Die Insel der Krieger
eigentlich wollte. Ich muss jetzt gehen. « »Aber wohin willst du dieses Mal? « »Ich werde mich auf die Suche nach dem Grauen machen und versuchen, es zu töten. « Ilias Augen weiteten sich. »Nein! « Sie schütte l te den Kopf. »Das darfst du nicht tun. Das ist viel zu gefährlich. « »Je länger wir zögern, desto stärker wird es. Bald ist es vielleicht zu spät. « »Warum musst ausgerechnet du gehen? « »Es ist einfach so. Ich habe es mir nicht ausgesucht. « »Aber das Grauen ist so lange nicht hier gew e sen. « »Es wird zurückkommen. Glaub mir. « »Warum geht nicht einer der anderen? Aro oder Thorix? Du hast doch wirklich genug getan.” »Nein, ich muss derjenige sein. Ich weiß, es ist schwer zu begreifen. Aber es ist… « Nalig suchte nach einer Formulierung, die nicht allzu theatralisch klang. »Es ist was? « , drängte Ilia. »Meine Bestimmung, mein Schicksal«, erwiderte Nalig schulterzuckend. »Nenn es, wie du willst. Es gibt eindeutige Zeichen dafür, dass nur ich in der Lage sein werde, das Grauen zu besiegen. « »Das verstehe ich nicht. « Da waren die Tränen, vor denen Nalig sich gefürchtet hatte. »Bedeuten wir dir denn überhaupt nichts, dass du dich ständig in Gefahr begibst? « Nalig nahm die Hände des Mädchens in seine. »Sag so etwas nicht. Ihr seid mir das Wichtigste auf der Welt. Und genau deshalb muss ich gehen. Ich will nicht miterleben, wie das Grauen uns einen nach dem anderen dahinrafft und das wird es, wenn ich nichts unternehme. Ich möchte nicht Schuld daran sein, dass euch etwas zustößt. « Ilia schluchzte und Nalig schloss sie in die Arme. »Mir wäre es auch lieber, wenn ich dich nicht verlassen müsste. Aber manchmal gibt es Dinge, die einfach geschehen müssen. Ich habe leider nicht die Zeit, dir alles zu erklären. Aber ich werde Kaya bitten, mit dir zu sprechen. Dann wirst du es verstehen. « Das Mädchen löste sich aus der Umarmung und sah den Jungen mit tränenfeuchtem Gesicht an. »Und du bist sicher, dass es keine andere Möglichkeit gibt? « »Ganz sicher. « Sie nickte niederg e schlagen und wischte ihre Augen trocken. »Dann bleibt mir wohl nichts übrig, als dir alles Gute zu wünschen. « »Du kannst mehr für mich tun als das. Du kannst mir versprechen, dass du gut auf dich Acht gibst und unseren Sohn gesund zur Welt bringst, falls ich nicht hier sein kann, wenn es soweit ist. « Das Mädchen lächelte. »Ich ve r spreche dir, gut auf mich Acht zu geben. Aber einen Sohn kann ich dir nicht versprechen. « Nalig nahm Ilias Gesicht in beide Hände, schloss die Augen und küsste sie. Zögernd erwiderte sie den Kuss und legte die Arme um seine Schultern. Als der Junge die Augen wieder öffnete, waren Ilias Tränen getrocknet und sie wirkte sehr gefasst, als sie sich aus der Umarmung löste. Sie strich Merlin durchs Gefieder, woraufhin der Vogel ihr zärtlich in die Hand kniff und sagte Nalig Lebewohl. Ehe der Junge den Tempel verließ, suchte er nach der Göttin und fand sie schließlich in ihrem Zimmer. »Ich werde jetzt gehen«, teilte er ihr mit. »Wenn es Euch nichts ausmacht, wäre es nett, wenn Ihr mit Ilia sprechen könntet. Sie kennt die Geschichte Mariks nicht und ich möchte, dass sie versteht, warum ich sie alleine lassen muss. « Die Göttin nickte und wünschte Nalig Glück. »Das werde ich brauchen. Denn ich habe nicht die leiseste Ahnung, was ich tun soll, wenn ich das Grauen gefunden habe. « »Du kannst es schaffen, es zu besiegen. Das weiß ich«, erwiderte Kaya. In der Hoffnung, dass die Göttin di e ses Mal Recht behielt, nickte Nalig und verabschiedete sich. Es schien, als wolle Kaya noch etwas sagen, doch entweder fand sie nicht die passenden Worte oder sie entschied sich anders, denn sie hob lediglich die Hand zum Abschied und beließ es dabei. Die Göttin blickte noch lange auf die Tür, die Nalig hinter sich geschlossen hatte. Auch sie hoffte für das Leben aller Menschen, dass sie Recht behielt. Doch konnte sie nicht anders, als sich etwas schuldig zu fühlen, als Nalig ging.
Auf seinem Weg nach draußen ging der Junge durch die Halle der Krieger, wo ihn die steinernen Statuen und die Porträts beinahe mitle i dig anzublicken schienen. Nalig war schon fast am Ende des langen Teppichs angelangt, als er wie angewurzelt stehen blieb. Seine N a ckenhaare sträubten sich. Langsam wandte er den Blick dem Porträt zu, das ganz am Ende der Reihe hing. Aus dem Augenwinkel hatte er bemerkt, dass etwas daran anders war. Der Anblick
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