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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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nicht gefallen lassen. Wenn er hitzig ist, dann wird ihn der Wachdienst sicher abkühlen, Herr Hauptmann.«
    »Madame Lafleur, das ist eine ausgezeichnete Idee!«
    Und so erhielt noch am Morgen der Leutnant Henri Fourraine von seinem Hauptmann einen Marschbefehl und mußte trotz aller Proteste noch am selben Tag mit zwölf Mann nach Honfleur aufbrechen.
    In dieser Nacht wartete Marguerite vergeblich auf den Schatten auf der Mauer, der ihren Namen rief.
    Am nächsten Morgen saß Damienne bei Marcel in der Küche und frühstückte. Der Koch hatte wie immer für drei Personen gedeckt, aber Marguerite war nicht erschienen.
    »Was ist mit Mademoiselle? Ist ihr nicht wohl?«, fragte er.
    »Doch, sie hat nur schlecht geschlafen, Marcel«, sagte Damienne mit abwesender Miene. Sie kaute lustlos auf ihrem Baguette.
    »Du siehst auch nicht sehr frisch aus, meine Liebe«, sagte Marcel. »Hier - warme Milch. Das hilft.«
    »Wogegen?«, fragte Damienne.
    »Gegen fast alles. Auf jeden Fall gegen böse Träume und schlechte Nächte.«
    Damienne seufzte. Sie hatte in der Nacht selbst kein Auge zugemacht. Es bestand immerhin die Gefahr, daß der Leutnant - Befehl hin, Befehl her - wieder auftauchte. Zum Glück war dies nicht der Fall gewesen.
    Sie nippte an der warmen Milch. Marguerite würde ein großes Glas brauchen, ein sehr großes. Damienne hatte sie in der Nacht weinen hören, aber es galt, hart zu bleiben. Sie wußte Bescheid, hatte den Leutnant durchschaut. Er war Soldat - und das sagte eigentlich alles: Mit einer schönen Uniform armen Mädchen den Kopf verdrehen und sich dann davonstehlen in den nächsten Krieg! »So was taugt nichts«, murmelte sie.
    »Was taugt nichts? Die Milch? Ist sie schlecht geworden?«, fragte Marcel, der dabei war, Heringe für das Mittagessen auszunehmen. »Das ist nur der Fisch, der so riecht. Hering, wieder nur Hering«, brummte Marcel.
    »Die Milch ist in Ordnung, danke, hilft wirklich«, antwortete Damienne.
    Leider, so dachte sie weiter, war die Milch das Einzige, was in Ordnung war. Nicht nur daß der Liebste ihres Schützlings ganz sicher keinen Schuß Pulver wert war - er war auch nicht von Stand. Schon allein deshalb kam er für die Nichte des Vizekönigs von Neufrankreich nicht in Frage. Der Ehemann Marguerites würde von Adel sein. Und reich, hängte Damienne in Gedanken an. Wenn Jean-Frangois de La Roque Sieur de Roberval sich zur Piraterie herabließ, dann mußte es um seine Finanzen wirklich schlecht stehen. Er würde nie jemanden als Gatten seiner Nichte akzeptieren, den er nicht anpumpen könnte.
    Damienne mußte grinsen, aber dann dachte sie an etwas anderes: Wenn der Onkel von Marguerites Kuß erfahren würde, waren die Folgen vorhersehbar. Sie kannte de Roberval. Er hatte einmal einem Holzdieb vor den Augen seiner Familie eigenhändig den rechten Unterarm abgehackt. Sie hatte auch Erzählungen von den Heldentaten de Robervals aus dem Krieg gegen die Spanier gehört, bei Festen auf dem Schloß, wenn der Wein die Zungen gelöst hatte. »Ein Löwe auf dem Schlachtfeld« sei er, erzählten seine alten Kameraden. Damit meinten sie aber, wie sich herausstellte, nicht nur seinen Mut, sondern auch seine Grausamkeit. Einmal, so hieß es, habe er einem spanischen Offizier, der sich ergeben wollte, den abgebrochenen Schaft einer Lanze durch die Kehle gebohrt und ihm beim Verbluten zugesehen. Überhaupt machte er nie Gefangene. Damienne hatte eine vage Ahnung davon, was Henri passieren könnte, würde de Roberval je von seiner Beziehung zu Marguerite erfahren. Nein, sie war sich sicher, aus dieser Geschichte konnte, ja: durfte nichts werden! Es war besser, die Sache zu beenden, bevor sie richtig begonnen hatte. Es war ja nur eine Liebelei unter jungen Leuten. »Das geht vorbei«, murmelte sie.
    »Vorbei?«, fragte Marcel. »Ja, ich bin fast fertig mit dem Fisch. Weißt du, manchmal tun mir die Viecher fast ein bißchen leid. Schwimmen frei im Meer, dann werden sie rausgefischt, aufgeschnitten, geputzt und gegessen. Kein schönes Ende.«
    »Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende, Marcel«, sagte Damienne und stand auf. Sie streckte sich und schüttelte die Müdigkeit aus den Knochen. »Danke für das Frühstück. Ich werde mal Mademoiselle aus den Federn holen, bevor sie den ganzen Tag verschläft. Es ist so viel zu tun im Haus.«
    »Ja, das hört nie auf«, seufzte Marcel und schlitzte mit kunstvollem Schwung einem weiteren Hering den Bauch auf.
    »Na, ich hoffe doch,

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