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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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nur auf die tragischen Schicksalsschläge zurückführen, die sie hinnehmen musste.«
    »Das haben wir anfangs auch gedacht«, mischte Charlton sich ein. »Aber es muss noch etwas anderes dahinterstecken, Dennis. Irgendetwas stimmt da nicht.«
    »Gestern haben wir uns mit dem Anwalt der Divines getroffen, der ein enger Freund der Familie war«, berichtete Edna. »Er hat eigens die weite Reise hierher gemacht, um Amelia zu treffen und ihr Dokumente über ihren Nachlass zur Unterschrift vorzulegen, aber sie weigert sich, ihn zu sehen.«
    »Mit welcher Begründung?«
    »Angeblich, weil sie ihn nicht mag. Er sei nicht derjenige, für den er sich ausgebe, behauptet sie.«
    »Das muss sie selbst wissen, Edna«, meinte Dennis achselzuckend. »Sie wird schon ihre Gründe haben, weshalb sie ihn nicht leiden kann.«
    »Aber er macht einen sehr netten Eindruck, und Amelia will uns nicht sagen, warum sie ihn nicht mag!«
    »Der Eindruck kann täuschen, Edna, und Amelia kennt den Mann sicher besser als Sie.«
    Edna und Charlton erkannten, dass sie so nicht weiterkamen. Ihr Mündel hatte die Thompsons offensichtlich umgarnt. Entweder war sie sehr klug oder sehr raffiniert. Was von beiden, konnten die Ashbys noch nicht sagen.

19
     
     

     
     
     
     
     
    Nach dem Mittagessen spazierte Betty mit den Kindern zur Steilküste bei Reeves Point. Das Gras unter ihren Füßen war saftig und feucht; sie schlenderten zu dem Maulbeerbaum, den die Besatzung der Duke of York 1836 gepflanzt hatte. Die Kinder tollten lachend und fröhlich kreischend herum. Betty ging zu dem stillgelegten Brunnen hinüber, aus dem die ersten Siedler auf der Insel ihr Wasser geholt hatten. Als sie die Hand auf den Rand des Brunnenschachtes legte, überkam sie urplötzlich eine düstere Ahnung. Trotz des kalten Winds, der vom Meer her wehte, trat ihr der Schweiß auf die Stirn.
    Betty starrte in den dunklen Schacht, der so tief war, dass sie das Wasser am Grunde der moosbewachsenen feuchten Mauern nicht sehen konnte. Die unergründliche Finsternis schien sie förmlich anzuziehen. Plötzlich glaubte sie, das hohle Echo gedämpfter Stimmen zu hören, ein unheimliches Raunen und Flüstern. Das ist sicher nur der Wind, der mir einen Streich spielt, sagte sie sich. Dennoch befiel sie eine bodenlose Angst. Sie zitterte und wollte davonlaufen, war aber wie gelähmt. Irgendeine unbekannte Macht hielt sie fest. Während sie wie gebannt in die Tiefe blickte, hatte sie plötzlich eine Vision: Sie sah ein großes Schiff, das auf ein Riff auflief. Ein Rauschen wie von einer starken Brandung und verhaltene Entsetzensschreie dröhnten aus dem Schacht herauf. Betty zitterte vor Angst und Erschrecken am ganzen Leib. War sie im Begriff, den Verstand zu verlieren?
    Jetzt schwebte das Gesicht einer wunderschönen, dunkelhaarigen jungen Frau aus dem Brunnen empor. Der Wind spielte mit ihrem Haar. Ihre makellose Haut war aschfahl wie die Haut einer Toten. Die roten Lippen und die dunklen, verängstigten Augen stachen umso deutlicher hervor. Nimm dich in Acht , stöhnte das Mädchen. Dann wurde es wieder von der Dunkelheit verschluckt.
    Betty schnappte erschrocken nach Luft. Plötzlich war der Bann gebrochen. Die Kräfte, die sie festgehalten hatten, gaben sie frei. Sie fuhr zurück, verlor das Gleichgewicht und stürzte ins Gras. Einen Augenblick blieb sie benommen sitzen. Die Kinder!, schoss es ihr durch den Kopf. Hastig blickte sie sich nach ihnen um, und wieder packte sie eisige Furcht, als sie die Kinder nirgends entdeckte. Ihr Blick schweifte zur Steilküste am Flagstaff Hill. Von dort hatte man einen atemberaubenden Blick auf die Bay of Shoals, doch Betty fürchtete das Kliff: Wie leicht konnte man in die Tiefe stürzen oder von einer Windbö erfasst und hinuntergeschleudert werden!
    Blindes Entsetzen packte Betty. Sie sprang auf und lief los, so schnell ihre Füße sie trugen. Der Wind zerrte an ihren Haaren. Die Warnung des dunkelhaarigen Mädchens im Brunnen ging ihr nicht mehr aus dem Sinn. Betty war überzeugt, dass diese Warnung ihren Kindern gegolten hatte.
    »Momma!«, hörte sie Ella-Jane kreischen.
    »Ella-Jane!«, rief Betty mit sich überschlagender Stimme und lief, so schnell sie konnte. Plötzlich nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Sie drehte den Kopf und sah ihre Kinder: Fröhlich und vergnügt tollten sie auf einem Hang etwa hundert Meter zu ihrer Linken.
    Unbeschreibliche Erleichterung überkam Betty. Beinahe wäre sie in Tränen ausgebrochen,

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