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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Nach dem Mittagessen erklärte Henri noch einmal alles von vorn und ließ die beiden Damen die einzelnen Schritte wieder und wieder üben.
    Erst mehr als eine Stunde später war es schließlich so weit: Sie durften schießen. Henri nahm einen mannshohen, dicht belaubten Ast und bohrte ihn am Hang des Hügels in die Erde. Seine beiden Schülerinnen nahmen in zehn Schritt Entfernung Aufstellung.
    »Ist das nicht sehr nah?«, fragte Marguerite.
    »Wir werden sehen«, schmunzelte Henri.
    Er steckte zwei weitere große Äste rechts und links des ersten in die Erde. Die beiden luden ihre Waffen und Damienne bekam die Ehre des ersten Schusses.
    »Denkt daran, Madame, die Waffe fest in die Schulter zu stemmen - Ihr wißt, was sonst geschieht.«
    »Vielen Dank, daß Ihr mich daran erinnert, Herr Leutnant«, murmelte Damienne, aber sie befolgte den Ratschlag. Sie visierte den mittleren Ast sorgfältig an und drückte ab.
    Nichts passierte.
    »Es geht besser, wenn die Lunte brennt, Madame«, grinste Henri.
    Damienne murmelte einen Fluch und entzündete die Lunte mit dem Feuerstein. Dann zielte sie wieder sorgfältig, flüsterte ein Stoßgebet und drückte ab. Krachend löste sich der Schuß. Die Waffe gab ihr wieder einen kräftigen Stoß und sie fand sich auf dem Boden sitzend wieder.
    »Was ist passiert?«, fragte sie verdutzt.
    »Ihr habt nicht an den Rückstoß gedacht, Madame.«
    »So wird es wohl gewesen sein«, murmelte sie. »Habe ich wenigstens getroffen?«
    Die drei Äste standen noch genauso unberührt da, wie Henri sie aufgepflanzt hatte.
    »Ich fürchte, der Schuß ging ein wenig zu hoch, Madame. Ihr habt ihn beim Abdrücken verrissen.«
    »Du liebe Güte, ich glaube wirklich, das ist nichts für mich!«
    »Aller Anfang ist schwer, Damienne«, sagte Marguerite und half ihr auf die Beine.
    Jetzt war es an ihr, ihren ersten Schuß zu tun.
    Sie überprüfte die Waffe noch einmal und entzündete die Lunte, verlagerte ihr Gewicht, wie Henri es ihr gezeigt hatte, zielte, hielt den Atem an und drückte den Abzug. Der Rückstoß war nicht so stark, wie sie erwartet hatte, aber der laute Knall des Schusses ließ sie zusammenfahren.
    Sie öffnete die Augen, die sie vor Schreck geschlossen hatte. Der mittlere Ast stand völlig unberührt, doch sein Nachbar zur Linken war in der Mitte geknickt.
    »Du darfst die Augen nicht schließen, Marguerite, aber sonst war es recht ordentlich«, lobte Henri.
    »Aber ich habe danebengeschossen!«
    »Für den ersten Schuß gar nicht schlecht. Außerdem haben diese Waffen eine gewisse Streuung. Das mußt du immer bedenken, wenn du schießt.«
    Marguerite nickte, auch wenn sie keine Ahnung hatte, was Henri meinte. Er erklärte es ihr: »Wenn du auf der Jagd bist, dann mußt du immer auf die Mitte des Ziels halten. Versuche ja nicht, auf den Kopf eines Tieres zu zielen! Du würdest es wahrscheinlich verfehlen.«
    »Ich will es gleich noch einmal versuchen«, sagte Marguerite.
    »Es wird keine weiteren Übungsschüsse geben, Liebste. Wir müssen sparsam mit der Munition umgehen. Es gibt ja keinen Nachschub.«
    Henri bestand sogar darauf, daß sie die beiden abgefeuerten Kugeln suchten. Bei Marguerites Kugel war das noch recht einfach, denn die Schußbahn war anhand des getroffenen Astes leicht nachvollziehbar. Bei Damiennes Geschoß dauerte es schon etwas länger. Beide Kugeln waren in den Hang des Hügels eingeschlagen und Henri grub sie aus. Er legte sie in seine Handfläche und betrachtete sie. Mit einem Mal wirkte er wieder niedergeschlagen.
    »Sie sind zwar durch den Aufprall verformt, aber vielleicht finden wir später eine Möglichkeit, sie neu zu gießen.«
    Sie beschlossen, nicht länger zu warten, sondern endlich zu ihrer ersten Expedition in den Wald aufzubrechen.
    Henri hatte Damienne vorgeschlagen, das Lager zu bewachen, aber sie wollte auf keinen Fall allein zurückbleiben. So folgten sie alle drei dem Lauf des Baches in den Wald hinein. Es war nicht leicht voranzukommen, denn schon direkt an der Uferböschung war der Bewuchs dicht und nur wenige Schritte vom Ufer entfernt schien der Wald nahezu undurchdringlich. Sie kletterten über umgestürzte Bäume, zwängten sich zwischen großen Steinblöcken hindurch und schlugen sich durch das Unterholz. Sie erwogen schon, durch das Bachbett zu waten, aber das Gewässer floß im Wald langsamer, und Henri stellte fest, daß es auch erheblich tiefer war als weiter unterhalb. Es war still im Wald und nur aus der Ferne klang gelegentlich das

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