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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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sich javanische Frauen um die Boote. Lautstark brüllten sie auf die müden Männer ein, rissen ihnen regelrecht die Körbe aus den Händen. Leah sprang auf. Bevor Thomas protestieren konnte, zog sie ihn mitten hinein ins Getümmel. Bald stand sie hüfttief im Wasser und feilschte um einen prächtigen Barrakuda. Nachdem der Fischer seine Verblüffung über die europäische Dame in javanischer Tracht überwunden hatte, wurden sie schnell handelseinig. Schwungvoll drückte Leah ihrem sprachlosen Sohn den Fisch in die Arme. »Und jetzt zum Markt!«, rief sie.

25
    Juli 1883 , fünf Monate später
    J ohanna überprüfte den Inhalt des Picknickkorbes. Alles war bereit. In wenigen Minuten würde Henry sie zu einer Ausfahrt abholen. Sie fuhren allein, ohne Kinder, ohne Freunde. Johanna hatte tagelang gezögert, ob sie Henrys Einladung überhaupt annehmen sollte. Vernünftig wie sie war, mied sie seine Gegenwart so weit wie möglich; aber natürlich liefen sie sich immer wieder über den Weg, und wenn dies nicht von allein geschah, fand sich oft genug ein fadenscheiniger Vorwand, sich aus geschäftlichen Gründen zu treffen. In Wahrheit hatte sie die Zügel von
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endgültig an Hermann übergeben, der seine Sache ausgezeichnet machte.
    All diese halboffiziellen Zusammenkünfte, immer im Kontor oder an belebten Plätzen, stillten weder ihre noch Henrys Sehnsucht. Er hatte sich gewünscht, einmal ungezwungen mit ihr sprechen zu können, und so war es zu der Idee mit dem Ausflug gekommen. Johanna hatte zugesagt, obwohl es ihr nicht behagte, Amelia zu hintergehen. Wie oft hatte sie das Schicksal verflucht, das es ihr und Henry nicht erlaubte, ihre Liebe zu leben, aber besaß Amelia nicht viel stärkere Gründe, an Gottes Güte zu zweifeln? Nicht nur, dass ihr Mann eine andere liebte, Amelia hatte auch zwei Kinder verloren.
    Johanna straffte sich. Amelia war und blieb eine unangenehme Person, die es schaffte, jedes Mitgefühl im Keim zu ersticken. Sie wollte kein schlechtes Gewissen pflegen, sondern den harmlosen Ausflug genießen. Schließlich konnte sie Amelia nicht wegnehmen, was sie ohnehin nicht besaß.
    Die Standuhr schlug zwei Mal. Es war so weit. Henry fuhr jeden Moment vor. Johanna nahm den Picknickkorb und stellte sich ans Gartentor.
     
    Es tat gut, die Stadt hinter sich zu lassen. Henry kutschierte seinen aus London mitgebrachten Phaeton selbst; in Singapur hatte er, nachdem er mehrfach von heftigen Regengüssen überrascht worden war, eigens ein kurioses Klappverdeck konstruieren und anbringen lassen. Er hatte vorgeschlagen, in Richtung der Plantagen rund um Bukit Timah zu fahren und sich einen schönen Platz für ein Picknick zu suchen, und nun saßen sie auf einer Decke an einem schmalen, durch einen Kokoshain plätschernden Bachlauf. Nur wenige Schritte entfernt auf einem holprigen Seitenweg wartete geduldig das an einen mächtigen Teakbaum gebundene Pferd.
    Johanna holte in Bananenblätter gewickelte Päckchen mit Klebreis und Ayam goreng aus ihrem Korb, schenkte kalten Tee in die mitgebrachten Gläser, arrangierte Obst und Gebäckstückchen. Viel zu schnell lag alles an seinem Platz, und sie wusste nicht, wohin mit ihren Händen. Henry ging es ebenso, ein ums andere Mal sprang er auf, um nach dem Pferd zu sehen oder um eine Kokosnuss aufzusammeln, an der er sich nun abmühte.
    »Du hast in London viel verlernt«, bemerkte sie.
    »Ich habe es nie gekonnt.«
    »Du musst deine ganze Kraft in den Hieb legen. Gib her.« Als sie ihm das große Messer aus der Hand nahm, traf sie die Berührung wie ein Blitz. Schnell wandte sie sich der Kokosnuss zu, war aber viel zu nervös, um die nötige Konzentration aufzubringen. Immer verzweifelter bearbeitete sie die große grüne Frucht, bis sie schließlich aufgab. Eine Träne rann ihre Wange hinunter, und sie verbarg das Gesicht in den Händen.
    »Johanna.« Weich legten sich seine Hände auf ihre, strichen über ihr Haar, wanderten zu der Narbe an ihrem Hals. Sie ließ es geschehen, dass er sie an sich zog. »Bitte weine nicht. Ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können, so sehr habe ich mich auf unseren Ausflug gefreut.« Er stockte. »Ich weiß doch auch nicht, was wir tun sollen. Seit ich wieder in Singapur bin, kennt meine Sehnsucht keine Grenzen. Ich habe sogar schon überlegt, nach London zurückzukehren.«
    »Nein!« Hatte sie es nicht selbst für das Beste gehalten? Trotzdem durfte er nicht gehen. Die Worte, so lange zurückgehalten, drängten aus

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