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Die Insel der Krieger

Die Insel der Krieger

Titel: Die Insel der Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Manz
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rade das beunruhigte ihn. Dann fiel ihm doch etwas auf. Da Nalig sich inzwischen ganz gut in den Wäldern Kijertas zurechtfand, wusste er, dass er dem See sehr nah sein musste, zu dem er mit Arkas gegangen war. Also hätte er das Geräusch des Wasserfalls hören müssen, der die Felsen hinab stürzte. Doch es war geradezu gespenstisch still. Um der Ursache auf den Grund zu gehen, lief Nalig geradewegs zum See und erstarrte. Er war verschwunden. Die hohen Felsen, der Wasserfall und der gesamte See waren einfach nicht mehr da. Es war nicht etwa so, dass stattdessen ein Loch in der Insel klaffte oder ein riesiger schwa r zer Fleck zurückgeblieben war. Vielmehr wirkte es so, als habe sich der Wald ringsum zu der Stelle hin zusammengezogen, um den Verlust auszugleichen. Offenbar war Kijerta einfach ein Stück geschrumpft. Nalig war sich ganz sicher, dass er an der richtigen Stelle stand und sich nicht etwa verlaufen hatte. Der Fluss, der den See gespeist hatte, war nur noch ein dünnes Rinnsal, das vor seinen Füßen im Boden versickerte. Blankes Entsetzen packte Nalig. Das Grauen war wahrha f tig mächtig geworden, wenn es derartige Dinge bewirken konnte. Auch Merlin war bestürzt über die Verstümmelung der Insel, sodass seine Warnung etwas spät kam, als das Grauen hinter Nalig auftauchte. Der Junge fuhr herum und hob den Stab. Es war nur der Bruchteil eines Augenblicks, den er zögerte, als er bemerkte, dass das Grauen als Ilia in Erscheinung trat, doch das genügte der finsteren Macht völlig. Dunkelheit umfing Nalig. Als er die Augen aufschlug, fühlte er sich, als habe er lange geschlafen. Seine Glieder waren schwer und nur mit Mühe nahm er seine Umgebung wahr. Er lag auf einer freien Wiese. Kein Wald war weit und breit zu sehen. Es war hell und warm. Ein sanfter Wind strich über das Gras und in einiger Entfernung grasten Schafe. Mit einem Mal erkannte Nalig, wo er war. Das war die Scha f weide seines Vaters. Der Junge erhob sich und wandte sich um. Ta t sächlich, dort stand das Haus, in dem er aufgewachsen war. Es war frisch gestrichen und die Fensterläden sahen neu aus. Naligs Vater kam gerade heraus. Er sah gar nicht so aus, wie der Junge ihn in Eri n nerung hatte. Er wirkte jünger und weniger griesgrämig. Er war bein a he nicht wieder zu erkennen. Doch irgendwo hatte Nalig den Mann so schon einmal gesehen. Das vage Bild einer entstellten Statue und einer steinernen Schale tauchte vor ihm auf, doch es war so flüchtig wie die Erinnerung an einen Traum. »Na, hast du endlich ausgeschlafen? « , fragte der Mann, als er bei Nalig angelangt war und lächelte. Es war das erste Mal, dass Nalig seinen Vater lächeln sah. »Deine Mutter ist in der Küche und fragt nach dir«, fuhr er fort, ohne eine Antwort Naligs abzuwarten. »Mutter? « , wiederholte der Junge entgeistert. Sein Blick fiel abermals auf das Häuschen und schon rannte er darauf zu. Er riss die Hintertür förmlich auf, als er in die Küche trat und tatsächlich, dort saß die Frau, die er nur von einem Porträt aus dem Zimmer se i nes Vaters kannte. Sie erinnerte ihn an jemanden. Einen kurzen M o ment flackerte ein Bild Kayas vor ihm auf, doch es verschwand rasch und verwundert fragte sich Nalig, wer die Frau mit dem weißen Haar sein mochte, die ihm da in den Sinn gekommen war. Naligs Mutter stand auf, als ihr Sohn hereinkam. Sie trug die Kette um den Hals, die sein Vater ihr geschenkt hatte. Sie trat auf Nalig zu und umarmte ihn. Der Junge schlang seinerseits die Arme um sie und hatte plötzlich das Gefühl, die Frau ein Leben lang zu kennen. Er fühlte sich so geborgen in dem kleinen Häuschen, hier bei seiner Familie, dass er nur am Ra n de wahrnahm, wie kalt seine Hände waren und dass in seinem Hinte r kopf ein schrilles Kreischen widerhallte. Nalig erkannte, dass seine Mutter nicht alleine in der Küche war. Ilia saß mit ihr am Küchentisch. Und auch ihr Bruder. Ohne sich auch nur im Geringsten darüber zu wundern, begrüßte Nalig die beiden und setzte sich zu ihnen. »Vater wird auch gleich kommen. Er hat noch in der Schmiede zu tun«, e r klärte Ilia und küsste Nalig auf die Wange. »In der Schmiede? « Aus irgendeinem Grund war der Junge einen Augenblick lang der Meinung, die Schmiede sei abgebrannt. Dann fragte er sich, wie er auf einen solchen Gedanken kam und küsste das Mädchen seinerseits auf die Wange. Seine Mutter stellte einen großen dampfenden Topf auf den Tisch und verteilte Teller an alle. Als Nalig seinen entgegennahm,

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