Die Insel der Krieger
Die Erklärung, sie seien schon früher als die übrigen zum Festland aufgebrochen, erscheint mir zweifelhaft. Denn es sind gerade diejenigen verschwunden, deren Mut und Kühnheit die aller anderen übertr a fen. Nie wären sie ohne ein Wort des Abschieds von Kijerta geflohen. Etwas stimmt nicht auf dieser Insel und Grund dafür ist die wachsende Macht des Gra u ens. Es ist dabei, sich eine eigene Realität zu schaffen, so wie unser Urvater sich einst eine Insel schuf, die nicht nur was die Gesetze der Zeit betrifft anders ist als der Rest der Welt. Doch hat das Grauen nicht die Absicht, damit jemanden zu schützen. Sein Ziel ist es, Chaos zu schüren. Und sollte es auf das Festland gela n gen und sich dort vom Hass, der Niedertracht und dem Elend der Menschheit nähren, dann wird von der Welt, wie wir sie kennen, bald schon nichts mehr übrig sein. Das Grauen will genau wie Marik einen eigenen Körper erlangen und hat es dieses Ziel erreicht, wird es kaum noch aufzuhalten sein. Es wird nicht mehr lange dauern, bis es auch ein Gesicht erhält und um jeden Preis will ich verhindern, dass es das Zaris ist. Mein Merlin und ich werden nun gehen und nichts unversucht lassen, um das Grauen zu töten. Wenn wir diesen Kampf gewinnen, so werde ich zurückkehren und niederschreiben, wie es uns gelungen ist. Sollten wir keinen Erfolg haben, so ist es nun an dir, der du dies liest, selbst einen Weg zu finden. Damit endete das Schriftstück. Marik war nicht zurückgekehrt und er hatte nicht aufschreiben können, wie sein Kampf verlaufen war. Nalig fühlte sich beklommen, nun, da er Mariks letzte Zeilen gelesen hatte. Allmählich begann er zu verstehen, wie es möglich war, dass eine ganze Generation von Göttern derart eingeschüchtert war, dass sie ein Leben ohne Unsterblichkeit dem Leben auf Kijerta vorzogen. Was meinte Marik damit, dass das Grauen sich seine eigene Realität schuf und wie konnte der Inhalt eines Buches oder ein Raum verschwinden? Sollte das Grauen tatsächlich über derartige Mächte verfügen? Nalig legte das Pergament zurück in die Wandnische und klappte den Spiegel davor. Lange betrachtete der Junge sein Spiegelbild. Er sah müde aus und ratlos. Auch Marik hatte nicht gewusst, wie das Grauen zu besi e gen war. Er war aufgebrochen mit nicht mehr Wissen, als Nalig nun besaß und hatte es dennoch geschafft, es zu bannen. Seufzend verließ der Junge das Zimmer des toten Gottes, um sich endlich etwas ausz u ruhen.
Zalari verbrachte den Rest des Tages damit, das unterirdische Gangsystem zu erkunden. Zwar konnte er nicht alle Gänge abwa n dern, doch er erhielt einen guten Eindruck davon, wie das Gas ins Freie gelangte. Es gab viele Höhlen, in denen es besonders stark ko n zentriert war. Doch nirgends roch man es so deutlich wie in der Höhle unter dem Tal der Kreaturen. Es gab sogar unterirdische Seen und dort, wo ein wenig Erde über dem Fels lag, wuchsen kleine, ledrige Pflanzen. Es war, als wären Zalari und Kir in einer anderen Welt g e landet. Der Drache schlief einige Stunden und begann dann, seine Wunden zu lecken. Sie hatten aufgehört zu bluten und Zalari war zuversichtlich, dass es seiner Begleiterin bald besser gehen würde. Am Abend war sie dazu in der Lage, hinauf zu der Felsspalte zu fliegen, durch die sie unter die Erde geraten waren, sodass Zalari das Kor n blumenpulver holen konnte, ehe es den Ferlah in die Hände fiel. Ein vorsichtiger Blick nach draußen verriet ihm, dass noch immer Flu g echsen nach ihnen suchten. Am nächsten Morgen gaben sie es schlie ß lich auf. Scheinbar glaubten die Ferlah, dass ein einzelner Krieger und sein in Mitleidenschaft gezogenes Begleittier nicht viel gegen sie au s richten konnten. Und sobald sie sich zeigten, hatten sie eine neuerliche Gelegenheit, sie beide in Stücke zu reißen. Doch Zalari hatte einen Plan. Und wenn er aufging, würden die Kreaturen nicht mehr viel Zeit haben, sich zu wundern.
Am Tag nach seinem Zusammentreffen mit den Ferlah nahm Zalari die praktische Ausführung seines Plans in Angriff. Er trug G e röll und Gesteinsbrocken zusammen, die er in den Höhlen fand oder mit Kirs Hilfe aus den Wänden schlug. Sie brachten das Gestein in die Verzweigungen der Gänge und versperrten sie dort, wo Zalari gerade noch aufrecht stehen konnte. Die Lücken, die zwischen den Felsen blieben, verschloss er so gut wie möglich mit Schlamm, den sie aus den Höhlen holten, in denen sich Seen befanden. Es war eine schwei ß treibende Arbeit und sie legten
Weitere Kostenlose Bücher