Die Insel der Krieger
beiläufig wie möglich, ob Zalari den Tag über hier gewesen war. »Ich habe ihn seit Wochen nicht mehr gesehen«, erwiderte Mira.
Auf Stella wartete Nalig an diesem Abend vergeblich. Alles andere als enttäuscht ging er zurück zum Tempel. Auf dem Gang angelangt, auf dem er und die anderen Krieger ihre Zimmer hatten, blieb er vor Zalaris Tür stehen. Er klopfte zweimal und als keine Antwort kam, trat er einfach ein. Der Raum war verwaist. Im Gegensatz zu Arkas und Nalig selbst, legte Zalari offenbar Wert auf Ordnung in seinem Zi m mer. Decke und Kissen waren ordentlich aufgeschüttelt und hingen nicht zerknittert über die Bettkante auf den Fußboden. Auf dem Nachttisch stand nur die Lampe, die nachts für etwas Licht sorgte und auf dem kleinen Schreibtisch lag nichts außer Zalaris Geschichtsbuch und einem kleinen Zettel. Nalig trat näher und nahm das Stück Pe r gament zur Hand. »Ich erwarte dich nach dem Mittagessen im Spiege l saal«, stand darauf. Niemand hatte die Nachricht unterzeichnet. Die Schrift erinnerte Nalig vage an die Mariks. Wer hatte Zalari wohl diese Zeilen geschrieben und wo mochte der Spiegelsaal sein? Nalig hatte nie zuvor davon gehört. »Was machst du denn da? « Nalig machte vor Schreck einen Satz. Der Junge wirbelte herum und sah sich Arkas gegenüber, dessen sonst so lustiges Gesicht einen Ausdruck äußerster Empörung angenommen hatte. »Spionierst du ihm etwa nach? « »D a von kann wohl kaum die Rede sein. Ich wollte nur wissen, ob er hier ist«, verteidigte sich Nalig. »Und da du nun weißt, dass er nicht hier ist, warum bist du dann in seinem Zimmer? « »Warum bist du denn hier? « , trat Nalig die Flucht nach vorn an. »Weil ich gesehen habe, dass die Tür offen ist. Nino schien die Spannung, die in der Luft lag, nicht zu gefallen. Er hüpfte auf Arkas’ Schultern herum und gab dabei seine katzenartigen Laute von sich. »Hast du eine Ahnung, wo der Spiege l saal ist? « , wollte Nalig in möglichst versöhnlichem Ton wissen und hielt den Zettel von Zalaris Schreibtisch hoch. »Nein. Weil mich das nämlich überhaupt nichts angeht«, entgegnete Arkas und verließ das Zimmer. Nalig legte das Pergament an die Stelle zurück, an der er es vorgefunden hatte und ging zu Bett. Was ihn noch mehr störte, als das Verschwinden all der Inselbewohner, war die Tatsache, dass es außer ihn niemanden zu interessieren schien, wo sie geblieben waren. Er war schon fast eingeschlafen, als es in Naligs Zimmer plötzlich taghell wurde. Als er ans Fenster stürzte, verhedderte er sich in seiner Decke und fiel der Länge nach zu Boden. Er stand gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie sechs strahlend helle Lichter an seinem Fenster vorbei in Richtung Innenhof flogen. Neben den Lichtern in Weiß, Violett, Rot, Gelb und Blau, die Nalig bereits Kaya, Stella Aro und den beiden anderen älteren Kriegern zuordnen konnte, zog außerdem ein grüner Lichtschweif vorbei, der zweifellos Zalari und Kir gehörte. Wenig später konnte Nalig hören, wie die zurückgekehrten Krieger ihre Zimmer aufsuchten.
Beim Frühstück am nächsten Morgen waren alle wieder vollzählig, abgesehen natürlich von Stella. Als Nalig den Raum betrat, waren Arkas und Zalari in eine offenbar sehr amüsante Unterhaltung vertieft. »Und weil sie das Wams nicht leiden konnte, hat sie es kurzerhand in Brand gesetzt. Als ich es dann am nächsten Morgen anziehen wollte, war nur noch ein Haufen Asche davon übrig. « Arkas lachte. »Das ist die Gefahr, wenn man einen Drachen hat. Nino versteckt nur manc h mal meine Socken. Aber leider von jedem Paar immer nur einen. De s halb muss ich manchmal zwei verschiedene anziehen. « »Wo warst du? « , wollte Nalig wissen und setzte sich. »Guten Morgen«, grüßte Zalari ihn so freundlich, dass Nalig noch wütender wurde. »Ich hab gefragt, wo du warst. « Arkas’ Lächeln wich und er warf Nalig einen bedeutungsvollen Blick zu, den dieser ignorierte. »Was meinst du? « , fragte Zalari mit Unschuldsmiene. »Ich spreche von gestern. Du warst die ganze Zeit mit den anderen weg. Wo wart ihr und was habt ihr gemacht? « Auch Greon und Thorix hoben interessiert die Köpfe. Zalari wirkte äußerst verlegen. »Das kann ich dir leider nicht sagen. « Naligs Blick wurde finster. Er fragte nicht weiter. Genaugenommen sprach er während des Frühstücks überhaupt nicht mehr mit Zalari. Ebenso hielt er es beim Training und während des Mittagessens. Dies hatte zur Folge, dass nur Arkas kam, um ihn am
Weitere Kostenlose Bücher