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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Sakrament der Ehe gesegnet wurde?«, fragte der Priester.
    Marguerite fragte sich plötzlich, wie viele junge Mädchen dem Abbe schon Ähnliches gestanden hatten. Sie kam sich albern vor, daß sie ausgerechnet mit einem Priester über ihre Gedanken an den Leutnant redete. Aber mit wem sollte sie sonst reden?
    »Ja, Vater«, sagte sie.
    »Und bedenke, daß der Teufel seine Versuchungen gerne in schöne Gestalt kleidet«, mahnte der Priester.
    »Ja, Vater«, sagte Marguerite.
    »Weiter?«, fragte der Abbé.
    »Nichts weiter, Vater«, sagte Marguerite.
    »Gar nichts?«
    »Nein.«
    »Nun gut. Es ist gut, wenn deine Gedanken an diesen bewußten jungen Mann nicht weiter gehen. Zehn Vaterunser und zehn AveMaria. Ich erteile dir die Absolution.«
    »Danke, Vater.«
    »Das ging aber schnell«, sagte Damienne, als Marguerite den Beichtstuhl verlassen hatte.
    »Er wartet auf dich«, sagte Marguerite.
    »Vergiß nicht, für deinen Onkel eine Kerze anzuzünden«, sagte Damienne noch, bevor sie sich in den Beichtstuhl setzte. Wenn Damienne beichtete, konnte es eine Weile dauern. Sie hatte herausgefunden, daß Abbé André auch aus der Normandie stammte, und so wurde aus der Beichte immer eine lang anhaltende Plauderei - zum Leidwesen des Paters, dem es im Beichtstuhl immer schnell zu eng wurde.
    Marguerite durchquerte die düstere Kirche, die an diesem Morgen mitten in der Woche beinahe menschenleer war. Rechts vor der Kanzel war ein vielgliedriges schmiedeeisernes Gitter aufgestellt, auf dem die Gläubigen die Fürbittenkerzen aufstellen konnten. Zahlreiche Kerzen brannten bereits dort. Sie leuchteten für die Seelen Verstorbener und für das Heil der Lebenden. Man entzündete ein Licht für Kranke und für die glückliche Heimkehr von Soldaten. Die Frauen von Fischern und Matrosen stellten ihren Männern Kerzen auf, wenn diese auf See waren - als Cartier mit seinen Schiffen aufgebrochen war, hatte der Platz auf dem Gitter für die zahllosen Kerzen kaum gereicht. Marguerite verharrte einen Augenblick vor dem Lichtermeer.
    »Kann ich Euch behilflich sein, Mademoiselle?«, fragte plötzlich eine Stimme hinter ihr.
    Marguerite fuhr erschrocken herum und vor ihr stand - Leutnant Fourraine!
    »Was macht Ihr denn hier«, entfuhr es Marguerite.
    »Um ehrlich zu sein, ich bin Euch gefolgt, Mademoiselle.«
    »Aber warum?«, fragte Marguerite.
    »Ich habe Euch draußen vor der Kirche gesehen, als der Wind sanft durch Euer Haar strich, und ich habe ihn beneidet. Da wußte ich, ich muß Euch folgen! Wißt Ihr, ich kann nur noch an Euch denken, Mademoiselle. Ihr habt mich verzaubert!«
    Marguerite war völlig überrumpelt. Sie hatte so oft an den Leutnant gedacht, hätte ihn so gerne wiedergesehen in den letzten Wochen. Sie hatte sogar überlegt, was sie sagen könnte, hatte im Geiste ganze Gespräche geführt, Gespräche, in denen sie kluge und witzige Dinge sagte. Doch gerade jetzt war ihr Kopf wie leergefegt .
    »Habt Ihr keine Angst?«, flüsterte sie.
    »Wovor?«, fragte der Leutnant verblüfft.
    »Daß es Eurem Ruf schadet, wenn Ihr gesehen werdet.«
    »Ich glaube nicht, daß mein Ruf sehr leidet, wenn ich in einer Kirche gesehen werde!«
    »Ich meine, daß es meinem Ruf schadet!«, zischte Marguerite, und sie mußte sich sehr zusammenreißen, um ihre Stimme zu dämpfen.
    »Ich bin sicher, auch Euer Ruf wird durch das Stiften einer Kerze nicht beschädigt, Mademoiselle«, sagte Henri.
    Marguerite durchlief eine kleine Welle der Wut - Wut auf sich selbst und Wut auf den Leutnant, der sie offenbar nicht ernst nahm.
    »Was wollt Ihr denn nun hier? Zum Beten seid Ihr doch wohl nicht gekommen!«
    »Euch sagen, wie unsagbar schön Ihr seid, Mademoiselle.« »Schmeichler!«, entfuhr es Marguerite. Heiße und kalte Schauer liefen ihr über den ganzen Leib.
    »Es ist wahr, Mademoiselle! Im Licht dieser Kerzen erstrahlt Euer Gesicht wie pures Gold!«
    »Monsieur, Ihr verspottet mich!«
    »Nennt mich Henri, bitte, Mademoiselle. Ich kann nicht anders. Seit Wochen geht mir Euer Bild nicht aus dem Kopf, und jetzt, wo ich Euch sehe, stelle ich fest, daß Ihr noch viel schöner seid als in meiner Erinnerung.«
    Er trat einen Schritt näher. Marguerite wäre zurückgewichen, hätte da nicht eine der Säulen im Weg gestanden. Sie meinte plötzlich, einen Hauch von Rotwein zu riechen. War der Leutnant etwa betrunken?
    Er nahm ihre Hand. »Ich kann nicht anders, Mademoiselle, ich muß Euch gestehen, hier vor Gott: Ich liebe Euch.«
    »Aber ...«, stammelte

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