Die Insel der Krieger
Fenster und blickte auf die dunklen Gassen. Die Urs a che für den Lärm konnte sie von ihrer Kammer aus nicht sehen. Sie hatte gerade ihr Kleid übergestreift, als ihr Vater mit einer Lampe den kleinen Raum betrat. »Du bleibst hier, hast du verstanden? « , befahl er, offensichtlich beunruhigt. Das Mädchen wartete, bis der Schmied das Haus verlassen hatte und schlich ihm nach. Sie rechnete jeden Auge n blick damit, dass dunkle Gestalten aus den Schatten sprangen, doch nichts dergleichen geschah. Sollte das Dorf angegriffen werden, hätten die Nachtwächter sicher Alarm geschlagen, redete sich das Mädchen ein. Auf dem Marktplatz angelangt, dauerte es eine Weile, bis Ilia b e griff, was der Grund für die Aufregung war. Umringt von Bewohnern Serefils, stand eine Ansammlung von drei Dutzend Menschen, die das Mädchen nicht kannte. Unter den Fremden waren viele Kinder. Einige der Erwachsenen stützten Verletzte. Die Umstehenden murmelten. Ilia konnte sehen, wie der Bürgermeister Serefils mit einem kräftigen, bärtigen Mann diskutierte, der zu den nächtlichen Besuchern zählte. Sie stahl sich näher heran, um besser zu verstehen, worüber sie spr a chen. »Das war schon der dritte Angriff in zwei Wochen, alleine auf unser Dorf. Mehr als zehn Häuser sind abgebrannt. Ich verlange eine Erklärung«, zürnte der Fremde und sein üppiger Schnurrbart zitterte. »Warum erwartet Ihr diese Erklärung von uns? Wir wissen nicht, wer Euch angreift. « »Ihr habt dafür zu sorgen, dass uns nichts widerfährt. Wo ist der Junge? « »Welcher Junge? « »Der Junge, den die Göttin au s gewählt hat. Wo haltet Ihr ihn versteckt? « »Er wurde ausgeliefert wie all die Jungen vor ihm. Wir haben unsere Pflicht erfüllt, wie wir es immer getan haben. Also wagt es nicht, an uns zu zweifeln«, entgegn e te der Bürgermeister aufgebracht. »Dann frage ich mich, weshalb wir dennoch angegriffen werden. « Der Schnurrbart ließ nicht locker. »Wie ich schon sagte, auch ich habe dafür keine Erklärung. Lasst Eure Ve r letzten hier und gerne nehmen wir auch jene auf, die durch die Übe r fälle ihre Häuser verloren haben. Mehr können wir nicht tun. « Ilia fühlte sich plötzlich sehr schwach. Sie setzte sich auf den staubigen Boden in der Hoffnung, der Schwindelanfall würde vorbei gehen und lehnte sich an eine Hauswand.
Rund drei Wochen nach Naligs Ausflug zum Festland ging der Ju n ge, müde von seiner Arbeit in der Bibliothek, zum Abendessen und fand den Speisesaal nahezu verlassen vor. Außer Arkas, Thorix und Greon war niemand hier, obgleich Nalig keineswegs zu früh war. Das konnte nur bedeuten, dass die Krieger wieder zum Festland geflogen waren. Doch weshalb fehlte auch Zalari? »Ich weiß auch nicht, wo er ist. « Arkas zuckte mit den Schultern. »Ich habe ihn seit dem Mittage s sen nicht gesehen. « Nalig blickte die Tafel entlang. Es standen nur vier Teller auf dem Tisch. Lina schien also zu wissen, dass außer den vier Jungen niemand zum Abendessen erscheinen würde. »Hat er dir denn nicht gesagt, wohin er geht? Ich dachte, ihr wärt den Nachmittag über zusammen gewesen. « Arkas schüttelte den Kopf und schluckte den Bissen Brot, an dem er kaute, hinunter. »Er meinte nur, er habe noch etwas zu tun und ist in sein Zimmer gegangen. Was er dort gemacht hat, weiß ich nicht. Ich war fast den ganzen Tag mit Nino draußen. « Nalig runzelte die Stirn. Was war so wichtig, dass Zalari dafür auf sein Abendessen verzichtete? Und warum hatte er seinen Freunden nicht gesagt, was er vorhatte? War es wirklich ein Zufall, dass er zur selben Zeit fehlte wie die übrigen Krieger? »Was macht Zalari den ganzen Tag? « , wollte er von Arkas wissen. »Was man eben so macht auf dieser Insel. Wenn er nicht beim Unterricht oder im Training ist, hilft er manchmal Mira beim Kräutersammeln und Herstellen von Salben. « »Tatsächlich? « Überrascht sah Nalig auf und schoss dabei eine Tom a te, die er hatte aufspießen wollen, quer über den Tisch. »Das ist mir noch gar nicht aufgefallen«, meinte er über Thorix’ und Greons G e lächter hinweg. »Er ist ja auch noch nicht lange wieder auf den Beinen. Bevor Kir ihn gebissen hat, war er beinahe jeden Tag bei Mira. « Ehe Nalig nach dem Abendessen zu seinem Training mit Stella aufbrach, ging er in Miras Hütte, obgleich er sicher war, dass Stella ihn für seine Verspätung würde büßen lassen – auf die eine oder andere Weise. Während er seinem Falken den Nacken kraulte, fragte er so
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