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Die Insel der Krieger

Die Insel der Krieger

Titel: Die Insel der Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Manz
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nicht erinnere«, erklärte die Göttin. »Einige Dinge, die damals geschahen, sind mir bis heute ein Rätsel. Aber um auf deine erste Frage zurückzukommen, der Gott namens Marik war mein Vater und der Einzige, der Kijerta damals nicht ve r ließ. « »Euer Vater? « Nalig blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen. »Ja, allerdings. « Mit einer Geste lenkte die Göttin Naligs Blick auf ein Gemälde neben dem Fenster, das einen elegant gekleideten Mann mit Kayas klugen Augen zeigte, der einen Arm um eine Frau gelegt hatte, deren Haar ebenso weiß und gelockt war wie das der Göttin, die der Junge vor sich hatte. »Vor 800 Jahren tobte ein Krieg auf dem Fes t land. Die acht Königreiche, die den See umgeben, gab es damals noch nicht. Doch es war kein gewöhnlicher Krieg, in dem die Menschen um Land, Gold oder Glauben kämpften. Die Menschheit wurde von einer Schar finsterer Wesen bedroht, die so alt sind wie wir Götter. « Kayas Blick ruhte auf dem Porträt ihrer Eltern und Nalig wartete schweigend darauf, dass sie fortfuhr. »Schon damals war es die Aufgabe der B e wohner Kijertas, die Menschen auf dem Festland zu beschützen. Es lebten acht Götterfamilien auf der Insel, die sich dieser Aufgabe stel l ten. Sie waren mächtig und schafften es schließlich, trotz zahlenmäß i ger Unterlegenheit, die finsteren Gestalten zu bezwingen. « Bei dem Versuch, sich Ereignisse in Erinnerung zu rufen, die Jahrhunderte zurücklagen, kniff Kaya die Augen zusammen. »Als die Schlacht g e wonnen war, kehrten die Götter und ihre Begleiter auf die Insel z u rück. Allerdings blieben sie dort nicht lange. « Gespannt harrte Nalig der Erklärung, deretwegen er gekommen war. »Leider kann ich dir nicht sagen, was der Grund dafür war«, enttäuschte Kaya ihn. »Aber irgendetwas muss doch geschehen sein«, drängte Nalig. Die Hände im Schoß gefaltet, schüttelte Kaya langsam den Kopf. »Ich weiß nur, dass die anderen Götter damals sehr beunruhigt waren. Etwas außer uns war auf dieser Insel. Etwas, das sie so sehr geängstigt hat, dass sie schließlich die Insel verließen. « Gedankenverloren strich Nalig über die gewaltige Vorderpfote des Löwen, dessen heißen Atem er auf seiner Hand spürte. »Aber was konnte die Götter derart ängstigen, dass sie bereit waren, ihre Unsterblichkeit aufzugeben? « »Unsterblic h keit war bei Weitem noch nicht alles, was sie aufgaben«, erwiderte Kaya. »Du musst bedenken, dass viele der Götter seit über 1000 Ja h ren auf Kijerta lebten. Die Insel war ihre Heimat und diese nach all den Jahren aufzugeben, sieht Wesen, welche die Beständigkeit so sehr lieben wie wir Götter, gar nicht ähnlich. Außerdem war das Beschü t zen der Menschen die einzige Aufgabe, die ihrer Existenz Sinn verlieh und mit dem Verlassen der Insel verloren sie die Möglichkeit, ihr nachzukommen. « Nalig fühlte sich plötzlich unbehaglich. Bisher hatte er sich auf der Insel sicher gefühlt. Die Vorstellung jedoch, dass es hier etwas gab, das in der Lage war, Götter zu vertreiben, ließ ihn frösteln. »Und Ihr wisst wirklich nicht, worum es sich dabei handelte? « Kartax stieß gegen Naligs Ellbogen, um Streicheleinheiten einzufordern. »Ich erinnere mich, dass einige der Götter vom Grauen ohne Gesicht spr a chen. « »Grauen ohne Gesicht? « Nalig runzelte die Stirn. »Was soll denn das bedeuten? « »Möglicherweise nannten sie es so, weil sie es nie zu Gesicht bekommen haben. « Ein Schatten fiel über die Göttin, als die Sonne draußen um die Mauern des Tempels verschwand. Nalig kam plötzlich der Gedanke, dass sie sich vielleicht gar nicht an die Geschehnisse von damals erinnern wollte. »Was auch immer es war, jedenfalls ist es fort«, schloss Kaya. »Wie könnt Ihr das wissen? « »Als die übrigen Götter Kijerta verließen, blieben meine Eltern und ich hier. Mein Vater war fest entschlossen, dem Unheil ein Ende zu se t zen. Offensichtlich ist ihm das auch gelungen, doch er ließ dabei sein Leben. « Nalig betrachtete Mariks Porträt noch einmal ganz genau. Äußerlich unterschieden ihn nur die Augen von einem gewöhnlichen Mann mittleren Alters. Was mochte es wohl gewesen sein, wogegen er vor fast 800 Jahren gekämpft hatte? Und wie hatte, was immer es auch war, den Gott getötet, dessen Mut und Geschicklichkeit Nalig aus seinen eigenen Erzählungen kannte? »Woher wisst Ihr, dass das Gra u en ohne Gesicht wirklich fort ist? « , wollte Nalig wissen und bemühte sich, nicht allzu beunruhigt zu klingen.

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