen, es war einfach ein Loch, das sie in der Wand gelassen hatten.
    »Morgen können wir eine Tür bauen«, sagte Damienne nachdenklich. »Aber erst einmal wird geschlafen! Wir werden unsere Kräfte noch brauchen.«
    »Wir sollten abwechselnd Wache halten«, wandte Henri ein.
    »Ihr habt recht. Ich kann ohnehin noch nicht schlafen und bin bereit, die erste Wache zu übernehmen.«
    »Einverstanden, Madame. Weckt mich dann in zwei Stunden.«
    »Eine Uhr haben wir hier aber nicht.«
    »Weckt mich einfach, wenn Ihr denkt, daß die zwei Stunden vorüber sind, oder weckt mich, wenn Ihr merkt, daß Ihr nicht länger durchhaltet.«
    »Ach, zwei Stunden werde ich schon noch überstehen, keine Angst, Herr Leutnant. Schlaft ihr beiden nur! Der Herrgott und ich, wir wachen über euch.«
    Damienne blieb am Feuer sitzen und Marguerite und Henri krochen in die Hütte.
    »Es ist die erste Nacht in unserem eigenen Haus!«, flüsterte Marguerite.
    Henri lachte leise: »Es gibt leider keine Schwelle, über die ich meine Braut tragen könnte.«
    »Der Eingang wäre auch viel zu niedrig, fürchte ich«, lächelte Marguerite.
    Sie legten sich dicht beieinander auf ihr bescheidenes Lager.
    »Es ist so schön, mit dir zusammen sein zu können, Henri.«
    »Ja, Liebste.«
    »So soll es immer sein.«
    »Ja«, sagte Henri nur.
    »Und nichts kann uns mehr auseinanderbringen.«
    »Nur der Tod«, sagte Henri.
    »Sprich nicht vom Tod, Liebster!«
    »Verzeih, Marguerite.«
    »Erzähl mir lieber von dem Palast, den du mir bauen willst.«
    Henri lächelte, und dann begann er, in Gedanken für Marguerite ein Schloß zu bauen, mit weißen Mauern, hohen, hell erleuchteten Zimmern und einem See davor, auf dem Schwäne ihre majestätischen Bahnen zogen.
    Marguerite legte den Kopf auf seine Schulter und lauschte, bis sie eingeschlafen war.
    Mitten in der Nacht schüttelte sie jemand wach. Sie schreckte hoch und wußte für einen Moment nicht, wo sie sich befand.
    »Es ist Zeit, Liebste, du bist dran, die Wache zu übernehmen.«
    Marguerite schüttelte sich. Sie hatte doch höchstens einige Sekunden geschlafen.
    »Wie spät ist es?«, fragte sie.
    »Ich denke, es wird in ein bis zwei Stunden hell werden«, sagte Henri. Er küßte sie zärtlich.
    Danach rollte er sich auf die Seite und war fast auf der Stelle eingeschlafen.
    Marguerite war müde. Insgeheim hatte sie gehofft, Henri würde sich ritterlich zeigen und ihre Wache mit übernehmen. Sie seufzte. Das Feuer war fast niedergebrannt, und es war höchste Zeit, etwas Holz nachzulegen. Die Nacht war kühl und sternenklar. Marguerite stocherte mit einem langen Ast im Feuer, um die Glut zu schüren. Es war ruhig, sehr ruhig. Sie hörte den Bach leise plätschern, aber nicht einmal der Wald rauschte. Es schien völlige Windstille zu herrschen. Und noch etwas fehlte - die grausame Stimme!
    Marguerite horchte angestrengt in die Nacht, es war beinahe so, als würde die Insel ebenfalls schlafen. Es war still, allerdings lag eine gewisse Spannung in dieser Stille. Marguerite hörte ihr eigenes Herz schlagen. Nur das Feuer zu ihren Füßen knisterte leise.
    Und plötzlich war sie wieder da, die geisterhafte Stimme; leise und aus unbestimmter Entfernung wehte sie herüber und - als würde sie über den Wind und den Wald gebieten - der Wind setzte wieder ein und die nahen Bäume rauschten. Auf einmal waren da auch wieder all die anderen Geräusche - schwere Tritte am Waldrand, dann wieder das seltsame Lachen. Im Wald brach irgendwo ein Ast. Wie gern hätte Marguerite die anderen geweckt! Es war fürchterlich, das alles alleine zu ertragen. Doch sie wollte auch stark und tapfer sein. Die beiden anderen hatten sicher Ähnliches gehört und sie schlafen lassen. Auch sie hatten ihre Ruhe bitter nötig.
    Marguerite holte tief Luft - und dann hielt sie Wache, allein am Feuer, umgeben von bedrohlichen

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