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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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letzten Reisevorbereitungen hielten ihn in Atem.
    Zu Marguerites Enttäuschung fand sie nicht eine einzige Gelegenheit, ein unbeobachtetes Wort mit Henri zu wechseln, denn der verbrachte die meiste Zeit unter Deck, wo er die Gefangenen bewachte. Sie sah ihn nur einmal kurz, als Kapitän de Xaintonge sich Zeit nahm, ihr das Schiff zu zeigen. Es war schwer, so zu tun, als würde man sich nicht kennen.
    Nachdem Marguerite bei dem Rundgang auch die Quartiere der Mannschaften gesehen hatte, war sie froh und dankbar für den Luxus einer eigenen Kabine, die ihr auf einmal gar nicht mehr so klein und unbequem vorkam.
    Am 13. April kam schließlich doch noch Nachricht vom Hof: Die Kanonen seien verfügbar. Allerdings würden sie nicht mehr rechtzeitig geliefert werden. Die Flotte solle sie in La Rochelle an Bord nehmen. Das war zwar ein Umweg von zwei oder drei Tagen, doch de Roberval war mit seinen Kapitänen einig, daß die Geschütze unverzichtbar seien. Also würde man sie notgedrungen in La Rochelle abholen. Am Termin für die Abreise änderte sich dadurch nichts.
    Endlich brach die Nacht des 15. April an. Am nächsten Morgen würden sie noch vor Sonnenaufgang mit der Flut auslaufen und de Roberval lud zu einem Abschiedsessen in der Offiziersmesse. Anwesend waren die Offiziere und die Passagiere des Achterkastells - »die Kabinenpassagiere«, wie Damienne sie nannte.
    Marguerite hoffte sehr, daß auch Henri erscheinen würde, aber der Leutnant gehörte nicht zu diesem vornehmen Kreis. Es wäre auch gar kein Platz mehr für ihn gewesen, denn in der Offiziersmesse ging es ebenfalls sehr beengt zu.
    Sie saß zwischen ihrem Onkel und Damienne. Mit am Tisch waren noch Kapitän de Xaintonge, der Kaufmann Rambures, Doktor d’Athies, Abbe Charles und Hauptmann de Pousier. Rambures redete ohne Unterlaß, auch gern mit vollem Mund, und er lachte am lautesten über seine eigenen Witze. Die meisten davon kreisten um das Thema Essen. »Ich hoffe sehr«, sagte er, »daß diese Wilden in der Neuen Welt eine anständige Küche zu bieten haben, ansonsten zähle ich darauf, daß wir ihnen die unsere nahebringen - wenn es sein muß, mit Pulver und Blei, nicht wahr, Herr Hauptmann?«
    Er lachte und schlug dem neben ihm sitzenden Hauptmann heftig auf die Schulter. De Pousier verschluckte sich und hustete. Rambures lachte nur noch mehr und klopfte dem Hauptmann kräftig auf den Rücken. »Verzeiht, Herr Hauptmann«, rief er, »ich wollte nicht, daß unser tapferster Arkebusier schon vor der Reise stirbt.«
    »Zu gütig«, murmelte de Pousier, als er wieder zu Atem gekommen war.
    »Monsieur Rambures«, begann Marguerite, »darf ich Euch fragen, was Ihr Euch von der Neuen Welt erhofft?«
    »Gerne, Mademoiselle. Auch wenn ich so aussehe, es geht mir nicht nur ums Essen«, dröhnte er. »Aber nun im Ernst: Eine Kolonie kann unerhörten Reichtum mit sich bringen. Die Spanier zeigen es in diesem Land, das sie Peru nennen. Unmengen von Gold schaffen sie dort heraus! Auch im Norden soll es Königreiche von sagenhaftem Reichtum geben - und vielleicht gibt es sogar einen Weg nach China! Chinesische Seide ist fast noch wertvoller als Gold. Und wenn es weder das eine noch das andere geben sollte, dann handele ich eben mit Fellen - es gibt für einen tüchtigen Kaufmann immer eine Möglichkeit, Geld zu verdienen, Mademoiselle.«
    »Es gibt überhaupt keinen Grund, den Berichten Cartiers zu mißtrauen«, entgegnete Jean-Frangois de Roberval scharf, »ganz im Gegenteil. Es gibt gute Gründe, anzunehmen, daß wir die verborgenen goldenen Reiche ebenso finden werden wie den Weg nach China.«
    »Es kann mir nur recht sein, Monsieur, es kann mir nur recht sein«, entgegnete Rambures.
    »Ich hoffe sehr, Monsieur«, schaltete sich Abbe Charles in das Gespräch ein, »Ihr vergeßt über Eurem Streben nach irdischen Reichtümern nicht, daß wir aus wichtigeren Gründen in dieser Wildnis siedeln wollen: Es ist unsere Aufgabe, den Heiden das Evangelium zu verkünden.«
    »Mein guter Abbe, ich glaube nicht, daß wir uns gegenseitig in die Quere kommen. Besorgt Ihr Euer Geschäft und ich besorge das meine«, lachte der Kaufmann.
    »Das Seelenheil tausender Unwissender zu retten, ist kein Geschäft, Monsieur«, entgegnete der Abbe zornig. Es war offensichtlich, daß der Priester den Kaufmann verabscheute.
    »Jedenfalls werde ich mich um die Gesundheit dieser Wilden kümmern, während Ihr für die Seelen sorgt, Abbe«, meldete sich Doktor d’Athies zu Wort. »Soweit

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